Die Prinzen Von Irland
einen sicheren Ort in Dyflin gibt, dann ist’s das Kloster Eures Onkels«,
entgegnete Morann.
»Und
Caoilinn… sie wird vermutlich in der Stadt sein.«
»Herr
des Himmels«, platzte Morann heraus, »was in aller Welt kann ein nutzloser
Feigling wie Ihr für Caoilinn schon tun? Nicht mal vor einer Maus könntet Ihr
sie retten.« Er holte tief Luft und sagte etwas freundlicher und sachlicher:
»Wenn’s um Sieche und Sterbende geht, dann seid Ihr wunderbar, Osgar. Ich habe
Euch beobachtet. Lasst mich Euch zurückbringen an den Ort, wo man Euch dringend
braucht. Tut das, wofür Euch Gott erschaffen hat, und überlasst mir das Retten
von Menschen.«
»Ich
glaube wirklich…«, begann Osgar, doch der Kunstschmied schnitt ihm entschlossen
das Wort ab.
»Nicht
eine Meile weiter nehm’ ich Euch in meinem Wagen mit.« Und bevor Osgar noch ein
Wort sagen konnte, schwang sich Morann wieder auf den Fuhrkarren, wendete und
setzte sich in die Richtung, aus der sie gekommen waren, in Bewegung.
Längs
des Weges begegneten sie keinem Menschen mehr. Die Soldaten, die das Vieh
geraubt hatten, waren verschwunden. Das Gesinde des Hofs hatte die Leiche des
erstochenen Bauern inzwischen ins Haus zurückgeschleppt. In der Ferne konnten
sie bereits das kleine Kloster erkennen, wo sie die Nacht über Halt gemacht
hatten, als Osgar den Goldschmied bat, anzuhalten.
»Ich
glaube, Ihr habt Recht«, sagte er reumütig. »Das dort ist der Ort, wohin ich
mich begeben sollte. Man scheint mich dort zu brauchen. Setzt mich also ab, und
ich werde von hier aus zu Fuß weitergehen. Je früher Ihr nach Dyflin gelangt,
desto besser.« Dann machte er eine Pause. »Würdet Ihr mir aber eines
versprechen? Könntet Ihr einen Abstecher nach Rathmines machen? Es liegt auf
Eurem Weg. Werft einen Blick in den Hof und seht nach, ob sich vielleicht
Caoilinn dort befindet und irgendwelche Hilfe braucht. Könntet Ihr das für mich
tun?«
»Ja«,
nickte Morann, »das kann ich machen.«
Osgar
war gerade zu Boden gesprungen, als ihm plötzlich ein Gedanke kam.
»Gebt
mir die Decke.«
Achselzuckend
warf Morann sie ihm herab.
»Wunderbar.«
Nun zog sich Osgar seine Mönchskutte aus und wickelte sich die Decke um die
Schultern. Dann warf er die Kutte zu Morann hinauf. »Zieht sie an«, rief er.
»Sie könnte Euch eine Hilfe sein, nach Dyflin hineinzugelangen.«
* * *
Die Flammen und der
Rauch, die vor den Toren Dyflins aufstiegen, waren von Stunde zu Stunde mehr
geworden, aber sie waren nicht Zeichen von Zerstörung, sondern sie kamen von
den großen Wachfeuern, die die Männer aus Munster in ihrem Lager auf dem freien
Feld zwischen den Stadtwällen und dem offenen Gelände am Thingmount entfacht
hatten.
Caoilinn
blickte ängstlich in ihre Richtung und fragte sich, was sie tun sollte, als sie
plötzlich die zwei Männer auftauchen sah. Sie fragte sich, ob die ihr
vielleicht helfen konnten.
Sie
war am Abend zuvor hierher nach Rathmines gekommen. Sobald sie von der Schlacht
bei Gien Mama gehört hatte, ließ sie ihre Kinder bei ihrem Bruder in Dyflin
zurück und ritt zu ihrem Hof hinaus, um auf ihren Mann zu warten, falls er auf
diesem Weg zurückkehren sollte. Sie hatte Brians Männer vorüberziehen sehen und
auch einige aus der geschlagenen Armee, die sich heimwärts schleppten. Obwohl
das riesige Lager der Munstermänner außerhalb der Mauern lag, standen die
Stadttore von Dyflin offen. Ständig strömten dort Menschen ein und aus. Doch
von Cormac war nichts zu sehen gewesen.
Das
Gehöft lag ein Stück weit von der Hauptstraße entfernt am Ende eines eigenen
Zufahrtswegs. Sie hatte gehofft, einige Leute ihres Gesindes hier anzutreffen,
aber offenbar hatten sich alle aus Furcht vor Brians Truppe aus dem Staub
gemacht. Caoilinn hatte all ihren Mut zusammengenommen und die Nacht hier
allein verbracht. Falls ihr Gemahl doch noch hier einträfe, sollte er das Haus nicht
gänzlich verlassen vorfinden.
Und
sie tat gut daran.
Denn
er kam wirklich. Hätte sie sein Pferd nicht wiedererkannt, so hätte sie, als er
vor ihren Füßen zu Boden sank, nicht erraten, dass die zerlumpte, mit Blut
verschmierte Gestalt der Mann war, den sie liebte. Seine Wunden sahen
entsetzlich aus. Nur Gott wusste, welch gewaltige Willenskraft ihn überhaupt
auf seinem Pferd gehalten hatte. Sie hatte ihm auf die Beine geholfen, ihn
gegen das Hoftor gelehnt und einige seiner Wunden gereinigt und verbunden. Er
hatte leise gestöhnt und ihr damit zu verstehen gegeben, dass er wusste,
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