Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
er, »doch erinnere ich mich an Augenblicke, da du der Ehrlichkeit zugetan warst. Mehrfach sogar ...«
»Wie sind wir nur von den Spuren im Schnee auf mich gekommen?« fragte ich. »Ich wollte dir gerade sagen, daß ich das Haus auf dem Weg betreten habe, auf dem ich es dann wieder verließ. Mein Abgang hat offenbar die Spuren meiner Ankunft ausgelöscht.«
»Nicht schlecht«, sagte er und lächelte. »Und dein Angreifer ist derselben Route gefolgt?«
»Muß er wohl.«
»Ziemlich gut«, sagte er. »Du verstehst es, Zweifel auszusäen. Trotzdem habe ich das Gefühl, daß die Beweise hier auf etwas Unheimliches schließen lassen.«
»Auf etwas Unheimliches? Nein. Eher etwas Seltsames. Das ist eine Frage der Interpretation.«
»Oder des Ausdrucks. Hast du den Polizeibericht über deinen Unfall gelesen?«
»Nein. Du?«
»Ja. Was wäre, wenn die Sache mehr als seltsam wäre? Gestehst du mir dann den Ausdruck zu, den ich gebraucht habe –›unheimlich‹?«
»Also schön.«
»... und beantwortest du mir eine Frage?«
»Ich weiß nicht ...«
»Ein einfaches Ja oder Nein. Das ist alles.«
»Also gut – abgemacht. Was stand in dem Bericht?«
»Aus dem Bericht ging hervor, daß der Unfall der Polizei gemeldet wurde und ein Streifenwagen die Stelle aufsuchte. Die Beamten entdeckten dort einen seltsam gekleideten Mann, der im Begriff war, dir Erste Hilfe zu leisten. Er sagte aus, er habe dich aus dem völlig zertrümmerten Wagen im See gezogen. Dies erschien glaubhaft, da er ganz durchnäßt war. Durchschnittlich groß, schmal gebaut, rotes Haar. Er trug einen grünen Anzug, der nach Aussage eines Beamten in einen Robin-Hood-Film gepaßt hätte. Er weigerte sich, seine Personalien anzugeben, die Beamten zu begleiten oder irgendeine Aussage zu machen. Als die Polizisten darauf bestanden, stieß er einen Pfiff aus, woraufhin ein weißes Pferd herbeitrabte. Er sprang auf und ritt im Galopp davon. Dann hat man ihn nicht mehr gesehen.«
Ich lachte. Es tat weh, doch ich konnte nicht anders,
»Ich will verdammt sein!« rief ich. »Endlich ergeben die Dinge einen Sinn.«
Bill starrte mich einen Augenblick lang stumm an. »Wirklich?« fragte er dann.
»Ja, ich glaube schon. Vielleicht hat es sich gelohnt, verwundet zu werden und hierher zurückzukehren – allein wegen der Dinge, die ich heute erfahren habe.«
»Du hast die beiden Dinge in seltsamer Reihenfolge aufgeführt«, sagte er und rieb sich das Kinn.
»Ja, das ist richtig. Doch ich beginne jetzt eine Art Ordnung zu erkennen, wo mir vorher überhaupt nichts klar war.«
»Und das alles wegen eines Kerls auf einem Schimmel?«
»Zum Teil, zum Teil ... Bill, ich werde hier bald verschwinden.«
»So schnell kommst du hier nicht raus.«
»Trotzdem – die Papiere, von denen du gesprochen hast ... ich glaube, ich sollte sie lieber schon heute unterschreiben.«
»Na schön. Ich lasse sie dir später bringen. Aber mach keine Dummheiten!«
»Ich werde von Sekunde zu Sekunde vorsichtiger«, erwiderte ich. »Das darfst du mir glauben.«
»Na, hoffentlich«, sagte er, ließ seinen Aktenkoffer zuschnappen und stand auf. »Also ruh dich aus. Ich schaffe die Probleme mit dem Arzt aus der Welt und schicke heute noch die Unterlagen herüber.«
»Nochmals vielen Dank.«
Ich schüttelte ihm die Hand.
»Übrigens«, sagte er. »Du wolltest mir eine Frage beantworten.«
»Ach ja. Und die lautet?«
»Bist du ein Mensch?« fragte er, während er noch meine Hand hielt. Sein Gesicht verriet nichts.
Ich begann zu grinsen, ließ es dann aber sein.
»Ich weiß es nicht. Ich – ich würde es ja gern sein. Aber ich weiß es im Grunde nicht. Natürlich bin ich ein Mensch! Was für eine dumme Frage ... Ach, zum Teufel! Du willst eine ehrliche Antwort, nicht wahr? Und ich habe gesagt, ich würde dir offen antworten ...« Ich kaute auf meiner Unterlippe herum und überlegte einen Augenblick lang. Dann sagte ich: »Ich glaube es nicht.«
»Ich auch nicht«, erwiderte er und lächelte. »Es macht eigentlich keinen Unterschied, aber ich dachte, daß es dir vielleicht etwas bedeutet – zu wissen, jemand weiß, daß du anders bist, ohne daß es ihm etwas ausmacht.«
»Auch daran werde ich denken«, sagte ich.
»Nun ... bis später also.«
»Ja.«
9
Der Mann von der Staatspolizei war vor kurzem gegangen ... Später Nachmittag. Ich lag im Bett und fühlte mich besser, und mir war besser, weil ich mich besser fühlte. Ich lag einfach nur da und dachte über die Gefahren nach, die
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