Die Prinzen von Amber
natürlich nicht, was all das Gerede letztlich bewirkt hat, außer daß sie zum Schluß nicht mehr ganz so selbstsicher zu sein schien ...«
»Zum Schluß?« fragte ich. »Was soll das heißen? Wie lange war sie denn bei dir?«
»Fast eine Woche«, antwortete er. »Sie sagte, sie wolle sich um mich kümmern, bis ich wieder gesund sei – und das tat sie auch. Sie blieb sogar einige Tage länger. Sie sagte, sie wolle nur ganz sicher gehen, doch in Wirklichkeit wollte sie wohl unser Gespräch fortsetzen. Dann verkündete sie aber doch, sie müsse weiter. Ich bat sie, bei mir zu bleiben, doch sie lehnte ab. Ich bot ihr an, sie zu begleiten, aber auch das war ihr nicht recht. Dann muß sie erkannt haben, daß ich ihr folgen wollte, denn sie schlich sich während der Nacht davon. Ich konnte nicht auf der schwarzen Straße reiten und hatte keine Ahnung, welchen Schatten sie auf ihrem Wege nach Amber als nächsten aufsuchen würde. Als ich am nächsten Morgen erwachte und erkannte, daß sie fort war, spielte ich eine Zeitlang mit dem Gedanken, selbst nach Amber zu gehen. Aber ich hatte noch immer Angst. Möglicherweise hatten einige der Dinge, die sie mir erzählt hatte, meine Befürchtungen wieder aufleben lassen. Wie dem auch sein mag – jedenfalls beschloß ich, in den Schatten zu bleiben. Ich ritt weiter, sah mich um, versuchte zu lernen – bis Random mich fand und mir sagte, ich solle nach Hause kommen. Doch zuerst brachte er mich hierher, damit ich dich kennenlernte; er wollte, daß du vor allen anderen meine Geschichte hörtest. Ich hoffe, ich habe dir helfen können.«
»Ja«, sagte ich. »Vielen Dank.«
»Wie ich gehört habe, hat sie das Muster dann doch beschritten.«
»Ja, das hat sie geschafft.«
»Und hinterher hat sie sich als Feindin Ambers zu erkennen gegeben.«
»Auch das.«
»Ich hoffe«, sagte er, »daß sie das alles ohne Schaden übersteht. Sie war nett zu mir.«
»Sie scheint durchaus in der Lage zu sein, auf sich aufzupassen«, sagte ich. »Aber ... ja, sie ist ein liebenswertes Mädchen. Ich kann dir keine Versprechungen hinsichtlich ihrer Sicherheit machen, da ich im Grunde noch zu wenig über sie weiß, auch über ihre Rolle bei den Ereignissen. Dein Bericht hat mir jedenfalls geholfen ... Er läßt sie als ein Mensch erscheinen, dem ich noch immer so weit wie möglich entgegenkommen würde.«
Er lächelte.
»Das freut mich zu hören.«
Ich zuckte die Achseln.
»Was hast du jetzt vor?« fragte ich.
»Ich bringe ihn zu Vialle«, sagte Random. »Später will ich ihn den anderen vorstellen, je nach Zeit und Gelegenheit. Es sei denn, es hat sich etwas ergeben und du brauchst mich sofort.«
»Es hat sich in der Tat etwas ergeben«, sagte ich, »aber ich brauche dich trotzdem nicht. Allerdings sollte ich dich informieren. Ich habe noch ein bißchen Zeit.«
Während ich Random die Ereignisse seit seiner Abreise schilderte, dachte ich über Martin nach. Soweit es mich betraf, war er noch immer eine unbekannte Größe. Seine Geschichte mochte stimmen – ich hatte sogar das Gefühl, daß sie der Wahrheit entsprach. Andererseits ahnte ich, daß sie nicht vollständig war, daß er absichtlich etwas ausgelassen hatte. Vielleicht etwas Harmloses. Vielleicht aber auch nicht. Eigentlich hatte er keinen Grund, uns zu lieben. Ganz im Gegenteil. Mit ihm mochte Random ein Trojanisches Pferd nach Amber bringen. Wahrscheinlich sah ich nur Gespenster. Es ist nur leider so, daß ich niemandem traue, solange es noch eine Alternative gibt.
Jedenfalls konnte nichts von den Dingen, die ich Random erzählte, gegen uns verwendet werden, und ich bezweifelte doch sehr, daß Martin uns großen Schaden zufügen konnte, wenn er es darauf anlegte. Nein, wahrscheinlich war er nur ebenso vorsichtig wie wir alle, und aus etwa denselben Gründen: Angst und .Selbsterhaltungstrieb bestimmten sein Handeln. Einer plötzlichen Eingebung folgend, fragte ich ihn: »Bist du hinterher noch einmal mit Dara zusammengekommen?«
Er errötete. »Nein«, sagte er etwas zu hastig. »Nur das einemal.«
»Ich verstehe«, erwiderte ich. Random war ein zu guter Pokerspieler, um dieses Signal zu übersehen; so hatte ich uns eine schnelle Bestätigung verschafft um den geringen Preis, daß ein Vater gegenüber seinem lang verlorenen Sohn mißtrauisch wurde.
Ich brachte die Sprache wieder auf Brand. Als wir gerade dabei waren, unsere psychopathologischen Beobachtungen zu vergleichen, spürte ich plötzlich das leise Kribbeln und das
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