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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Irgend etwas an dir scheint zu glühen.«
    Ich trat einen Schritt vor.
    »Oberon!« rief der Baum. »Ich kenne dein Juwel.«
    »Nicht Oberon«, erwiderte ich. »Ich bin sein Sohn. Allerdings bin ich in seinem Auftrag unterwegs.«
    »Dann nimm meinen Ast und meinen Segen noch dazu. Ich habe deinem Vater an manchem seltsamen Tag Schutz geboten. Er hat mich gepflanzt, weißt du.«
    »Wirklich? Einen Baum pflanzen – das ist eines der wenigen Dinge, die ich Vater niemals habe tun sehen.«
    »Ich bin kein normaler Baum. Er pflanzte mich hier ein als Zeichen für die Grenze.«
    »Welche Grenze?«
    »Ich bin das Ende des Chaos und der Ordnung – je nachdem, von welcher Seite man mich sieht. Ich kennzeichne eine Trennung. Hinter mir gelten andere Regeln.«
    »Welche Regeln?«
    »Wer vermag das zu sagen. Ich jedenfalls nicht. Ich bin nur ein wachsender Turm intelligenten Holzes. Mein Stock mag dir jedoch Trost spenden. Eingepflanzt vermag er in seltsamen Gegenden Wurzeln zu schlagen. Vielleicht aber auch nicht. Wer weiß das schon? Nimm ihn jedenfalls mit, Sohn Oberons, an jenen Ort, zu dem du unterwegs bist. Ich spüre ein Unwetter nahen. Leb wohl!«
    »Leb wohl«, sagte ich. »Und danke.«
    Ich machte kehrt und folgte dem Weg in den dichter werdenden Nebel hinab. Allmählich ließ der rosa Schimmer nach. Ich schüttelte beim Gedanken an den Baum den Kopf, doch schon auf den nächsten paar hundert Metern wurde der Weg so uneben, daß mir der Stock gute Dienste leistete.
    Dann klarte es etwas auf. Felsen, ein stiller See, etliche traurige kleine Bäume, mit Moosstreifen bekränzt, ein Fäulnisgeruch ... ich eilte vorbei. Von einem der Bäume aus beobachtete mich ein dunkelgefiederter Vogel.
    Während ich ihn noch anblickte, stieg das Tier auf und flatterte gemächlich auf mich zu. Da die jüngsten Ereignisse mich etwas vogelscheu gemacht hatten, duckte ich mich, als das Tier meinen Kopf umkreiste. Schließlich landete es aber vor mir auf dem Weg, legte den Kopf auf die Seite und betrachtete mich mit dem linken Auge.
    »Ja«, verkündete der Vogel. »Du bist es.«
    »Wer?« fragte ich.
    »Der Mann, den ich begleiten werde. Du hast doch nichts dagegen, daß ein Vogel des bösen Omens dir folgt, oder, Corwin?«
    Ich lachte. »Im ersten Augenblick will mir nicht einfallen, wie ich dich daran hindern sollte. Wie kommt es, daß du meinen Namen kennst?«
    »Ich habe seit dem Anbeginn der Zeit auf dich gewartet, Corwin.«
    »Das muß aber recht langweilig gewesen sein.«
    »So langweilig ist das nicht gewesen. Zeit ist das, was man daraus macht.«
    Ich setzte meinen Marsch fort. Ich ging an dem Vogel vorbei und blieb nicht wieder stehen. Sekunden später zuckte er an mir vorüber und landete rechts von mir auf einem Felsen.
    »Ich heiße Hugi«, sagte er. »Wie ich sehe, trägst du ein Stück des alten Ygg bei dir.«
    »Des alten Ygg?«
    »Der eingebildete alte Baum, der da am Eingang zu diesem Ort steht und es nicht zuläßt, daß man sich auf seinenÄsten ausruht. Bestimmt hat er ordentlich geschrien, als du das Ding da abgeschlagen hast.« Der Vogel lachte schrill.
    »Er hat sich sehr zurückgehalten.«
    »Und ob! Aber schließlich blieb ihm nicht viel übrig, nachdem es bereits geschehen war. Wirst schon nichts davon haben.«
    »Das Ding ist mir sehr nützlich«, widersprach ich und schwang den Stock in seine Richtung.
    Flatternd wich er zurück. »He! Das war nicht komisch!«
    Ich lachte. »Ich dachte aber, es wäre komisch.«
    Ich ging an ihm vorbei.
    Endlos führte der Weg durch eine Sumpfzone. Gelegentliche Windstöße ließen den Nebel aufreißen und zeigten mir den weiteren Weg. Von Zeit zu Zeit glaubte ich Musikfetzen zu hören – ich wußte nicht, aus welcher Richtung –, eine langsame und irgendwie feierliche Melodie, die von Instrumenten mit Stahlsaiten gespielt wurde.
    Plötzlich wurde ich von links angerufen: »Fremder! Bleib stehen und sieh mich an!«
    Irritiert kam ich der Aufforderung nach. In dem verdammten Nebel sah ich aber kaum die Hand vor Augen.
    »Hallo!« rief ich. »Wo bist du?«
    In diesem Augenblick öffneten sich die Nebelbänke einen Augenblick lang, und ich erblickte einen riesigen Kopf, dessen Augen in gleicher Höhe waren wie die meinen. Sie schienen zu einem Riesenkörper zu gehören, der bis zu den Schultern im Morast versunken war. Der Kopf war kahl, die Haut hell wie Milch und von felsiger Struktur. Im Kontrast dazu wirkten die Augen vermutlich dunkler, als sie es wirklich waren.
    »Jetzt

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