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Die Prinzen Von Irland

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Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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er.
    »Warum
nicht?«
    »Das
ist nicht mein Wagen. Er gehört dem Kloster.« Dabei zeigte er auf Osgar. »Das
Kloster in Dyflin, zu dem ich diesen braven Mönch gerade bringe.« Er blickte
den Soldaten ruhig an. »Ich glaube nicht, dass König Brian es wünschen würde,
dass ihr dem Kloster seinen Wagen wegnehmt.«
    Der
Soldat überlegte. Seine Blicke musterten Osgar eingehend, und schließlich
schien er zu dem Schluss zu kommen, dass dieser tatsächlich ein Mönch war. Er
nickte bedächtig.
    »Führt
ihr irgendwelche wertvollen Dinge mit?«
    »Nein.«
Morann machte ein zuversichtliches Gesicht. Abgesehen von einigen Silbermünzen,
die er im Futter seiner Kleider verborgen trug, hatte er tatsächlich nichts bei
sich.
    »Sie
lügen!«, schrie plötzlich der Kerl mit den Zahnlücken. Seine Augen machten
einen leicht irren Eindruck. »Lasst mich sie durchsuchen.«
    »Du
tust, was man dir gesagt hat, und hilfst uns das Vieh zu treiben«, herrschte
der Soldat ihn an. Dann nickte er Morann zu: »Fahr weiter.«
    Sie
setzten ihren Weg über die Landstraße fort. Die Reiter und ihr Vieh blieben
immer weiter zurück. Morann brummte mit einem bitteren Grinsen: »War doch gut,
dass ich Euch dabei hatte.« Sie fuhren eine kleine Anhöhe hinauf und machten
gerade auf ihrem Gipfel Halt, als in der Ferne dicker Rauch in den Himmel
quoll. Nach der Richtung zu urteilen, konnte er nur von Dyflin kommen. Morann
schüttelte den Kopf und blickte Osgar leicht zweifelnd an. Aber er fuhr weiter.
    Nur
wenige Augenblicke später war hinter ihnen der Lärm galoppierender Pferdehufe
zu vernehmen. Osgar wandte sich um. Zu seiner Überraschung sah er, dass es der
schmächtige Kerl mit den faulen Zähnen war. Er schien geradewegs auf sie
zuzujagen. Offenbar war er den Soldaten entwischt. Der Bursche kam immer näher,
und zu Osgars Entsetzen zückte er ein Schwert. Seine Augen stierten noch irrer
als bei der ersten Begegnung. »Jetzt zieht das Schwert«, hörte er Morann mit
ruhigem, doch bestimmtem Ton sagen. Aber obwohl er Morann deutlich verstanden
hatte, blieb Osgar reglos sitzen. Er schien wie erstarrt zu sein. Morann stieß
ihn ungeduldig in die Seite. »Gleich stürzt er sich auf Euch. Los, zieht das
Schwert.«
    Aber
er tat immer noch nichts. Der Reiter war nur noch wenige Schritte entfernt.
Morann hatte Recht. Er holte zum Schlag aus. »Um Gottes willen, verteidigt
Euch«, schrie Morann. Osgar fühlte das Schwert in seiner Hand. Aber seine Hand
rührte sich nicht.
    Er
hatte keine Angst. Das war das Sonderbare. Es war nicht Angst, was ihn lähmte.
In jenem Moment war es ihm fast gleichgültig, ob der Kerl zuschlug. Denn wenn
er ihm selbst einen Hieb versetzte, würde er den Angreifer vermutlich töten.
Und das Einzige, was er wusste, war, dass er entschlossen war, nicht noch
einmal einen Menschen zu töten. Er wollte nichts mehr damit zu tun haben. Nie
und nimmermehr.
    Als
Morann ihm das Schwert aus der Hand riss, spürte er es kaum. Er bemerkte
lediglich, wie Moranns kräftiger linker Arm einen Moment gegen seine Brust
schlug, als sich der Goldschmied mit seinem Körper schützend vor den seinen
warf und auf ihren Angreifer einstieß. Dann hörte er das Klirren von Stahl
gegen Stahl, fühlte, wie sich Moranns Körper mit jähem Ruck verdrehte, und
vernahm darauf einen entsetzlichen Schrei, während der dürre Kerl von seinem
Pferd stürzte. Im nächsten Moment stieg Morann über ihn hinweg, sprang vom
Wagen und rammte dem Verwundeten sein Schwert in die Brust.
    Der
Mann lag auf dem Boden. Aus seinem Mund schäumte Blut. Morann wandte sich ab
und fuhr Osgar fluchend an:
    »Was
habt Ihr Euch nur gedacht? Wegen Euch hätten wir beide jetzt tot sein können.
Bei Gott, Ihr seid gleichermaßen nutzlos für Mensch und Tier. Ihr seid wohl der
größte Feigling, der je geboren wurde.«
    »Es
tut mir Leid.« Was hätte er sonst sagen können? Wie hätte er erklären können,
dass er keine Angst gehabt hatte? Und was hätte dies geändert? Osgar wusste es
kaum selbst.
    »Ich
hätte Euch nicht mitnehmen sollen«, schrie der Goldschmied. »Ich hätte es nicht
gegen meinen Willen tun sollen. Ihr seid keine Hilfe für mich, verdammter Mönch,
und Ihr seid eine Gefahr für Euch selbst.«
    »Wenn
es noch einmal passiert…«, hörte Osgar sich mit schwacher Stimme sagen.
    »Noch
einmal? Ein nächstes Mal wird’s nicht geben.« Morann hielt inne, dann erklärte
er unerbittlich: »Ihr kehrt wieder um.«
    »Aber
ich kann nicht. Meine Familie…«
    »Wenn
es

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