Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
seine Brieftasche heraus und suchte nach einem Bild.
»Hier.«
Ich betrachtete die Aufnahme und machte eine Bemerkung über die Familienähnlichkeit.
»Kaum zu glauben«, sagte ich dann.
»An dir scheinen die Jahre ziemlich spurlos vorübergegangen zu sein.«
Ich lachte leise und klopfte mir auf den Unterleib.
»Abgesehen davon, meine ich«, sagte er. »Wo hast du gesteckt!«
»Himmel! Wo bin ich
nicht
gewesen!« gab ich zurück.
»Ich habe so viele Orte besucht, daß ich sie schon nicht
mehr aufzählen kann.«
Sein Gesicht blieb ausdruckslos. Er sah mich offen an.
»Carl – in was für Schwierigkeiten steckst du?« fragte er.
Ich lächelte.
»Wenn du meinst, ob ich Schwierigkeiten mit dem Gesetz habe, lautet die Antwort nein. Meine Probleme hängen mit einem anderen Land zusammen, und ich muß in Kürze dorthin zurück.«
Sein Gesicht entspannte sich wieder, und hinter den zweigeteilt geschliffenen Brillengläsern begann es zu funkeln.
»Bist du dort eine Art Militärberater?«
Ich nickte.
»Kannst du mir den Ort nennen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Tut mir leid.«
»Das kann ich schon irgendwie verstehen«, sagte er. »Der Arzt hat mir mitgeteilt, was deinen Worten zufolge gestern abend passiert ist. Unter uns gesagt – hat das irgendwie mit den Dingen zu tun, die du in der Zwischenzeit getan hast?«
Wieder nickte ich.
»Das läßt das Bild ein bißchen klarer erscheinen«, sagte er. »Nicht viel, doch es reicht. Ich will dich gar nicht fragen, mit welcher Behörde, wenn überhaupt, du zu tun hast. Ich habe dich stets als Gentleman gekannt, als einen vernünftigen Menschen. Deshalb interessierte mich dein damaliges Verschwinden auch so, deshalb habe ich mich seinerzeit um die Sache gekümmert. Ich kam mir zwischendurch ein bißchen arg aufdringlich vor, doch dein rechtlicher Status war etwas rätselhaft, und ich wollte wissen, was geschehen war. In erster Linie, weil ich mir Sorgen um dich machte. Ich hoffe nicht, daß dich das stört.«
»Mich stören?« fragte ich. »Es gibt nicht viele Menschen, die sich darum scheren, was aus mir wird. Ich bin dir dankbar! Außerdem interessiert mich, was du herausgefunden hast. Ich selbst hatte nämlich keine Zeit, der Sache nachzugehen und alles zu regeln. Wie wär´s, wenn du mir sagtest, was du in Erfahrung bringen konntest?«
Er öffnete die Aktentasche und zog einen braunen Umschlag heraus, den er sich auf die Knie legte. Er brachte mehrere Blatt gelbes Papier zum Vorschein, die mit seiner sauberen Handschrift vollgeschrieben waren. Er hob das erste Blatt hoch, starrte einen Augenblick lang auf den Text und sagte: »Nachdem du aus dem Krankenhaus in Albany geflohen warst und deinen Unfall hattest, ist Brandon offenbar verschwunden, und ...«
»Halt!« sagte ich, hob die Hand und versuchte mich aufzurichten.
»Was?« fragte er.
»Du hast die Reihenfolge durcheinandergebracht, und auch der Ort stimmt nicht«, sagte ich. »Erst kam der Unfall, außerdem liegt Greenwood nicht in Albany.«
»Das weiß ich«, sagte er. »Ich meinte ja auch das Porter-Sanatorium, in dem du zwei Tage verbrachtest, ehe du verschwandest. Noch am gleichen Tag hattest du den Unfall und wurdest anschließend hierhergebracht. Dann erschien deine Schwester Evelyn auf der Bildfläche. Sie ließ dich nach Greenwood verlegen, wo du einige Wochen zubrachtest, ehe du erneut verduftet bist. Richtig?«
»Teilweise ja«, sagte ich. »Besonders der letzte Teil. Wie ich dem Arzt vorhin schon sagte, setzt mein Erinnerungsvermögen einige Tage vor dem Unfall aus. Das Institut in Albany erinnert mich allerdings an etwas, doch es ist alles noch sehr vage. Weißt du Einzelheiten?«
»O ja«, sagte er. »Und das hat vielleicht sogar mit dem Zustand deines Gedächtnisses zu tun. Du wurdest wegen Unzurechnungsfähigkeit eingeliefert ...«
»Durch wen?«
Er schüttelte das Blatt Papier und kniff die Augen zusammen.
»Bruder Brandon Corey; zuständiger Arzt: Hillary B. Rand, Psychiater«, las er vor. »Weckt das weitere Erinnerungen?«
»Möglich«, sagte ich. »Und?«
»Nun, auf dieser Grundlage wurdest du für unzurechnungsfähig erklärt, in Gewahrsam genommen und eingeliefert. Was nun dein Gedächtnis angeht ...«
»Ja?«
»Ich weiß nicht besonders viel über diese Behandlung und ihre Wirkung auf das Gedächtnis – jedenfalls wurdest du in Porter einer Elektroschock-Behandlung unterzogen. Dort – meine Unterlagen deuten jedenfalls darauf hin – bist du am dritten Tag
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