Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
Mit einer reinen Zuschauerrolle war er nie zufrieden. Er muß immer irgendwelche Ziele verfolgen. Ich würde schwören, daß er sogar im Schlafe Verschwörungen anzettelt.«
»Vielleicht hast du recht«, sagte ich. »Es hat da nämlich eine neue Entwicklung gegeben, ob zum Guten oder Schlechten, weiß ich noch nicht. Ich habe mich eben mit Gérard geschlagen. Er meint, ich hätte Brand etwas angetan. Das stimmt natürlich nicht, aber ich war nicht in der Lage, meine Unschuld zu beweisen. Ich war heute die letzte Person, die Brand gesehen hat. Gérard hat vor kurzem seine Räume aufgesucht. Er behauptet, man hätte dort eingebrochen, Blutspuren befänden sich im Raum, und Brand sei verschwunden. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.«
»Ich auch nicht. Aber ich hoffe, es bedeutet, daß irgend jemand diesmal richtig zugeschlagen hat.«
»Himmel!« sagte ich. »Wie verworren das alles ist! Ich wünschte, ich hätte früher davon gewußt.«
»Bis jetzt ergab sich einfach keine Gelegenheit, dir davon zu erzählen«, sagte er. »Unmöglich war es, als du noch Gefangenen warst und noch über Trumpf angesprochen werden konntest, und hinterher warst du lange Zeit fort. Als du mit deinen Truppen und den neuen Waffen zurückkehrtest, wußte ich zuerst nicht recht, was du eigentlich wolltest. Dann überstürzten sich die Ereignisse, und plötzlich war Brand wieder im Lande. Da war es zu spät. Ich mußte verschwinden, um meine Haut zu retten. Hier in Ar-den bin ich stark. Hier vermag ich alles abzuwehren, was er gegen mich aufbietet. Ich habe die Patrouillen in voller Kampfstärke reiten lassen und auf eine Nachricht über Brands Tod gewartet. Ich wollte einen von euch fragen, ob er noch in Amber sei. Aber ich konnte mich nicht entschließen, wen ich fragen sollte, wähnte ich mich doch unter Verdacht, sollte er tatsächlich gestorben sein ... War er allerdings noch am Leben, so wollte ich, sobald ich davon hörte, selbst einen Anschlag auf ihn verüben. Nun diese Lage ... Was hast du jetzt vor, Corwin?«
»Ich bin auf dem Wege, das Juwel des Geschicks von einem Ort in den Schatten zu holen, an dem ich es versteckt habe. Es gibt eine Möglichkeit, mit dem Juwel die schwarze Straße zu vernichten. Ich will den Versuch wagen.«
»Wie willst du das schaffen?«
»Das ist eine zu lange Geschichte – denn eben ist mir ein schrecklicher Gedanke gekommen.«
»Ja?«
»Brand hat es auf das Juwel abgesehen. Er hat sich danach erkundigt, und jetzt ... Seine Fähigkeit, Objekte in den Schatten zu finden und zurückzuholen, wie weit ist die ausgeprägt?«
Julian sah mich nachdenklich an.
»Er ist jedenfalls nicht allmächtig, wenn du das meinst. Man kann in den Schatten alles finden, auf dem üblichen Wege – indem man sich dorthin begibt. Nach Fionas Worten verzichtet er lediglich auf die physische Komponente. Deshalb kann er im Grunde nur
irgendein
Objekt zu sich holen und keinen bestimmten Gegenstand. Außerdem ist das Juwel nach allem, was Eric mir darüber erzählt hat, ein sehr seltsames Gebilde. Ich glaube, Brand müßte sich persönlich darum kümmern, sobald er festgestellt hat, wo es sich befindet.«
»Dann muß ich meinen Höllenritt fortsetzen. Irgendwie muß ich ihm zuvorkommen.«
»Ich sehe, daß du Drum reitest«, stellte Julian fest. »Ein gutes Tier, ein leistungsfähiger Bursche. Hat so manchen Höllenritt mitgemacht.«
»Das freut mich zu hören«, sagte ich. »Was hast
du
jetzt vor?«
»Ich werde mich mit jemandem in Amber in Verbindung setzen und mich über die Dinge aufklären lassen, die wir hier nicht besprechen konnten – wahrscheinlich Benedict.«
»Sinnlos«, sagte ich. »Du wirst ihn nicht erreichen. Er ist zu den Höfen des Chaos aufgebrochen. Versuch es mit Gérard. Sag ihm, daß ich es ehrlich meine.«
»Die Rotschöpfe sind die einzigen Zauberer in unserer Familie – trotzdem will ich es versuchen ... Hast du Höfe des Chaos gesagt?«
»Ja – aber ich habe jetzt keine Zeit mehr.«
»Natürlich. Zieh los. Wir haben später noch Zeit – hoffe ich wenigstens.«
Er hob die Hand und umfaßte meinen Arm. Ich blickte auf den Manticora, auf die Hunde, die ringsum Platz genommen hatten.
»Vielen Dank, Julian. Ich – du bist manchmal so schwer zu begreifen.«
»O nein. Ich glaube, der Corwin, den ich gehaßt habe, ist vor Jahrhunderten schon gestorben. Nun reite schon los. Wenn Brand sich hier sehen läßt, nagele ich sein Fell an einen Baum!«
Als ich aufstieg, rief er seinen Hunden
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