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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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umgehen.
    Was für eine Basis war das? Ich sah mich nach weiteren Gedächtnishilfen um.
    Da mir jedoch nichts anderes auffiel, hängte ich die Klinge wieder an die Wand und kehrte zum Tisch zurück. Als ich mich gesetzt hatte, beschloß ich, die Schubladen durchzusehen.
    Ich begann in der Mitte, arbeitete mich auf der linken Seite schubladenweise hoch und auf der anderen wieder hinab.
    Briefpapier, Umschläge, Briefmarken, Büroklammern, Bleistiftstümpfe, Gummibänder – die üblichen Sachen.
    Allerdings zog ich jede Schublade ganz heraus und nahm sie auf den Schoß, während ich den Inhalt untersuchte. Dahinter stand keine bewußte Absicht.
    Dieses Vorgehen gehörte vielmehr zu einer Ausbildung, die ich früher einmal erhalten hatte, eine Ausbildung, die mich veranlaßte, auch die Außenkanten und Unterseiten der Schubladen zu untersuchen.
    Eine Kleinigkeit entging mir fast, fiel mir dann aber doch noch im letzten Augenblick auf. Die Rückwand der rechten unteren Schublade war nicht so hoch wie die der anderen.
    Dies deutete auf etwas hin, und als ich mich niederkniete und in den Schreibtisch blickte, entdeckte ich ein kleines kastenähnliches Gebilde, das an der Oberseite festgemacht war.
    Es war eine weitere kleine Lade, ganz hinten befestigt, und sie war verschlossen.
    Ich mußte etwa eine Minute lang mit Büroklammern, Stecknadeln und einem Schuhanzieher aus Metall herumfummeln, den ich in einer anderen Schublade entdeckt hatte. Der Schuhanzieher brachte mich schließlich zum Ziel.
    Die kleine Schublade enthielt einen Packen Spielkarten.
    Der Karton trug eine Zeichnung, die mich auf den Knien erstarren und meinen Atem schneller gehen ließ, während mir der Schweiß auf die Stirn trat.
    Ein weißes Einhorn auf grünem Feld – auf den Hinterbeinen stehend, nach rechts gewandt.
    Ich kannte diese Zeichnung, und es schmerzte mich, daß ich keinen Namen dafür wußte.
    Ich öffnete die Schachtel und zog die Karten heraus. Sie bauten auf dem Tarock auf mit Zauberstäben, Drudenfüßen, Kelchen und Schwertern, doch die Großen Trümpfe sahen ganz anders aus.
    Ich schob beide Schubladen wieder zu, wobei ich die kleinere nicht verschloß. Dann erst setzte ich meine Untersuchung fort.
    Sie wirkten fast lebensecht, die Großen Trümpfe, bereit, durch die schimmernde Oberfläche zu treten. Die Karten fühlten sich ziemlich alt an, und es machte mir Freude, sie in der Hand zu halten.
    Plötzlich wußte ich, daß auch ich einmal ein solches Spiel besessen hatte.
    Ich begann die Karten auf der Schreibunterlage vor mir auszubreiten.
    Eine zeigte einen listig aussehenden kleinen Mann mit schmaler Nase, lachendem Mund und struppigem, strohfarbenem Haar. Er war in eine Art Renaissance-Kostüm der Farben Orange, Rot und Braun gekleidet. Er trug eine lange weite Hose und ein enggeschnittenes besticktes Wams. Und ich kannte ihn. Er hieß Random.
    Als nächstes die ruhigen Gesichtszüge Julians, dem das dunkelbraune Haar lang herabhing, dessen blaue Augen weder Leidenschaft noch Gefühl zeigten. Er war in eine schuppige weiße Rüstung gekleidet – nicht silbern oder metallisch gestrichen, sondern in einem Ton, der mich an Emaille erinnerte. Ich wußte allerdings, daß der Stoff sehr hart war und jedem Aufprall widerstand, trotz des dekorativen und herausgeputzten Aussehens. Er war der Mann, den ich bei seinem Lieblingsspiel besiegt hatte, woraufhin er mir ein Glas Wein ins Gesicht geschüttet hatte. Ich kannte ihn und haßte ihn.
    Dann kam das dunkelhäutige, dunkeläugige Gesicht Caines, von Kopf bis Fuß in schwarzen und grünen Samt gehüllt, darüber ein keck aufgesetzter Dreispitz, von dem ein grüner Federbusch zum Rücken herabhing. Er stand im Profil, einen Arm angewinkelt, und die Spitzen seiner Schnabelschuhe waren übertrieben aufgebogen. An seinem Gürtel blitzte ein smaragdbesetzter Dolch. Mein Herz war von zwiespältigen Gefühlen erfüllt.
    Und dann Eric. Auf jeden Fall gutaussehend, das Haar so dunkel, daß es fast blau wirkte. Der Bart kräuselte sich um den Mund, der immer lächelte, und er war schlicht in Lederjacke, enge Hosen und hohe schwarze Stiefel gekleidet, darüber ein einfacher Umhang. Er trug einen roten Schwertgurt mit einem langen silbernen Säbel, ein Rubin diente als Gürtelschnalle, und der Capekragen, der sich umseinen Kopf erhob, war rot eingefaßt, ebenso die Ärmel. Die Hände, deren Daumen in den Gürtel gehakt waren, sahen ausgesprochen kräftig und groß aus. Schwarze Handschuhe steckten

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