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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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riesige Kugel aus geschmolzenem Gold, die wir schon einmal gesehen hatten. Der Himmel war von einem dunkleren Blau, als wir es aus Amber kennen, und trug keine Wolken. Das Meer hatte sich in seinem Blauton angepaßt, unberührt von Segeln oder Inseln. Ich sah keine Vögel und hörte bis auf die Geräusche, die wir selbst verursachten, nichts. Eine unheimliche Stille lag über diesem Ort, diesem Tag. Im Brennpunkt meines plötzlich klaren Sehvermögens offenbarte das Muster endlich seine Spuren auf der Fläche unter uns. Zuerst hatte ich angenommen, es sei in das Gestein eingemeißelt, doch als wir näherkamen, erkannte ich, daß es darin enthalten war – rosagoldene Wirbel, wie Adern in einem exotischen Marmorgestein, natürlich wirkend trotz der offensichtlichen Absicht hinter dem Lauf der Linien.
    Ich zog die Zügel an, und die anderen verhielten neben mir ihre Pferde, Random zu meiner Rechten, Ganelon auf der anderen Seite.
    Lange betrachteten wir die Erscheinung, ohne ein Wort zu sagen. Ein dunkler Fleck mit ungleichmäßigen Rändern hatte ein Stück des Gebietes unmittelbar unter uns ausgelöscht, vom Außenrand zur Mitte verlaufend.
    »Weißt du«, sagte Random schließlich. »Das alles sieht aus, als hätte jemand den Gipfel Kolvirs abrasiert, mit einem Schnitt, der etwa in der Höhe der Verliese angesetzt wurde.«
    »Ja«, sagte ich.
    »Und wenn wir schon nach Kongruenz suchen – dann wäre das dort etwa die Stelle, wo unser eigenes Muster liegt.«
    »Ja«, sagte ich wieder.
    »Und der dunkle Fleck liegt nach Süden zu, von wo die Schwarze Straße kommt.«
    Langsam nickte ich, als das Verstehen kam und sich zur Gewißheit verhärtete.
    »Was bedeutet das aber?« fragte er. »Dies scheint dem wahren Stand der Dinge zu entsprechen, doch abgesehen davon verstehe ich die Bedeutung nicht. Warum hat man uns hergeführt und dieses Ding gezeigt?«
    »Es entspricht nicht dem wahren Stand der Dinge«, sagte ich. »Dies
ist
der wahre Stand der Dinge.«
    Ganelon wandte sich in unsere Richtung.
    »Auf jener Schatten-Erde, die wir besucht haben – auf der Welt, in der du so viele Jahre verbracht hattest –, hörte ich einmal ein Gedicht über zwei Straßen, die sich in einem Wald gabelten«, sagte er. »Es endete mit den Worten: ›Ich nahm die weniger befahrene, das machte den ganzen Unterschied‹. Als ich dies hörte, mußte ich an etwas denken, das du mir einmal gesagt hattest: ›Alle Straßen führen nach Amber‹. Ich machte mir Gedanken – damals wie jetzt – über den Unterschied, den unsere Entscheidung bringt, trotz der offensichtlichen Unausweichlichkeit des Ausgangs für Menschen eures Blutes.«
    »Du weißt es?« fragte ich. »Du verstehst es?«
    »Ich glaube schon.«
    Er nickte und hob den Arm.
    »Das ist das wirkliche Amber dort unten, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte ich. »Ja, das ist es.«
     

VIERTER ROMAN
Die Hand Oberons
     

1
    Ein hell lodernder Blitz der Erkenntnis, der zu jener absonderlichen Sonne paßte ...
    Dort lag es ... ausgebreitet in diesem Licht, ein Gebilde, das ich bis jetzt nur selbstleuchtend in abgedunkelter Umgebung gesehen hatte: das Muster, das große Muster von Amber hingestreckt auf einem ovalen Felsabsatz unter/über einem seltsamen Himmel-Meer.
    ... Vielleicht ließ mich das Element, das uns alle zusammenkettete, die Wahrheit erkennen – jedenfalls wußte ich, daß es sich um das einzig wirkliche Muster handelte. Woraus sich ergab, daß das Muster in Amber lediglich der erste Schatten dieses Musters war. Woraus sich ergab ...
    Woraus sich ergab, daß ganz Amber nur ein Schatten war, allerdings ein besonderer Schatten, denn das Muster wurde nicht an Orte versetzt, die außerhalb von Amber, Rebma und Tir-na Nog´th lagen. Mit anderen Worten: Der Ort, den wir hier erreicht hatten, war nach Priorität und Struktur das wirkliche Amber.
    Ich wandte mich zu einem lächelnden Ganelon um, dessen Bart und verfilztes Haar in der gnadenlosen Helligkeit verschmolzen wirkten.
    »Woher wußtest du das?« fragte ich.
    »Du weißt, daß ich zu mutmaßen verstehe, Corwin«, erwiderte er. »Ich erinnere mich an alles, was du mir über die Zusammenhänge in Amber verraten hast: wie seine Schatten und die eurer Mühen über die Welten geworfen werden. Bei meinen Überlegungen wegen der schwarzen Straße habe ich mich oft gefragt, ob nicht irgend etwas in der Lage war, einen solchen Schatten auch nach Amber selbst hineinzuwerfen. Dabei kam ich zu dem Ergebnis, daß ein solches Etwas eine

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