Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
seine Stellung wohl einzigartig war. Wir beide waren nicht miteinander verwandt. Er war kein Amberianer. In die Machtkämpfe und Probleme Ambers war er durch eigene Entscheidung verwickelt. Vor langer Zeit waren wir Freunde und dann Feinde gewesen, und seit kurzem wieder Freunde und Verbündete in seiner Wahlheimat. Als diese Angelegenheit geklärt war, hatte er mich gebeten, mich begleiten zu dürfen; er wolle mir in meinen und den Angelegenheiten Ambers helfen. Meiner Auffassung nach schuldete er mir nichts, und dasselbe galt umgekehrt – wenn man solche Dinge überhaupt dermaßen aufrechnen will. So kettete uns allein die Freundschaft aneinander – eine kräftigere Bindung als alle Schulden und Ehrenerklärungen: mit anderen Worten, eine Basis, die ihm
das Recht gab, mir in solchen Dingen auch einmal auf die Nerven zu gehen, in Dingen, da ich, nachdem meine Meinung feststand, vielleicht sogar Random zum Teufel geschickt hätte. Ich machte mir klar, daß ich mich eigentlich nicht aufregen durfte, solange er seine Bemerkungen in gutem Glauben machte. Wahrscheinlich handelte es sich um ein altes militärisches Gefühl, das mit unserer ersten Zusammenarbeit wie auch mit dem augenblicklichen Stand der Dinge zusammenhing: Ich mag es nicht, wenn man meine Entscheidungen und Befehle in Zweifel zieht. Noch mehr, so schloß ich, ärgerte mich wahrscheinlich die Tatsache, daß er in letzter Zeit etliche vernünftige Mutmaßungen angestellt und darauf logische Vorschläge aufgebaut hatte – Dinge, von denen ich meinte, daß ich darauf hätte selbst stoßen müssen. Niemand gesteht gern eine Ablehnung ein, die auf solchen Dingen beruht. Trotzdem ... war das wirklich alles? Eine einfache Projektion der Unzufriedenheit wegen einigen Momenten persönlicher Unzulänglichkeit? Ein alter soldatischer Reflex hinsichtlich der Heiligkeit meiner Entscheidungen? Oder plagte mich etwas, das viel tiefer saß und das jetzt erst an die Oberfläche drängte? »Corwin«, sagte Ganelon, »ich habe nachgedacht ...«
Ich seufzte.
»Ja.«
»... über Randoms Sohn. So wie eure Familie gesundet, würde ich es für möglich halten, daß er den Anschlag überlebt hat und sich irgendwo aufhält.«
»Das möchte ich auch gern glauben.«
»Sei nicht zu voreilig.«
»Was meinst du damit?«
»Soweit ich mitbekommen habe, hatte er keinen großen Kontakt zu Amber und zum Rest der Familie; schließlich ist er in Rebma ziemlich für sich aufgewachsen.«
»Ja, so hat man es mir auch berichtet.«
»Ich möchte sogar meinen, daß er außer mit Benedict – und Llewella aus Rebma – anscheinend nur mit einer anderen Person Kontakt hatte, der Person, die ihn zu erstechen versuchte – Bleys, Brand oder Fiona. Nun habe ich mir überlegt, daß er vermutlich eine ziemlich verzerrte Einstellung zur Familie hat.«
»Verzerrt mag sein Bild von uns sein«, sagte ich, »aber doch nicht ohne Grund, wenn ich verstehe, worauf du hinauswillst.«
»Ich glaube schon, daß du mich verstehst. Immerhin denkbar, daß er nicht nur Angst vor der Familie hat, sondern sich vielleicht auch an euch allen rächen will.«
»Denkbar wär´s«, sagte ich.
»Glaubst du, er könnte sich mit dem Gegner zusammengetan haben?« Ich schüttelte den Kopf.
»Nicht wenn er weiß, daß diese Wesen Handlanger der Gruppe sind, die ihn hat töten wollen.«
»Aber sind sie das wirklich? Ich mache mir so meine Gedanken ... Du sagst, Brand hätte Angst bekommen und wollte raus aus dem Arrangement, das mit der Bande von der schwarzen Straße bestand. Wenn diese Wesen so mächtig sind, muß ich mich fragen, ob Fiona und Bleys nicht vielleicht
deren
Werkzeuge geworden sind. Wenn das so wäre, könnte ich mir vorstellen, daß Martin auf etwas aus ist, das ihm Macht über sie verleiht.«
»Das ist zu raffiniert gedacht«, stellte ich fest.
»Der Gegner scheint sehr viel über dich zu wissen.«
»Gewiß, aber er hatte auch eine Gruppe von Verrätern an der Hand, die ihm Informationen zugespielt hat.«
»Können diese Leute all das verraten haben, was Dara deinen Worten nach wußte?«
»Eine gute Frage«, sagte ich. »Aber auf eine Antwort kann ich mich nicht festlegen.« Dabei war die Sache mit den Tecys ganz klar; trotzdem beschloß ich, die Information zunächst zu verschweigen, um festzustellen, worauf er hinauswollte; es hatte keinen Sinn, das Gespräch jetzt in eine neue Richtung zu lenken. Also sagte ich: »Martin war doch wohl kaum in der Lage, dem Gegner viel über Amber zu
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