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Die Principessa

Die Principessa

Titel: Die Principessa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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mit einem spöttischen Lächeln um seinen Mund, den ein feiner Oberlippenbart zierte. Was für ein eingebildeter Mensch! Selbst seine Verbeugung war Ausdruck seines Hochmuts. Dabei war er kaum größer als sie, obwohl er zu seinen seidenen Kniehosen und Strümpfen Schnallenschuhe nach französischer Mode trug, mit so hohen Absätzen, wie Clarissa zuvor noch keine bei einem Mann gesehen hatte. Sie hatte nur den Wunsch, die Sache so schnell wie möglich hinter sich zu bringen.
    »Ich soll Ihnen im Namen meiner Königin Dank sagen für dieBüste, die Sie von ihrem Gatten, König Karl I., angefertigt haben. Man zeigt sich erstaunt, mit welcher Ähnlichkeit Sie Seine Majestät nach den Bildnissen des Herrn van Dyck getroffen haben.«
    »Bitten Sie die Königin in meinem Namen um Verzeihung für die kleinen dunklen Flecken, die, der Natur des Marmors entsprechend, auf der Stirn ihres Gemahls geblieben sind. Doch kann ich versichern, sie werden verschwinden, sobald Seine Majestät Katholik geworden ist.«
    Was für eine ungezogene Bemerkung! Clarissa beschloss, auf die weiteren Komplimente, die sie ausrichten sollte, zu verzichten, und beendete ihre kurze Rede gleich mit den Worten, mit denen König Karl den Ring auf die Reise geschickt hatte.
    »Möge der Stein die Hand krönen, die das Werk geschaffen hat!«
    »Das muss ein Irrtum sein, Principessa«, erwiderte Bernini. »Der Stein hat die Farbe Ihrer Augen. Wie viel besser stünde er Ihnen zu Gesicht als mir! Doch ich fürchte, ich kann das Geschenk nicht ablehnen, ohne eine Königin zu beleidigen.«
    Flink wie ein Taschendieb nahm er den Smaragdring samt Schatulle und ließ beides in seinen goldbestickten Rock gleiten. Lord Wotton gab dem Orchester, das unweit des Eingangs auf einem Podium platziert war, ein Zeichen, die Musik setzte ein und die Gäste formierten sich zum Tanz. Sich in das Unvermeidliche fügend, hob Clarissa die Hand, um sie Bernini zu reichen, doch zu ihrer Überraschung forderte er nicht sie, sondern Donna Olimpia auf.
    »Was für ein Benehmen!«, entfuhr es ihr.
    »Leider kann ich es nicht wieder gutmachen.« Wotton seufzte.
    »Ich bin ein so schlechter Tänzer, dass allein der Versuch eine Straftat wäre. Bitte entschuldigen Sie mich – die Gäste.«
    Verdutzt und empört griff Clarissa nach dem Glas Rotwein, das ein Diener ihr reichte. Ihre Hände zitterten, als sie einen Schluck trank. Über den Rand des Glases schaute sie zu, wie Bernini mit ihrer Cousine die Sarabande anführte. Warum regtesie sich so auf? Weil er sich über den Glauben ihres Königs lustig gemacht hatte? Oder weil es seine Pflicht gewesen wäre, mit ihr zu tanzen? Ha, er konnte sie nicht beleidigen! Sie war im Gegenteil froh, dass ihr der Tanz mit diesem eitlen Pfau erspart blieb. Wie er nur mit seinen hohen Schuhen die Füße setzte! Geziert wie eine Frau. Während er tanzte, wedelte er sich mit einem Fächer frische Luft zu, gleichzeitig scherzte und lachte er in einem fort mit Olimpia, ohne ein einziges Mal aus dem Takt zu geraten. Nun ja, tanzen konnte jeder Italiener. Was sie nur die ganze Zeit miteinander zu reden hatten?
    Plötzlich trafen sich ihre Blicke. Schneller als er ihr zunicken konnte, drehte Clarissa ihm den Rücken zu.
    Zwei große Augen schauten sie erwartungsvoll an: das Marmorbildnis einer Frau. Mit leicht gerunzelter Stirn öffnete sie die vollen Lippen, als würde sie gerade überrascht. Der Ausdruck in diesem Gesicht verwirrte Clarissa und faszinierte sie zugleich. Obwohl die fremde Frau ihr nicht im Geringsten ähnlich sah, hatte sie plötzlich das Gefühl, sie schaue in einen Spiegel.
    »Sie interessieren sich für meine Arbeit?« Clarissa fuhr so heftig herum, dass sie den Inhalt ihres Glases verschüttete. Bernini lächelte sie an.
    »Es wäre mir eine große Ehre«, sagte er, »wenn Sie mich einmal in meinem Atelier besuchen würden.«
    »Ich reise übermorgen ab – für immer.«
    »Dann haben Sie einen ganzen Tag Zeit für Ihren Besuch.«
    »Ganz gewiss nicht!« Erst jetzt sah sie, dass sie ihren Wein über die Marmorbüste gegossen hatte. Wie ein rötlicher Schleier lief er über das steinerne Gesicht. »Oh, das tut mir Leid!«, sagte sie.
    »Ich komme natürlich für den Schaden auf. Nennen Sie mir eine Summe!«
    »Schaden?«, rief er aus. »Sie beschämen mich! So ist das Werk erst vollkommen! Sehen Sie nur, wie reizend die Schöne errötet! Als hätte man sie gerade bei einer kleinen Sünde ertappt. Ich könnte mich ohrfeigen, dass ich nicht

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