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Die Prinzen von Amber

Titel: Die Prinzen von Amber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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diesem geschichtslosen Ort von mir verzehrt zuwerden? Wie auch immer, in Anbetracht der Übertreibung, zu der Moralisten neigen, war es nur passend, daß er unter dramatischem Donnern verspeist worden war, nachdem er es nicht geschafft hatte, mir das Herz wegen meines seelischen Zustands schwerzumachen ... Donner tobte in der Ferne, in der Nähe, lauter und immer lauter. Als ich mich noch einmal in diese Richtung wandte, waren die Blitze blendend grell. Ich umklammerte meine Kette und machte einen weiteren Schritt ...
    Das Unwetter schob sich bis an den Rand meines Musters vor und teilte sich dann. Es begann um mich herumzukriechen. Kein Tropfen fiel auf mich oder das Muster.
    Doch allmählich wurden wir von der Erscheinung völlig eingehüllt.
    Ich hatte den Eindruck, als befände ich mich in einer Luftblase auf dem Boden eines stürmischen Meeres. Wassermauern schlossen mich ein, dunkle Gestalten huschten vorbei. Es wollte mir scheinen, als dränge das gesamte Universum heran in dem Bestreben, mich zu zermalmen. Ich konzentrierte mich auf die rote Welt des Juwels. Links ...
    Die Kastanienblüten ... Eine Tasse heißen Kakaos in einem Straßen-Café ... Ein Konzert in den Gärten der Tuilerien, die Töne in der sonnenhellen Luft perlend aufsteigend ... Berlin in den Zwanziger Jahren, der Pazifik in den Dreißigern – auch dort hatte es Freuden gegeben, doch von anderer Art. Es mochte sich nicht um die wahre Vergangenheit handeln, doch um Bilder der Vergangenheit, die herbeieilen, um uns, Mensch oder Nation, später zutrösten oder zu quälen. Egal. Über den Pont Neuf und die Rue de Rivoli hinab, Busse und Kutschen ... Maler vor ihren Staffeleien in den Luxembourg-Gärten ... Wenn alles gut wurde, mochte ich mir eines Tages einen Schatten dieser Art suchen ... er stand auf gleicher Höhe mit meinem Avalon. Ich hatte viel vergessen ... Die Einzelheiten ... Die Farbtupfer, die das Leben ausmachen ... Der Geruch der Kastanien ...
    Ausschreiten ... Ich vollendete eine neue Schleife. Der Wind heulte, und das Unwetter brauste weiter, doch ich blieb davon unberührt. Solange ich mich davon nicht ablenken ließ, solange ich in Bewegung blieb und mich auf das Juwel konzentrierte ... Ich mußte durchhalten, durfte nicht aufhören, meine langsamen, vorsichtigen Schritte zu machen, durfte nicht innehalten, langsamer und immer langsamer gehend, doch ständig in Bewegung ... Gesichter ... Es kam mir vor, als starrten Reihen von Gesichtern von außerhalb auf das Muster ... Groß wie der Riesenkopf, doch verzerrt – grinsend, spöttelnd, mich verhöhnend, darauf wartend, daß ich innehielt oder einen falschen Schritt machte ... Darauf wartend, daß sich meine kleine Welt auflöste ... Hinter ihren Augen und in ihren Mündern zuckten Blitze, ihr Lachen war das Donnern ... Schatten krochen zwischen ihnen ... Jetzt sprachen sie zu mir, in Worten wie ein Sturm, der über einen weiten dunklen Ozean herbeitobte ... Ich würde es nicht schaffen, redeten sie mir ein, ich würde versagen und davongeschwemmt werden, dieses Bruchstück von Muster würde hinter mir zerschmettert und aufgezehrt werden ... Sie verfluchten mich, sie spuckten und erbrachen sich in meine Richtung, wobei ich unbehelligt blieb ... Vielleicht waren sie in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ... Vielleicht hatte die Anstrengung mich den Verstand gekostet ... Was nützten dann meine Mühen? Ein neues Muster, von einem Wahnsinnigen geformt? Ich geriet ins Schwanken, und die Wesen brüllten im Chor, mit den Stimmen der Elemente im Chor: »Verrückt! Verrückt! Verrückt!«
    Ich atmete tief ein, genoß den Rest des Rosendufts und dachte erneut an Kastanien und an Tage voller Lebensfreude und organischer Ordnung. Die Stimmen schienen leiser zu werden, als meine Gedanken über die Ereignisse jenes glücklichen Jahres dahinhuschten ... Und ich machte einen weiteren Schritt ... Und noch einen ... Sie hatten meine Schwächen ausgenutzt, sie spürten meine Zweifel, meine Angst, meine Erschöpfung ... Was immer sie waren, sie nahmen, was sie erblickten, und versuchten es gegen mich zu benutzen ... Links ... rechts ... Nun aber sollten sie mein Selbstvertrauen spüren und dahinschwinden, redete ich mir ein. Ich habe es bis hierher geschafft. Jetzt mache ich auch weiter. Links ...
    Sie schwollen an und umwirbelten mich und setzten ihre entmutigenden Äußerungen fort. Ich aber brachte einen weiteren Abschnitt des Bogens hinter mich und sah das Muster vor meinem inneren Auge weiter

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