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Die Prinzen Von Irland

Die Prinzen Von Irland

Titel: Die Prinzen Von Irland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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wer
sie war und dass er sich wieder zu Hause befand. Aber er konnte kaum sprechen.
Und nachdem sie das wenige, was sie tun konnte, für ihn getan hatte, überlegte
sie sich gerade, wie sie ihn zu dem Haus ihres Bruders in Dyflin schaffen
könnte oder ob sie ihn hier allein lassen sollte, während sie Hilfe holen ging.
Da sah sie die beiden Männer über den kleinen Weg auf das Gehöft zukommen.
    Es
waren zwei Soldaten aus Brian Borus Armee. Sie machten einen freundlichen
Eindruck und traten zu ihr in den Hof. Der eine von ihnen warf einen Blick auf
Cormac und schüttelte den Kopf.
    »Ich
glaube, der schafft’s nicht mehr.«
    »Nein«,
bestätigte der andere. »Der hat keine Chance.«
    »Bitte
sagt so etwas nicht!«, flehte sie die Fremden an. »Er kann euch vielleicht
hören.«
    Die
beiden Männer wechselten einige Blicke. Der eine von ihnen, der einen höheren
Rang innezuhaben schien, hatte ein breites, rundes Gesicht und ergriff
schließlich das Wort.
    »Dann
machen wir ihn fertig, oder?«, fragte er heiter.
    »Wenn
du meinst«, sagte der andere.
    Sie
hatte das Gefühl, ihr Herz blieb stehen.
    »Wir
könnten ihn aber auch erst abstechen, nachdem wir sie genommen haben.
Vielleicht hat er Lust, dabei zuzusehn.« Dann wandte sich der Rundgesichtige an
sie. »Na, was meinst du?«
    Panische Angst
durchfuhr sie. Sie konnte schreien – aber niemand würde sie hören. Wenn sie
doch nur eine Waffe hätte! Die beiden hatten Schwerter und würden sie töten,
aber sie wollte lieber kämpfend sterben. Suchend blickte sie sich um.
    Natürlich!
Cormac, ihr Mann, hatte ein Schwert. Von der Stelle, wo er am Hofeingang
lehnte, starrte er sie unverwandt an, als versuchte er, ihr etwas zu sagen.
Dass er eine Waffe hatte? Dass es auch ihm lieber war, wenn sie beide kämpfend
zugrunde gingen? Dass er auf keinen Fall bereit war, einfach zuzusehen, wie sie
vergewaltigt wurde? Ja, dachte sie, das war die einzige Möglichkeit.
    Sie
setzte zu einem Sprung an, um zu ihm hinzustürzen, aber die Soldaten hielten
sie fest. Sie umfassten ihre Hüfte. Caoilinn konnte sich nicht mehr bewegen. Da
hörte sie vom Weg her jemanden rufen. Sie schrie.
    Im
nächsten Moment tauchte zu ihrer großen Verblüffung ein Mönch im Hoftor auf –
und in seiner Hand blitzte ein gezücktes Schwert.
    * * *
    Es war Moranns Idee,
Caoilinn und ihren Mann in das kleine Familienkloster zu bringen. »Dort wird
man ihn gut versorgen, und unter dem Schutz der Mönche würdet Ihr sicherer sein
als an jedem anderen Ort, den ich mir denken kann.« Er wünschte, er könnte den
zweiten Soldaten noch verfolgen. Den Kerl mit dem Mondgesicht hatte er tödlich
verwundet, aber zu seinem Bedauern war es dem anderen gelungen, sich aus dem
Staub zu machen.
    Osgars
Onkel nahm die beiden liebevoll bei sich auf und war voller Stolz auf seinen
Neffen, als Morann ihnen allen auf taktvolle Art erzählte, dass er es nur Osgar
zu verdanken hatte, bis hierher gelangt zu sein. Auch der Abt wusste eine Fülle
von Neuigkeiten zu berichten. Obwohl er allmählich alt und gebrechlich wurde,
hatten die aufregenden Ereignisse der letzten Tage seine Lebensgeister neu
erweckt. Ja, bestätigte er, Brian Boru befinde sich tatsächlich innerhalb von
Dyflins Mauern. »Und er hat vor, die ganze Weihnachtszeit hier zu verbringen.«
Die Schlacht von Gien Mama sei für Leinster eine Katastrophe gewesen. Es habe
ungeheuer viele Tote gegeben, und immer noch träfen ständig neue Verwundete
ein. Der König von Dyflin sei gen Norden nach Ulster geflohen, aber man habe
ihm Suchtrupps auf die Fersen gesetzt. Zwar habe Brian Boru an den Einwohnern
von Dyflin keine blutige Rache verübt, ihnen aber gewaltige Tributzahlungen
abverlangt. »Weiß Gott, er hat sie ausgenommen. Nicht weniger als eine
Wagenladung Silber hat er von jedem Haus abgeholt.« War dies auch sicherlich
übertrieben, so war Morann dennoch froh, dass er seine eigenen Wertgegenstände
in Sicherheit gebracht hatte. Auch hatte der König von Munster keine Zeit
verloren und der eroberten Provinz seine politische Autorität aufgezwungen.
»Den König von Leinster hat er bereits in der Hand, und von jedem
Provinzhäuptling, von jeder Kirche und auch von jedem Kloster nimmt er sich
Geiseln. Sogar meine zwei eigenen Söhne hat er genommen«, fügte der Alte mit
einigem Stolz hinzu. Es war nämlich nicht ungewöhnlich, dass Könige auf diese
Art auch von den großen Klöstern Tribut forderten. Denn selbst wenn sich diese
Klöster nicht in den Händen einer

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