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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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sah ihn mächtige Windstöße und Hagelschauer heraufbeschwören, die uns vernichtend trafen. Am liebsten hätte ich geweint. Dies alles zu einer Zeit, da er sich noch hätte läutern können, indem er sich auf unsere Seite stellte. Es genügte ihm wohl nicht mehr, einfach nur zu siegen. Er mußte diesen Sieg für sich selbst erringen und nach seinen eigenen Vorstellungen. Und ich? Ich hatte versagt. Ich hatte ein Muster gegen das Chaos errichtet, was ich mir niemals zugetraut hätte. Und doch würde meine Tat nichts bedeuten, wenn die Schlacht verloren war und Brand zurückkehrte, um das Muster auszulöschen. Meinem Ziel so nahe zu sein und dann doch einen Fehlschlag zu erleiden ... Ich spürte den Drang, »Ungerechtigkeit« zu brüllen, obwohl ich wußte, daß sich das Universum nicht nach meinen Vorstellungen von Fairneß richtete. Ich knirschte mit den Zähnen und spuckte Dreck aus, der mir zwischen die Lippen geraten war. Mein Vater hatte mir den Auftrag gegeben, das Juwel zum Schlachtfeld zu bringen. Beinahe hätte ich es geschafft.
    Plötzlich kam mir etwas seltsam vor. Etwas erforderte meine Aufmerksamkeit. Was?
    Die Stille.
    Der Sturm tobte nicht mehr, der Donner war verstummt. Die Luft stand still, und sie fühlte sich angenehm frisch an. Und ich wußte, daß auf der anderen Seite meiner geschlossenen Lider Licht strahlte.
    Ich öffnete die Augen. Ich erblickte einen Himmel aus einem hellen, einheitlichen Weiß. Ich blinzelte und drehte den Kopf. Rechts von mir befand sich etwas ...
    Ein Baum. An der Stelle, an der ich den vom alten Ygg abgeschnittenen Stock stehengelassen hatte, befand sich ein Baum. Schon war er größer als der ursprüngliche Stab. Ich glaubte förmlich zu sehen, wie er wuchs. Und er war grün von Blättern und weiß von vereinzelten Knospen; einige Blüten hatten sich bereits geöffnet. Aus dieser Richtung trug die Brise einen schwachen, angenehmen Duft herbei, der mich irgendwie tröstete.
    Ich betastete meinen Körper. Ich schien ohne Rippenbrüche davongekommen zu sein, während mein Unterleib höllisch schmerzte von dem Tritt, den ich erhalten hatte. Ich rieb mir die Augen und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar. Seufzend stemmte ich mich auf ein Knie hoch.
    Den Kopf drehend, sah ich mich um. Das Plateau war das alte – aber auch wieder nicht. Es war noch immer kahl, doch nicht mehr abweisend und öde. Vermutlich eine Folge der Beleuchtung. Nein, es stand mehr dahinter ...
    Ich hatte meine Drehung fortgesetzt, bis ich schließlich den ganzen Horizont abgesucht hatte. Es war doch nicht derselbe Ort, an dem ich meine Wanderung durch das Muster begonnen hatte. Es gab feine wie auch grobe Unterschiede: veränderte Felsformationen, eine Senke, wo zuvor eine Erhebung gewesen war, eine andere Maserung des Gesteins unter mir und in meiner Nähe, in der Ferne so etwas wie Mutterboden. Ich stand auf und glaubte plötzlich aus unbestimmter Richtung Meeresgeruch wahrzunehmen. Diese Welt fühlte sich ganz anders an als die, in die ich geklettert war – es schien so lange her zu sein. Die Veränderungen waren zu tiefgreifend, als daß sie allein von dem Unwetter stammen konnten. Ich fühlte mich an etwas anderes erinnert.
    In der Mitte des Musters stehend, setzte ich die Inspektion meiner Umgebung fort. Beinahe gegen meinen Willen schien meine Verzweiflung zu verfliegen und einem Gefühl der »Erfrischung« – ja, das schien mir irgendwie das richtige Wort zu sein – Platz zu machen. Die Luft war so sauber und süß, und die Szene wirkte irgendwie neu und unberührt auf mich. Ich ...
    Natürlich! Es war die Umgebung des Ur-Musters. Ich wandte mich dem Baum zu, der inzwischen weiter gewachsen war, und betrachtete ihn von neuem. Ähnlich – und auch wieder nicht ... Etwas Neues lag in der Luft, im Boden, im Himmel. Dies war eine neue Welt. Ein neues Ur-Muster. Dann war alles ringsum die Folge des Musters, in dem ich stand.
    Plötzlich ging mir auf, daß ich mehr empfand als nur Belebung. Es war ein Gefühl der Freude, ein Hochgefühl, das mich durchströmte. Ich befand mich an einem sauberen, frischen Ort, der irgendwie auf mich zurückging.
    Die Zeit verstrich. Ich stand einfach nur da und beobachtete den Baum, ich sah mich um und genoß die Euphorie, die von mir Besitz ergriffen hatte. Hier lag auf jeden Fall eine Art Sieg – bis Brand zurückkehrte und ihn mir nahm.
    Plötzlich war ich wieder ganz nüchtern. Ich mußte Brands Plan vereiteln, ich mußte diesen Ort schützen. Ich befand

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