Die Prinzen von Amber (5 Romane in einem Band)
Schlaf war etwas Herrliches, und ich war so ungeheuer müde!
Zum erstenmal hatte ich Gelegenheit, mich auszuruhen und meine Wunden zu vergessen.
Die Zelle war dunkel; sie stank und war feucht.
8
Wie oft ich erwachte und wieder einschlief, weiß ich nicht. Zweimal fand ich Brot und Wasser auf einem Tablett an der Tür. Beide Male leerte ich das Tablett. Meine Zelle war nahezu pechschwarz und sehr kühl. Ich wartete und wartete.
Dann holte man mich.
Die Tür wurde aufgerissen, und schwaches Licht fiel herein. Ich blinzelte in die Helligkeit, als mein Name gerufen wurde.
Der Korridor vor der Zelle quoll vor Bewaffneten förmlich über, und so wagte ich keine Risiken.
Ich rieb mir über die Bartstoppeln und ließ mich führen.
Nach einer langen Wanderung erreichten wir den Saal der Wendeltreppe und begannen emporzusteigen. Ich stellte unterwegs keine Fragen, und niemand stillte meinen Wissensdurst.
Als wir oben ankamen, führte man mich tiefer in den eigentlichen Palast. Man brachte mich in ein warmes sauberes Zimmer und befahl mir, mich auszuziehen. Ich gehorchte. Dann stieg ich in ein dampfendes Bad, und ein Bediensteter eilte herbei und schrubbte mich ab, rasierte mich und schnitt mir das Haar.
Als ich wieder trocken war, erhielt ich frische Kleidung in Schwarz und Silber.
Als ich die Sachen angelegt hatte, wurde mir ein schwarzer Umhang um die Schultern gelegt, dessen Schnalle eine Silberrose darstellte.
»Ihr seid bereit«, sagte der Sergeant der Wache. »Hier entlang.«
Ich folgte ihm, und der Wächter folgte mir.
Ich wurde in den hinteren Teil des Palasts geführt, wo mir ein Schmied Eisenbänder um die Hand- und Fußgelenke legte. Die Ketten daran waren zu schwer, als daß ich sie hätte brechen können. Hätte ich mich widersetzt, wäre ich garantiert bewußtlos geschlagen worden, und das Ergebnis wäre dasselbe gewesen. Da ich keine Lust hatte, erneut bewußtlos geschlagen zu werden, ließ ich alles mit mir geschehen.
Dann wurden die Ketten von mehreren Wächtern hochgehoben, und ich wurde wieder in den vorderen Teil des Palasts geführt. Ich verschwendete keinen Blick auf die herrliche Ausstattung ringsum. Ich war ein Gefangener. Wahrscheinlich würde ich bald tot sein oder auf einer Streckbank liegen. Was immer ich auch anstellte – ich konnte nichts richtig machen. Ein Blick aus dem Fenster verriet mir, daß wir Spätnachmittag hatten, und es gab keinen Anlaß zur Nostalgie, als wir Zimmer durchschritten, in denen wir als Kinder gespielt hatten.
Ich wurde durch einen langen Korridor in den großen Bankettsaal geführt.
Überall standen Tische. Menschen saßen daran; viele von ihnen waren mir bekannt.
Die herrlichen Gewänder der Edelleute Ambers schimmerten, und Musik schwebte durch den Fackelschein und über das Essen auf dem Tisch – das allerdings noch niemand angerührt hatte.
Ich entdeckte bekannte Gesichter – zum Beispiel Flora – und auch etliche Fremde. Den Sänger Lord Rein – ja, ich selbst hatte ihn in den Ritterstand erhoben – hatte ich seit Jahrhunderten nicht mehr gesehen. Er wich meinem Blick aus.
Ich wurde an das untere Ende des riesigen Mitteltisches geführt und durfte mich dort setzen.
Die Wächter bauten sich hinter mir auf. Sie befestigten die Enden meiner Ketten in Ringen, die in den Boden eingelassen waren. Der Sitz am Kopfende meines Tisches war noch leer.
Die Frau zu meiner Rechten erkannte ich nicht, doch links von mir saß Julian. Ich ignorierte ihn und starrte auf die Dame, eine hagere Blondine.
»Guten Abend«, sagte ich. »Wir sind uns, glaube ich, noch nicht vorgestellt worden. Mein Name ist Corwin, Corwin von Amber.«
Sie sah den Mann zu ihrer Rechten hilfesuchend an, einen massigen rothaarigen Burschen mit zahlreichen Sommersprossen. Er wandte den Blick ab und begann ein lebhaftes Gespräch mit der Frau zu seiner Rechten.
»Ihr könnt ruhig mit mir sprechen, wirklich«, sagte ich. »Es steckt nicht an.«
Sie brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Ich bin Carmel«, sagte sie. »Wie geht es Euch, Prinz Corwin?«
»Ein hübscher Name«, erwiderte ich. »Und mir geht es gut. Was hat ein nettes Mädchen wie Ihr an einem solchen Ort zu suchen?«
Hastig trank sie einen Schluck Wasser.
»Corwin«, sagte Julian lauter als notwendig. »Ich glaube, die Lady findet dich aufdringlich und abstoßend.«
»Was hat sie denn mit dir heute abend schon geredet?« Er errötete nicht. Er wurde bleich.
»Das reicht jetzt aber!«
Ich reckte mich und
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