Die Prinzen von Amber
recht schnell unüberwindlich wurde.
Auf den nächsten zwei Meilen suchte ich mir einen Weg vom Spätnachmittag zurück in die Mittagsstunde, die ich allerdings bewölkt hielt, denn ich wünschte mir nur das Licht des Mittags, nicht seine Hitze. Schließlich vermochte ich eine kleine Brise ausfindig zu machen.
Inzwischen mußte ich ständig gegen die Schläfrigkeit ankämpfen. Ich war in Versuchung, Ganelon zu wecken und unsere Flucht zunächst nur in die Entfernung gehen zu lassen, während er kutschierte und ich schlief.
Doch so früh wagte ich das nun doch nicht. Es gab noch zu viele Dinge zu tun.
Ich wünschte mir mehr Tageslicht, zugleich eine bessere Straße. Ich hatte den gottverdammten gelben Lehm satt, und ich mußte auch etwas an den Wolken verändern und durfte dabei nicht unser Ziel vergessen ...
Ich rieb mir die Augen und atmete mehrmals tief durch. Die Bilder in meinem Kopf begannen zu tanzen, und das ständige dumpfe Pochen der Pferdehufe und das Quietschen des Wagens begannen eine einschläfernde Wirkung auszuüben. Das Rucken und Schwanken nahm ich fast kaum noch wahr, die Zügel hingen mir locker in der Hand, und ich war schon einmal eingeschlummert und hatte sie zu Boden gleiten lassen. Zum Glück schienen die Pferde zu wissen, was ich von ihnen wollte.
Nach einer Weile erklommen wir einen langen, flachen Hang, der in einen Vormittag hineinführte. Der Himmel war inzwischen ziemlich dunkel, und es kostete mehrere Meilen und ein halbes Dutzend Kehren, die Wolkendecke etwas aufzulösen. Ein Unwetter konnte den Weg im Handumdrehen in einen Sumpf verwandeln. Bei dem Gedanken zuckte ich zusammen, ließ den Himmel in Ruhe und konzentrierte mich wieder auf die Straße.
Wir erreichten eine baufällige Brücke, die über ein ausgetrocknetes Flußbett führte. Am gegenüberliegenden Ufer war die Straße glatter und weniger gelb. Im Laufe der nächsten Stunde wurde sie noch dunkler, flacher, härter, und das Gras am Rain nahm eine frische grüne Farbe an.
Doch inzwischen hatte es zu regnen begonnen.
Ich kämpfte eine Zeitlang dagegen an, entschlossen, mein Gras und die dunkle, leichte Straße nicht aufzugeben. Der Kopf begann mir zu schmerzen, doch der Schauer endete eine Viertelmeile später, und die Sonne ließ sich wieder blicken.
Die Sonne ... o ja, die Sonne.
Wir ratterten weiter und kamen in ein kühles Tal, in dem wir schließlich eine weitere schmale Brücke überquerten. Diesmal zog sich in der Mitte des Flußbetts ein schmaler Wasserlauf hin. Längst hatte ich mir die Zügel um die Handgelenke gebunden, da ich immer wieder für kurze Perioden einschlief. Wie aus großer Entfernung kommend, begann ich mich zu konzentrieren, richtete mich auf, ordnete meine Eindrücke ...
Aus dem Wald zu meiner Rechten erkundeten die Vögel zögernd den Tag. Tautropfen hingen schimmernd an den Grashalmen, den Blättern. Ein kuhler Hauch machte sich in der Luft bemerkbar, und die Strahlen der Morgensonne fielen schräg zwischen den Bäumen hindurch.
Doch mein Körper ließ sich durch das Erwachen dieses Schattens nicht täuschen, und ich war erleichtert, als sich Ganelon endlich hinter mir reckte und zu fluchen begann. Wäre er nicht bald zu sich gekommen, hätte ich ihn wohl wecken müssen.
Ich hatte genug. Vorsichtig zupfte ich an den Zügeln. Die Pferde begriffen, was ich wollte, und blieben stehen. Ich leierte und zog die Bremse fest, da wir uns auf einer Steigung fanden, und griff nach der Wasserflasche.
»He!« sagte Ganelon, während ich trank. »Laßt mir auch einen Tropfen!«
Ich reichte ihm die Flasche nach hinten.
»Jetzt fahrt Ihr weiter«, sagte ich. »Ich muß schlafen.«
Er trank eine halbe Minute lang und atmete heftig aus.
»Gut«, sagte er, schwang sich über das Wagenbord auf die Straße. »Aber bitte noch einen Augenblick Geduld. Die Natur fordert ihr Recht.«
Er verließ die Straße, und ich kroch nach hinten auf die Ladefläche und streckte mich dort aus, wo er eben noch gelegen hatte. Den Mantel faltete ich mir zu einem Kissen zusammen.
Gleich darauf hörte ich ihn auf den Bock steigen, und es gab einen Ruck, als er die Bremse löste. Ich hörte, wie er mit der Zunge schnalzte und die Zügel aufklatschen ließ.
»Haben wir Morgen?« rief er mir zu.
»Ja.«
»Gut! Dann habe ich ja den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch geschlafen!«
Ich lachte leise.
»Nein – ich habe ein bißchen an den Schatten herumgeschoben«, sagte ich. »Ihr habt nur sechs oder sieben Stunden
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