Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
vorstellen.
Was hatte Brand also vor? Worauf wartete er? Was wollte er unternehmen?
Wieder blickte ich über das Schlachtfeld ...
Ein schattiger Winkel auf der Anhöhe, wo der Feind sich neu gruppiert hatte und vor dem neuerlichen Angriff verstärkt wurde – da war etwas.
Ein winziges rotes Blinken. Ich war überzeugt, daß ich es wahrgenommen hatte. Ich starrte weiter hinüber und wartete ab. Ich mußte es noch einmal sehen, mußte seine Position genau bestimmen ...
Eine Minute verging. Vielleicht auch zwei ...
Dort! Und noch einmal.
Ich zog das schwarze Pferd herum. Es schien nicht unmöglich zu sein, die nahegelegene Flanke des Feindes zu umgehen und jene angeblich leere Höhe zu ersteigen. Ich galoppierte den Hügel hinab und suchte mir meinen Weg.
Es mußte Brand sein mit dem Juwel. Er hatte sich ein gutes und sicheres Versteck ausgesucht, eine Stelle, von der er nicht nur das gesamte Schlachtfeld im Auge behalten konnte, sondern auch den anrückenden Sturm. Von dort oben konnte er seine Blitze gegen unsere vorrückenden Truppen schicken. Er konnte im richtigen Augenblick das Rückzugsignal geben, mit der entarteten Wut des Unwetters zuschlagen und sie von den Kämpfern ablenken, die er unterstützte. Dies schien mir die einfachste und nützlichste Verwendung zu sein, die er unter diesen Umständen für das Juwel haben konnte.
Ich mußte sofort möglichst dicht an ihn heran. Immerhin hatte ich eine größere Kontrolle über den Edelstein als er, doch meine Einwirkungsmöglichkeiten verringerten sich mit der Entfernung, und bestimmt hatte er das Juwel bei sich. Meine Chance lag allenfalls darin, auf ihn loszustürmen, um jeden Preis in die Kontrolldistanz zu kommen und dann das Kommando über den Stein zu übernehmen und ihn gegen Brand einzusetzen. Allerdings war es möglich, daß er sich dort oben mit einer Leibwache umgeben hatte. Dieser Gedanke beunruhigte mich, denn ein solches Hindernis mochte mich mit katastrophalen Folgen an der Ausführung meines Plans hindern. Und wenn er ungeschützt war – was hinderte ihn daran, mir mit Teleportation zu entwischen, wenn die Lage für ihn zu brenzlig wurde? Was sollte ich dann tun? Dann würde ich meine Jagd auf ihn von vorn beginnen müssen. Ich überlegte, ob ich mit dem Juwel verhindern konnte, daß er sich an einen anderen Ort versetzte. Ich wußte es nicht, nahm mir aber vor, es auf jeden Fall zu versuchen.
Es war sicher nicht der beste Plan, der jemals geschmiedet worden war, aber der einzige, der mir in denSinn kam. Zeit für weitere Überlegungen blieb mir nicht mehr.
Im Reiten erkannte ich, daß auch andere auf die Anhöhe zuhielten. Random, Deirdre und Fiona waren in Begleitung von acht Kavalleristen durch die feindlichen Reihen geritten, dichtauf gefolgt von einigen anderen Soldaten – ob Freund oder Feind, wußte ich nicht. Der grüngekleidete Ritter schien dabei am schnellsten voranzukommen; er verringerte den Abstand zu der ersten Gruppe. Ich erkannte ihn – oder sie – nicht. Da Fiona zu der Expedition gehörte, wußte ich sofort, was der Vorstoß sollte. Sie hatte bestimmt Brands Gegenwart gespürt und führte nun die anderen zu ihm. Eine kleine Flamme der Hoffnung regte sich in meinem Herzen. Durchaus möglich, daß sie Brands Kräfte neutralisieren oder zumindest dämpfen konnte. Ich beugte mich vor und trieb mein Pferd heftig an; mein Weg führte mich nach links um die Kämpfenden herum. Der Himmel drehte sich unentwegt. Der Wind tobte. Ein ohrenbetäubender Donnerschlag hallte. Ich schaute nicht zurück.
Ich versuchte die anderen einzuholen. Ich wollte nicht, daß sie ihr Ziel vor mir erreichten, fürchtete aber, daß ich es nicht verhindern konnte. Die Entfernung war zu groß.
Wenn sie sich nur umdrehen und mich sehen würden! Bei meinem Anblick würden sie wahrscheinlich warten. Ich wünschte, ich hätte ihnen mein Eintreffen irgendwie signalisieren können. Zu dumm, daß die Trümpfe nicht mehr funktionierten!
Ich begann zu rufen. Ich schrie hinter ihnen her, doch der Wind riß mir die Worte vom Mund, und der Donner rollte darüber hin.
»Wartet auf mich! Verdammt! Ich bin´s, Corwin!«
Niemand schaute in meine Richtung.
Ich passierte die ersten Gruppen von Kämpfern und ritt außer Reichweite von Wurfgeschossen und Pfeilen an der Flanke des Feindes entlang. Die Gegner schienen sich inzwischen noch schneller zurückzuziehen, und unsere Truppen verteilten sich auf ein größeres Gebiet. Brand wollte sicher gleich zuschlagen.
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