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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Zeit, bis sie bei dem großen Spiel mitmischte. Während unseres Gesprächs im Wäldchen war ich mir zuweilen vorgekommen wie die Schlange der Verführung – doch immerhin hatte sie ein Recht auf dieses Wissen. Früher oder später würde sie die Wahrheit erfahren, und je eher sie sie erkannte, desto eher konnte sie damit beginnen, ihre Verteidigung vorzubereiten. Es war also nur zu ihrem Vorteil.
    Natürlich war es möglich – und sogar wahrscheinlich –, daß ihre Mutter und Großmutter überhaupt nichts gewußt hatten von der eigenen Herkunft ...
    Und was hatte es ihnen genützt? Nach Daras Auskunft waren sie beide eines gewaltsamen Todes gestorben.
    War es möglich, daß der lange Arm Ambers aus den Schatten nach ihnen gegriffen hatte? Und daß er wieder zuschlagen wollte?
    Wenn er wollte, konnte Benedict so hart und rücksichtslos sein wie wir alle. Vielleicht sogar brutaler. Er würde kämpfen, um seine Familie zu schützen, würde zweifellos auch einen von uns töten, wenn er es für nötig hielt. Er hatte offenbar angenommen, daß es ausreichte, Daras Existenz geheimzuhalten und ihr die Wahrheit zu verschweigen – daß dieser Schutz für sie genügte. Er war sicher wütend auf mich, wenn er erfuhr, was ich getan hatte
    – ein weiterer Grund zur Eile. Doch ich hatte ihr nicht aus reiner Gemeinheit die Wahrheit gesagt. Ich wollte, daß sie mit dem Leben davonkam; war ich doch der Meinung, daß er bisher nicht den richtigen Weg eingeschlagen hatte. Wenn ich zurückkam, hatte sie bestimmt Zeit gefunden, die Situation zu überdenken. Sicher bestürmte sie mich dann mit vielen Fragen, und ich wollte die Gelegenheit nutzen, sie zur Vorsicht anzuhalten und ihr Gründe dafür zu nennen.
    Dies alles brauchte eigentlich nicht zu geschehen. War ich erst in Amber, sollte sich die Situation gründlich ändern. Es gab keine andere Möglichkeit ...
    Warum hatte bisher niemand eine Möglichkeit gefunden, die grundlegende Natur des Menschen zu verändern? Selbst die Auslöschung all meiner Erinnerungen und das neue Leben in einer neuen Welt hatte nur wieder zu demselben alten Gorwin geführt. Wenn ich nicht glücklich war mit dem, was ich darstellte, mochte ich wahrlich Grund zum Verzweifeln haben.
    An einer ruhigen Stelle des Flusses reinigte ich mich von Staub und Schweiß und dachte gründlich über die schwarze Straße nach, die meinen beiden Brüdern Schwierigkeiten gemacht hatte. Mir fehlten noch viele Informationen.
    Während des Bades lag Grayswandir in Reichweite. Ein Familienangehöriger vermag einem Verwandten durch die Schatten zu folgen, solange die Spur noch warm ist. Doch meine Wäsche blieb ungestört, wenn ich auch Grayswandir auf dem Rückweg dreimal einsetzen mußte, allerdings gegen weniger alltägliche Dinge als Brüder.
    Aber damit war zu rechnen gewesen, hatte ich doch das Tempo erheblich beschleunigt ...
    Es war noch dunkel, kurz vor Einsetzen der Morgendämmerung, als ich die Ställe hinter dem Landhaus meines Bruders erreichte. Ich kümmerte mich um Star, der zuletzt doch etwas nervös geworden war, redete ihm gut zu und beruhigte ihn, während ich ihn abrieb und ihm schließlich ausreichend Hafer und Wasser hinstellte. Ganelons Feuerdrache grüßte mich aus der benachbarten Box. Ich säuberte mich an der Pumpe im hinteren Teil des Stalls und versuchte mir darüber schlüssig zu werden, wo ich mich zum Schlafen niederlegen sollte.
    Ich brauchte dringend Ruhe. Ein paar Stunden Schlaf mochten mich für eine Weile wieder auf die Beine bringen, doch ich gedachte die Augen nicht unter Benedicts Dach zu schließen – so leicht wollte ich mich denn doch nicht hereinlegen lassen. Zwar hatte ich oft geäußert, ich wollte einst im Bett sterben; in Wirklichkeit wünschte ich aber in hohem Alter von einem Elefanten zertrampelt zu werden, während ich mich den Liebesfreuden hingab.
    Benedicts Alkohol gegenüber war ich weniger ablehnend eingestellt; ein kräftiger Schluck war geboten. Das Haus lag im Dunkeln; ich trat lautlos ein und tastete mich zur Kommode vor.
    Ich schenkte mir ein gutes Glas voll, leerte es, goß nach und ging zum Fenster. Von hier aus hatte ich einen großartigen Ausblick. Das Landhaus stand an einem Hang, und Benedict hatte die Umgebung geschickt gestalten lassen.
    »›Weiß liegt die lange Straße im Mondenschein‹«, zitierte ich, überrascht vom Klang meiner Stimme. »›Der Mond steht leer über dem Land ...‹«
    »Kann man wohl sagen. Kann man wohl sagen, Freund Corwin«,

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