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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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alles einen besonderen Glanz ab, als pulsierte es mit der Intensität der eigenen Farben, während es gleichzeitig zu flimmern begann, schwach, am Rande der Wahrnehmung. Dies löste in mir den Anflug eines Gefühls aus, ähnlich der emotionalen Anspannung vor einem Höllenritt.
    Und dann und dann und dann verschwand mit jedem Schritt meines Tieres ein Element aus der Welt um uns. Plötzlich begann eine Anpassung in der Beziehung von Objekten, untergrub meinen Sinn für Tiefe, vernichtete die Perspektive, veränderte die Anordnung der Gegenstände in meinem Gesichtsfeld, so daß alles seine gesamte Außenfläche darbot, ohne gleichzeitig eine vergrößerte Fläche in Anspruch zu nehmen: Winkel verzerrten sich, relative Größen hatten plötzlich etwas Lächerliches. Randoms Pferd wieherte und stieg auf die Hinterhand, mit schreckgeweiteten Augen, apokalyptisch, Gedanken an
Guernica
wachrufend. Und bestürzt erkannte ich, daß wir selbst von dem Phänomen nicht unberührt geblieben waren, daß Random, der mit seinem Tier kämpfte, und Ganelon, der Feuerdrache noch immer beherrschte, wie alle anderen von der kubistischen Raumvision überwältigt wurden.
    Aber Star war ein Veteran manches Höllenritts; auch Feuerdrache hatte schon viel durchgemacht. Wir klammerten uns im Sattel fest und spürten die Bewegungen, die wir auf anderem Wege nicht richtig zu erfassen vermochten. Und Random gelang es endlich, dem Pferd seinen Willen aufzuzwingen, obwohl sich die Umgebung beim Weiterreiten noch mehr veränderte.
    Als nächstes verschoben sich die Lichtwerte. Der Himmel wurde schwarz, nicht wie in der Nacht, sondern wie eine glatte, aber nichtreflektierende Fläche. Das gleiche traf auf gewisse Gebiete zwischen den Objekten zu. Das einzige Licht, das in der Welt verblieb, schien von den Gegenständen selbst auszugehen, und auch das wurde allmählich ausgebleicht. Verschiedene Weißschattierungen stiegen von den Ebenen der Existenz auf, und am hellsten von allen, immens, schrecklich anzuschauen, stieg plötzlich das Einhorn auf die Hinterhand, schlug mit den Vorderhufen durch die Luft und füllte etwa neunzig Prozent der ganzen Schöpfung mit dieser Zeitlupenbewegung, die uns meinem Gefühl nach vernichten mußte, wenn wir noch einen einzigen Schritt taten.
    Dann war nur noch das Licht da.
    Dann absolute Stille.
    Schließlich verblaßte auch das Licht, und nichts blieb zurück. Nicht einmal Schwärze. Eine Lücke im Dasein, die einen Sekundenbruchteil oder eine Ewigkeit lang geklafft haben mag ...
    Dann kehrte die Schwärze zurück und das Licht. Nur waren sie nun umgekehrt. Licht füllte die Zwischenräume, umriß Lücken, bei denen es sich um Gegenstände handeln mußte. Der erste Laut, den ich vernahm, war das Plätschern von Wasser, und ich erkannte irgendwie, daß wir neben der Quelle angehalten hatten. Als erstes spürte ich Stars Zittern. Dann roch ich das Meer.
    Dann kam das Muster in Sicht – oder ein verzerrtes Negativ davon ...
    Ich beugte mich vor, und weiteres Licht quoll um die Kanten der Dinge. Mit den Knien drängte ich Star sanft zum Weitergehen.
    Mit jedem Schritt kehrte nun etwas in die Welt zurück. Oberflächen, Abschattierungen, Farben ...
    Hinter mir hörte ich, wie die anderen ihre Tiere anspornten. Unter mir gab das Muster nichts von seinem Geheimnis preis, doch es gewann einen Zusammenhang, einen Bezug im Rahmen der umfassenden Neuformung der Welt ringsum.
    Auf unserem Weg den Hang hinab kehrte das Gefühl für Tiefe zurück. Das Meer, nun deutlich zu unserer Rechten sichtbar, erfuhr eine vermutlich rein optische Trennung vom Himmel, mit dem es offenbar vorübergehend zu einer Art Urmeer des Oben und Unten vereint gewesen war. Im Rückblick beunruhigend, doch im Augenblick unbemerkt. Wir bewegten uns einen steilen, felsigen Hang hinab, der seinen Anfang am Rand des Wäldchens zu nehmen schien, zu dem uns das Einhorn geführt hatte. Etwa hundert Meter unter uns befand sich eine völlig ebene Fläche, die aus festem, gewachsenem Fels zu bestehen schien – ungefähr oval, einige hundert Meter lang. Der Hang, auf dem wir uns befanden, schwang sich nach rechts und beschrieb einen weiten Bogen, eine Klammer, das ebene Oval halb einschließend wie die Tribünen einer Arena.
    Hinter dem rechten Vorsprung befand sich nichts – das heißt, das Land fiel steil zu jenem seltsamen Meer ab.
    Und die Entwicklung ging weiter. Die drei Dimensionen schienen sich endlich wieder zusammenzufügen. Die Sonne war jene

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