Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
...«
Ganelon nickte.
»... Er hat das Ding jetzt bei sich«, schloß er.
»Den Arm und Benedict. Verdammt! Dem Ding kann ich wirklich keine Liebe entgegenbringen. Es wollte mich töten. Bis jetzt ist in Tir-na Nog´th noch niemand angegriffen worden.«
»Aber Benedict, Benedict ist doch in Ordnung. Er steht auf unserer Seite, auch wenn ihr im Augenblick leichte Differenzen habt, stimmt´s?«
Ich antwortete nicht.
Er hob die Hand, packte Feuerdrache am Zügel und ließ ihn anhalten. Dann starrte er zu mir empor.
»Corwin, was war da oben eigentlich los? Was hast du erfahren?«
Ich zögerte. Ja, was hatte ich in der Stadt am Himmel erfahren? Niemand wußte, was eigentlich hinter den Visionen von Tir-na Nog´th steckte. Durchaus möglich, daß dieser Ort, wie wir manchmal vermuteten, den Zweck hatte, den unausgesprochenen Wünschen und Ängsten des einzelnen Gestalt zu verleihen und sie vielleicht mit unterbewußten Mutmaßungen zu vermengen. Schlußfolgerungen und einigermaßen gründlich durchdachte Vermutungen zu äußern, das ging noch an. Verdachtsmomente aber, die aus dem Unbekannten erwuchsen, sollte man lieber für sich behalten. Allerdings war der Arm denkbar solide ...
»Ich habe dir doch schon erzählt«, sagte ich, »daß ich den Arm einem Gespenst Benedicts abgenommen habe. Du kannst dir denken, daß wir miteinander gekämpft haben.«
»Siehst du das als Omen, daß du und Benedict irgendwann in Konflikt geratet?«
»Vielleicht.«
»Dir wurde doch ein Grund dafür gezeigt, oder?«
»Na schön«, sagte ich und seufzte, ohne daß ich es gewollt hätte. »Ja. Es kam der Hinweis, daß Dara tatsächlich mit Benedict verwandt ist – was ja durchaus stimmen kann.
Und wenn es stimmt, wäre es auch denkbar, daß er es gar nicht weiß. Deshalb halten wir in dieser Sache den Mund, bis wir eine Bestätigung haben – so oder so. Verstanden?«
»Natürlich. Aber wie wäre so etwas möglich?«
»Na, wie sie gesagt hat.«
»Urenkelin?«
Ich nickte.
»Durch wen?«
»Das Höllenmädchen, das wir nur vom Hörensagen kennen – Lintra, die Dame, die ihn den Arm gekostet hat.«
»Aber der Kampf hat doch erst kürzlich stattgefunden!«
»In den verschiedenen Reichen der Schatten strömt die Zeit unterschiedlich schnell dahin, Ganelon. In den ferneren Zonen ... Unmöglich wäre es nicht.«
Er schüttelte den Kopf und ließ die Zügel los.
»Corwin, ich bin der Meinung, Benedict sollte informiert werden«, fuhr er fort. »Wenn es stimmt, solltest du ihm eine Chance geben, sich darauf vorzubereiten, anstatt ihn die Wahrheit überraschend entdecken zu lassen. Eure Familie ist manchmal dermaßen unfruchtbar, daß Vaterschaft euch offenbar mehr zu schaffen macht als anderen. Sieh dir Random an. Jahrelang hat er sich nicht um seinen Sohn gekümmert, und jetzt ... Ich habe so ein Gefühl, als würde er sein Leben für ihn riskieren.«
»Ich auch«, sagte ich. »Jetzt vergiß aber mal die erste Hälfte deines Satzes und denk dir die zweite noch einen Schritt weiter - bei Benedict.«
»Meinst du, er würde sich auf Daras Seite gegen Amber stellen?«
»Ich vermeide es lieber, ihn vor diese Alternative zu stellen, indem ich ihn gar nicht erst wissen lasse, daß es sie gibt –
wenn
es sie gibt.«
»Damit tust du ihm meiner Meinung nach keinen Gefallen. Er ist doch wohl kaum ein emotionaler Krüppel. Melde dich bei ihm durch den Trumpf und teile ihm deinen Verdacht mit. Auf diese Weise kann er wenigstens darüber nachdenken und wäre bei einer plötzlichen Konfrontation nicht unvorbereitet.«
»Er würde mir doch nicht glauben. Du hast selbst gesehen, wie er sich anstellt, wenn ich Dara nur erwähne.«
»Das allein mag schon bedeutsam sein. Möglicherweise ahnt er, was geschehen ist, und weist es so vehement von sich, weil er die Dinge lieber anders hätte.«
»Im Augenblick würde ich damit nur einen Riß erweitern, den ich gerade übertünchen will.«
»Dein Schweigen kann später aber zu einem völligen Bruch führen, sobald er die Wahrheit herausfindet.«
»Nein. Ich glaube, ich kenne meinen Bruder besser als du.«
Er ließ die Zügel los.
»Na schön«, sagte er. »Ich hoffe, daß du recht hast.«
Ich antwortete nicht, sondern gab Feuerdrache von neuem die Sporen. Zwischen uns bestand das unausgesprochene Einverständnis, daß Ganelon mich alles fragen konnte, was er wollte; ebenso selbstverständlich war es, daß ich mir die Ratschläge anhörte, die er zu geben hatte. Dies lag zum Teil daran, daß
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