Die Prinzen Von Irland
war völlig ahnungslos und
betrachtete entgeistert die Szene, die sich seinen Augen bot.
* * *
Drei Wochen später
wurden Harold und Caoilinn in Dyflin vermählt. Auf Harolds Vorschlag war es
eine christliche Zeremonie, nachdem sich der Bräutigam mit größter Freude zuvor
von Osgar, dem Vetter der Braut, der auch die Trauung durchführte, hatte taufen
lassen. Kurz vor der Trauung hatte Osgar der Braut heimlich einen kleinen
Hirschhornring zugesteckt. Trotz vieler neuerlicher Bitten übernahm Osgar nicht
das Amt des Abts im Familienkloster, sondern er zog es vor, in den Frieden
seines geliebten Glendalough zurückzukehren. Dort schuf er ein weiteres
illustriertes Evangeliar, das wiederum ein prachtvolles Werk wurde, aber nicht
die Kühnheit, die Inspiration des Evangeliars hatte, das in der Schlacht verloren
gegangen war.
* * *
Erst allmählich wurde
den Menschen die wahre Bedeutung der Schlacht von Clontarf bewusst. Sie hatte
erstens gezeigt, wie groß die strategische Bedeutung des reichsten Hafens der
Insel war. Obwohl diese Stadt nie ein Stammes– oder religiöses Zentrum gewesen
war, wusste nun jeder, dass der Besitz von Dyflin mit seinem Handel und seinen
Befestigungsanlagen für die Herrschaft über ganz Irland entscheidend war,
während der Besitz des alten Tara als Machtzentrum nur noch symbolische Bedeutung
hatte.
Zweitens
– und bedauerlicherweise – stellte die Schlacht von Clontarf für Irland
beileibe keinen glänzenden Triumph, sondern eine verpasste Chance dar. Denn
obwohl Brian Boru die Schlacht eindeutig gewonnen hatte, verlor er dabei auch
sein Leben. Die Nachfahren seiner Enkel, die O’Briens, sollten später zu großem
Ruhm gelangen; aber seine unmittelbaren Nachfolger erwiesen sich als unfähig,
ganz Irland unter ihrer Macht zu vereinen und zu halten, wie es dem alten König
für kurze Zeit gelungen war. Zwanzig Jahre später fiel die Hochkönigswürde zwar
wieder an die O’Neill–Könige von Tara zurück, aber sie war und blieb nur noch
ein rein zeremonieller Schatten der Königsherrschaft des Brian Boru.
Das
ungeeinte Irland sollte genau wie die zersplitterte keltische Insel der
archaischen Zeit stets verwundbar bleiben.
Somit
hatte Brian Boru gewonnen, aber zugleich verloren; der Norweger Harold und die
Keltin Caoilinn wurden, obwohl sie keineswegs ineinander verliebt waren, ein
glückliches, weil sinnenfrohes Paar. Der christliche Kunstschmied Morann starb,
nachdem er eine heidnische Vorwarnung erhalten hatte, wie ein Held im Kampf;
und der Mönch Osgar tötete einen hinterhältigen Schurken, auch wenn er nicht
begriff, warum.
VI
STRONGBOW
1
~ 1167 ~
Die Invasion, die acht Jahrhunderte lang Leid
über Irland bringen sollte, begann an einem sonnigen Herbsttag im Jahre des
Herrn 1167. Drei Schiffe erreichten die kleine, im Süden gelegene Hafenstadt
Wexford.
Noch hatte niemand
den beiden jungen Männern, die gemeinsam rasch von Bord gingen, gesagt, dass
sie an der Eroberung Irlands durch die Engländer teilnahmen. Sie wären höchst
erstaunt gewesen. Der eine war ein irischer Priester, der nach Hause
zurückkehrte, und der andere hatte sich, obwohl er dem englischen König zur
Treue verpflichtet war, sein Lebtag nicht als Engländer bezeichnet.
Zeitgenössische
irische Chronisten schrieben von der Invasion der Sachsen – damit meinten sie
die Engländer – an diesem Tag, ungeachtet der Tatsache, dass drei Jahrhunderte lang
der größte Teil der Nordhälfte Englands von dänischen Wikingern besiedelt war.
Später sollten Historiker von der Ankunft der Normannen sprechen. Aber auch das
ist nicht ganz richtig. Denn obwohl das englische Königreich 1066 von Wilhelm
von der Normandie erobert wurde, war es – über seine Enkelin – an König
Heinrich II., der zu der Plantagenet–Dynastie aus dem französischen Anjou
gehörte, übergegangen.
Wer waren also diese
Leute – abgesehen von dem irischen Priester –, die an diesem sonnigen Herbsttag
mit den drei Schiffen in Wexford eintrafen? Waren sie Sachsen, Wikinger, Normannen, Franzosen? Eigentlich waren sie überwiegend Flamen;
und ihre Heimat war Südwales.
* * *
Der gut aussehende junge Priester war
begeistert.
»Peter, du musst mir
versprechen, sobald diese Sache abgeschlossen ist, meine Familie zu besuchen.
Ich weiß, es wird sie freuen, dich willkommen zu heißen«, sagte er.
»Es wird mir eine
Freude sein.«
»Meine Schwester muss
jetzt ungefähr zwölf Jahre alt sein. Sie war ein hübsches, lebhaftes Kind,
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