Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
Vom Netzwerk:
Würden Sie mir bitte auf die englische Bank hier einen kleinen Geldbetrag anweisen, damit ich mich im Palast einrichten kann? Ich möchte Donna Olimpia nicht damit behelligen. Sie spart sich ohnehin das Brot vom Munde ab, um die vielen Dienstboten zu bezahlen, die nötig sind, ein so großes Haus zu führen.

7
    Clarissa hatte sich nicht getäuscht. Als sie endlich den Festsaal des Palazzo Pamphili betrat – sie hatte sich im letzten Moment doch für ein anderes Kleid entschieden, eine dunkleRobe mit Brokatbesatz, die ihrer Erscheinung zusammen mit dem zum Knoten gebändigten Haar ein würdevolleres, erwachseneres Aussehen verlieh –, waren dort bereits mehrere Dutzend Gäste versammelt.
    »Höchste Zeit, dass du kommst!«, raunte Olimpia ihr im Vorübergehen zu. »Ich habe eine Überraschung für dich.«
    »Eine Überraschung? Für mich? Was denn?«
    »Das wirst du schon sehen«, erwiderte Olimpia mit einem geheimnisvollen Lächeln. »Nur Geduld, ich muss mich jetzt um meinen Schwager kümmern.«
    Was mochte ihre Cousine wohl meinen? Clarissa war ganz aufgeregt. Vielleicht würde Olimpia sie an diesem Abend ihren Gästen vorstellen, um sie in die römische Gesellschaft einzuführen? Wie gut, dass sie die dunkle Robe trug! Mit einem freudigen Kribbeln im Bauch malte sie sich aus, wie alle sich um sie scharten und sie nach ihrer Heimat befragten und nach ihren Erlebnissen auf der Reise.
    Doch nichts dergleichen geschah. Die Gäste umringten nicht Clarissa, sondern Monsignore Pamphili, der, Olimpia an seiner Seite, in einem Lehnstuhl Hof hielt und mit mürrischer Miene einem Astrologen lauschte, einem dicken, feistgesichtigen Mann, den angeblich sogar der Papst um Rat befragte und der nun in dunklen Worten Pamphilis Zukunft deutete. Von der Bischofsmütze, ja vom Kardinalspurpur war die Rede, die der Abt einst zur Belohnung der Mühen erhalten werde, welche ihn auf seiner spanischen Mission erwarteten – so stehe es in den Sternen. Verwundert sah Clarissa, dass auch Olimpia an den Lippen des Astrologen hing, als habe sie Angst, eines seiner Worte zu verpassen.
    »What a childish superstition!«
    »Indeed, William, I must agree«
, erwiderte sie in ihrer Muttersprache.
    Als sie sich umdrehte, hätte sie sich am liebsten die Zunge abgebissen. Denn vor ihr stand nicht, wie sie erwartet hatte, ihr Lehrer und Tutor, sondern ein fremder Mann unbestimmtenAlters, mit grauem Haar, grauem Gesicht, grauen Augen. Ein Anblick wie eine englische Regenlandschaft.
    »Clarissa Whetenham, I presume?«
, fragte er.
    »Wer«, stotterte sie auf Italienisch, »wer sind Sie?«
    »Lord Henry Wotton«, antwortete er, mit der gleichgültigsten Stimme der Welt. »Gesandter Seiner Majestät Jakobs I., König von England.«
    Clarissa wünschte, der Boden möge sich unter ihren Füßen auftun. Jetzt war passiert, wovor William immer gewarnt hatte – sie war entdeckt! Noch dazu vom britischen Gesandten selbst! Herrgott, wie hatte sie nur so dumm sein können, Englisch zu sprechen! Hilfe suchend blickte sie zu ihrer Cousine hinüber, doch Olimpia dachte gar nicht daran, von der Seite ihres Schwagers zu weichen, sondern nickte ihr nur zu, mit einem freudigen Lächeln. Clarissa verstand überhaupt nichts mehr. Wenn das die Überraschung war, die Olimpia ihr versprochen hatte, war das eine böse Überraschung.
    »Wie können Sie nur«, sagte Lord Wotton, »so töricht sein, sich hierher zu wagen. Oder enthält Ihre Reiselizenz etwa nicht das Verbot, Rom und die Herrschaftsgebiete des spanischen Königs in Italien zu betreten?«
    »Aber«, erwiderte Clarissa, »ich besuche hier doch nur meine Cousine, Donna Olimpia.«
    »Nur Ihre Cousine?«, fragte er in gelangweiltem Ton, als hätte er dieses Gespräch schon viele Male geführt. »Und die Jesuiten, die Sie hier treffen? Und die katholischen Briten, die hier den Umsturz vorbereiten? Was ist mit denen? Ganz zu schweigen von den Bräuchen der Papisten, die Sie sich hier aneignen und später mit in die Heimat nehmen.
Inglese italianato, è un diavolo incorporato!
Ein Engländer, der in Italien lebt, wird selbst zu einem italienischen Teufel – ich weiß, wovon ich spreche«, sagte er resigniert. »Nein, jeder Aufenthalt in Rom ist ein Treuebruch gegenüber dem König.«
    Clarissa fühlte sich plötzlich ganz schwach. »Was geschieht jetzt mit mir?«, fragte sie leise.
    Wotton hob die Schultern. »Jetzt bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als Sie beim König anzuzeigen. Das ist meine

Weitere Kostenlose Bücher