Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
sicher in den Schatten bewegen konnte. Er beschloß, zu mir zu kommen und mich zu bitten, ihn zu unterrichten. Das habe ich getan. Er hat bei mir fast ein Jahr zugebracht. Ich lehrte ihn kämpfen, machte ihn mit den Trümpfen und den Schatten bekannt und unterrichtete ihn in jenen Dingen, die ein Amberianer wissen muß, wenn er am Leben bleiben will.«
»Warum hast du das alles getan?« wollte Random wissen.
»Irgend jemand mußte es tun. Er kam zu mir, also oblag diese Pflicht mir«, erwiderte Benedict. »Nicht, daß ich den Jungen nicht gern hatte«, fügte er hinzu.
Random nickte.
»Du hast gesagt, er hätte fast ein Jahr bei dir gelebt. Was war hinterher?«
»Den Wandertrieb kennst du so gut wie ich. Kaum hatte er ein gewisses Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten gewonnen, da wollte er sie auch ausprobieren. Im Verlauf meines Unterrichts hatte ich ihn natürlich auf Reisen durch die Schatten mitgenommen, hatte ihn da und dort Bekannten vorgestellt. Dann aber kam die Zeit, da er seinen Weg allein gehen wollte. Eines Tages verabschiedete er sich und zog los.«
»Hast du ihn seither wiedergesehen?« fragte Random.
»Ja. Er ist immer mal wieder zurückgekehrt; er blieb eine Zeitlang und erzählte mir von seinen Abenteuern und seinen Entdeckungen. Dabei war stets von vornherein klar, daß er nur zu Besuch da war. Nach einer Weile wurde er unruhig und zog weiter.«
»Wann hast du ihn zum letztenmal gesehen?«
»Das ist nach Avalon-Zeit jetzt mehrere Jahre her und geschah unter den üblichen Umständen. Er tauchte eines Morgens auf, blieb etwa zwei Wochen lang, erzählte mir von den Dingen, die er gesehen und getan hatte, und von den vielen Dingen, die er noch tun wollte. Später reiste er ab.«
»Und seitdem hast du nicht wieder von ihm gehört?«
»Im Gegenteil. Wenn er gemeinsame Freunde besuchte, hinterließ er Nachrichten für mich. Von Zeit zu Zeit setzte er sich sogar durch meinen Trumpf mit mir in Verbindung ...«
»Er hatte einen Satz Trümpfe?« fragte ich dazwischen.
»Ja, ich hatte ihm eines meiner Extraspiele zum Geschenk gemacht.«
»Hattest du einen Trumpf für ihn?«
Er schüttelte den Kopf.
»Bis zu diesem Augenblick hatte ich keine Ahnung, daß es einen solchen Trumpf überhaupt gibt.« Er hob die durchlöcherte Karte, blickte darauf und gab sie Random zurück. »Mir fehlt die Kunstfertigkeit, so etwas zu zeichnen. Random, hast du versucht, ihn durch diesen Trumpf zu erreichen?«
»Ja, sehr oft, seit die Karte in unserem Besitz ist. Zuletzt erst vor wenigen Minuten. Keine Reaktion.«
»Natürlich ist damit nichts bewiesen. Wenn die Ereignisse so abgelaufen sind, wie du vermutest, und er den Anschlag überlebt hat, ist er jetzt vielleicht entschlossen, alle künftigen Kontaktversuche abzublocken. Wie das geht, weiß er.«
»Sind denn die Ereignisse so gewesen, wie ich vermute? Weißt du mehr darüber?«
»Ich habe da so eine Ahnung«, sagte Benedict. »Weißt du, er ist vor einigen Jahren verwundet bei einem Freund in den Schatten aufgetaucht. Es handelte sich um eine Wunde, die auf einen Messerstich zurückzuführen war. Mir wurde berichtet, er sei in ziemlich schlechtem Zustand gewesen und habe nicht im einzelnen berichtet, woher er die Wunde hatte. Er blieb ein paar Tage lang, bis er wieder mobil war, und verschwand, bevor er sich richtig erholt hatte. Das war das letzte, was die Freunde von ihm gehört haben. Und ich auch.«
»Warst du denn nicht neugierig?« fragte Random. »Hast du nicht nach ihm gesucht?«
»Natürlich war ich neugierig. Das bin ich auch immer noch. Aber ein Mann hat das Recht, sein eigenes Leben zu leben, ohne daß sich Verwandte einmischen, so gut ihre Absichten auch sein mögen. Er hatte die Krise überwunden und machte nicht den Versuch, sich mit mir in Verbindung zu setzen. Anscheinend wußte er, was er wollte. Er ließ mir durch die Tecys ausrichten, ich solle mir keine Sorgen machen, wenn ich von dem Ereignis hörte, er wisse schon, was er tue.«
»Die Tecys?« fragte ich.
»Richtig. Das sind Freunde von mir in den Schatten.«
Ich verschluckte die Worte, die mir in den Sinn kamen. Ich hatte diese Familie für einen Teil von Daras Geschichte gehalten, in der sie die Wahrheit in anderer Hinsicht oft genug völlig verdreht hatte. Sie hatte zu mir von den Tecys gesprochen, als wären sie ihr bekannt, als hätte sie bei ihnen gewohnt – mit Benedicts Wissen. Es schien mir jedoch nicht der richtige Augenblick zu sein, ihm von meiner Vision tags zuvor
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