Eine königliche Affäre
1. KAPITEL
Cassie war ungeheuer erleichtert, dass sie es geschafft hatte, sich zwei Stunden lang erfolgreich hinter den massiven Säulen und üppigen Topfpflanzen, die den Palast von Aristo zierten, zu verbergen. Und damit gleichzeitig jede Begegnung mit der Presse und Sebastian Karedes zu vermeiden.
Doch dann stand sie ihm plötzlich von Angesicht zu Angesicht gegenüber.
Ihr Herzschlag stockte, als ihre Blicke sich begegneten. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, brachte aber kein einziges Wort hervor. Während verräterische Röte in ihre Wangen stieg, fragte sich Cassie, ob Sebastian überhaupt ahnte, wie oft sie sich in den letzten sechs Jahren vor diesem Moment gefürchtet hatte.
„Cassie …“ Seine tiefe Stimme streichelte ihre Haut wie kostbarer Samt, und Cassie spürte, wie sich ihre empfindlichen Nackenhärchen aufrichteten. „Ich habe dich nur per Zufall entdeckt. Wie lange bist du schon da?“
Verlegen befeuchtete sie ihre Lippen mit der Zungenspitze. „Ich … bereits den ganzen Abend über“, stammelte sie verwirrt.
„Verstehe …“
Cassie wandte den Blick zur Seite und wunderte sich, wie man mit so wenigen Buchstaben so viel sagen konnte. Ein einziges Wort, das tiefstes Unbehagen und Misstrauen ausdrückte und noch etwas, das sie nicht interpretieren konnte.
„Und was tust du hier? Ich kann mich nicht erinnern, deinen Namen auf der offiziellen Gästeliste gesehen zu haben.“
Es … es ist Teil meines Bewährungsprogramms“, gestand sie widerstrebend und spürte, wie sie erneut rot wurde. „Ich habe nach meiner … Haftentlassung einen Job im Waisenhaus angenommen und arbeite bereits seit elf Monaten dort.“
Als er nicht gleich antwortete, zwang Cassie ihren Blick zurück zu Sebastians Gesicht und wünschte bereits in der nächsten Sekunde, sie hätte es nicht getan. Um seinen gut geschnittenen Mund spielte ein sardonisches Lächeln.
„ Du kümmerst dich um Kinder ?“
Cassie straffte die Schultern und hob das Kinn. „Ja, und ich genieße jeden einzelnen Tag mit ihnen. Heute Abend bin ich zusammen mit einigen anderen Pflegern und Lehrern dieser Einrichtung hier. Sie haben darauf bestanden, dass ich mitkomme.“
Ein weiteres, lastendes Schweigen zerrte an Cassies Nerven. Sie hätte alles darum gegeben, einfach wegbleiben und sich genau diese Szene ersparen zu können. In den letzten Stunden hatte sie sich wie ein Proband in einem brisanten, gefährlichen Spiel gefühlt, dessen Regeln sie nicht kannte und dessen Ausgang völlig ungewiss war. Und sich jetzt Sebastians kritischem, abschätzigem Blick ausgesetzt zu sehen, machte es ihr unmöglich, gefasst und unbefangen zu bleiben, wie sie es sich im Fall einer Begegnung mit dem Kronprinzen von Aristo geschworen hatte.
Nervös spielte sie mit den winzigen Perlen ihres Armbands, dem einzigen Erinnerungsstück an ihre Mutter, als könne ihr das die nötige Kraft geben, die nächsten Minuten zu überstehen, ehe sie sich endlich davonstehlen konnte.
„Nun, dann …“, murmelte Sebastian, immer noch mit diesem ironischen Lächeln auf den Lippen. „Als königlicher Schirmherr der sozialen Einrichtung, in der du jetzt tätig bist, hätte ich eher vermutet, du würdest dich angesichts eurer beachtlichen Leistung zusammen mit deinen Kollegen stolz in die erste Reihe stellen. Stattdessen versteckst du dich …“
Cassie schob ihr Kinn noch ein Stück weiter vor. „Um der Presse, die mich auf Schritt und Tritt verfolgt, Gelegenheit für ein Exklusivfoto und ein Interview zu geben? Nein danke! Nicht, bevor meine Bewährungszeit vorbei ist.“
Sebastians dunkle Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Ich bin überrascht, dass du ihnen deine Geschichte nicht längst verkauft hast, aber vielleicht ist es ja gut, dass wir uns vorher getroffen haben und ich dir noch einen Rat geben kann. Ein einziges Wort über unsere … frühere Verbindung, und ich sorge dafür, dass du dahin zurückkehrst, wo du nach der Meinung eines Großteils der Bevölkerung hingehörst … ins Gefängnis. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?“
Cassie fühlte sengende Wut in sich aufsteigen. „Absolut!“, presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Himmel! Wie sie den arroganten Kerl in diesem Moment hasste! Die Ungerechtigkeit, die sie in den letzten Jahren hatte erleiden müssen, war schlimm genug. Aber von Sebastian derart verurteilt und bedroht zu werden, erschien ihr unerträglich. Aber solange sie nur auf Bewährung draußen war,
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