Die Prinzen Von Irland
mächtigen lokalen Familie befanden, die
gefügig gemacht werden musste, so waren sie doch so reich, dass sie
kampferprobte Männer anheuern konnten oder vielleicht sogar eine reguläre
Mannschaft bewaffneter Gefolgsmänner besaßen. Wenn Brian Boru sich gleich beide
Söhne des Abts als Geiseln nahm, so hieß dies, dass er der Familie und ihrem
kleinen Kloster eine Bedeutung beimaß, auf die sein Vorfahre Fergus stolz
gewesen wäre.
Der alte Mann fragte
Morann, ob er vorhabe, sich in die Stadt zu begeben, und der Goldschmied nickte
kurz.
»Die Ostmänner sind
diejenigen, die man als die wahren Feinde betrachtet«, meinte der Abt. »Aber
auch wenn du kein Ostmann bist, mein Sohn, so bist du in Dyflin doch kein
Unbekannter – auch nicht im Habit eines Mönchs!« , fügte er ironisch hinzu.
»Ich weiß nicht, was sich die Munstermänner dabei denken werden. An deiner
Stelle würde ich mich aus der Stadt lieber fernhalten.«
Morann
dankte ihm für seinen Rat, den er jedoch nicht befolgen konnte. »Ich werde auf
der Hut sein«, versprach er; dann ließ er seinen Wagen im Kloster zurück und
ging zu Fuß in die Stadt hinunter.
Er
hatte erwartet, dass er niedergerissene Zäune, vielleicht hie und da ein
abgebranntes Strohdach erblicken würde; aber es sah ganz danach aus, als hätten
sich die Einwohner in kluger Weise ohne Widerstand in ihr Schicksal gefügt.
Soldaten bummelten durch die Straßen. Die Gasse der Fish Shambles war überfüllt
von Karren voller Lebensmittel, und der Umstand, dass in vielen der kleinen
Gärten Schweine und Kühe zu sehen waren, deutete darauf hin, dass die Besatzer
tatsächlich weit über Weihnachten hinaus zu feiern gedachten. Viele der Häuser
waren offensichtlich von Munstermännern beschlagnahmt worden, und Morann fragte
sich, was mit seinem eigenen wohl geschehen war. Schließlich hatte er Harolds
Frau gesagt, sie solle in seiner Abwesenheit mit ihrer Familie dort einziehen.
Als
er sein Gartentor erreichte, sah er zwei bewaffnete Männer an seinem Zaun
lehnen, einer davon sichtlich betrunken. Der Schmied wandte sich also an den
anderen und erkundigte sich, ob die Frau zu Hause sei.
»Das
Weib des Ostmanns, mit den Kindern?«
Morann
nickte. Der Kerl zuckte mit den Schultern.
»Die
haben sie alle weggeführt. Zum Quai hinunter, nehme ich an.«
»Und
was hat man mit ihnen vor?«, fragte Morann.
»Sie
zu verkaufen. Als Sklaven«, sagte er grinsend. »Frauen und Kinder. Das ist mal
was anderes, dass zur Abwechslung ein paar von den Ostmännern verkauft werden,
anstatt dass man uns verkauft. Und jeder Einzelne von uns, der für König Brian
gekämpft hat, wird seinen Anteil bekommen. Diesmal gehen wir alle mit gefüllten
Taschen nach Hause.«
Morann
zwang sich ebenfalls zu einem Grinsen. Aber insgeheim verfluchte er sich. Hatte
er dieses Unglück nicht über die Familie seines Freundes gebracht, weil er sie
überredet hatte, ihren Hof zu verlassen und sich in den Schutz von Dyflin zu
begeben?
Seine
erste Eingebung war, zum Holzquai hinunterzugehen und zu versuchen, sie zu
finden, aber ihm wurde rasch bewusst, dass dies unklug sein könnte; außerdem
war noch nicht klar, wie er ihnen helfen konnte. Zuerst musste er noch mehr
herausfinden. Daher begab er sich als Nächstes zum Haus von Caoilinns Vater und
erzählte ihm, wo sich seine Tochter befand.
»Brians
Leute sind bereits hier gewesen«, berichtete der alte Kaufmann. Caoilinns Mann,
erklärte er, hätten sie bereits in seiner Abwesenheit wegen seines Tributs
taxiert. »Er hat zweihundert Stück Vieh zu zahlen und einen ältesten Sohn als
Geisel zu stellen«, sagte er betrübt. »Ich selbst habe bereits die Hälfte von
meinem Silber und den gesamten Schmuck meiner Frau verloren. Und was Euch
betrifft«, warnte er den Kunstschmied, »wenn diese Munstermänner
dahinterkommen, wer Ihr wirklich seid, dann wird’s Euch wie dem Rest von uns
ergehen.«
Als
Morann ihm von seiner Sorge um Harolds Familie erzählte, konnte der ältere Mann
ihm auch keine Zuversicht einflößen. Unten am Quai seien bereits mehrere
hundert Leute, zumeist Frauen und Kinder, unter strenger Bewachung in einem
riesigen umzäunten Lager zusammengesperrt. Und jeden Tag brächten sie noch mehr
hinunter. Er riet Morann, sich diesem Ort im Augenblick nicht zu nähern.
Kurz
nachdem er sich von dem Kaufmann verabschiedet hatte, begab sich Morann dennoch
vorsichtig zum Holzquai hinunter. Die Sklavenmärkte wurden stets mit Nachschub
von Menschen versorgt, die eine
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