Die Prinzen Von Irland
als
ich von zu Hause wegging.«
Peter FitzDavid
lächelte in sich hinein. Nicht zum ersten Mal hatte sein irischer Freund die
Vorzüge seiner Schwester gepriesen oder darauf hingewiesen, dass sie wohl eine
stattliche Aussteuer haben werde.
Peter FitzDavid war
ein ausnehmend attraktiver junger Mann. Sein hellbraunes Haar war kurz
geschnitten, und er trug einen schmalen, exakt geschnittenen Bart. Er hatte
blaue, weit auseinander stehende Augen und ein eckiges, kräftiges Kinn. Ein
freundliches Soldatengesicht.
Soldaten müssen
tapfer sein, aber Peter konnte, als er sich anschickte, an Land zu gehen, eine
leichte Beklommenheit nicht verhehlen. Er fürchtete nicht so sehr, getötet oder
verstümmelt zu werden, sondern dass er sich blamieren könnte. Ihm klang noch das
Echo der Worte seiner Mutter im Ohr, als das Schiff sich schon der irischen
Küste näherte. Sie hatte sich den letzten Penny für sein Pferd und die
Ausrüstung abgespart. »Gott sei mit dir, mein Sohn«, hatte sie ihm zum Abschied
gesagt. »Doch kehre nicht mit leeren Händen zurück.« Dann lieber tot, dachte
er.
Peter FitzDavid war
jetzt zwanzig Jahre alt. Sein Kettenhemd, das ihm der Vater vererbt hatte und
das für ihn geändert worden war, war frei von Rost, und
wenn es auch nicht gerade strahlte, so schimmerte es zumindest. Und er besaß nur
wenig mehr, als er am Leibe trug.
Er war Flame. Sein
Großvater Henry war aus Flandern gekommen, aus diesem Land der Handwerker,
Kaufleute und Abenteurer, das in den satten Ebenen zwischen Nordfrankreich und
Deutschland liegt. Wie viele Flamen nach der normannischen Eroberung war er
durch ganz Britannien gezogen. Henry war einer jener flämischen Einwanderer
gewesen, denen Land auf der im Südwesten gelegenen Halbinsel Wales zugesprochen
wurde; wegen ihrer ergiebigen Minen und Steinbrüche wollten die neuen
normannischen Könige sie unter ihre Kontrolle bringen. Doch die Besiedlung von
Wales war nicht problemlos verlaufen. Die stolze keltische Prinzessin des
Landes hatte sich den Besatzern nicht umstandslos unterworfen.
Peters
Familienmitglieder waren keine bedeutenden »tenants in chief« – keine
Kronvasallen des Königs – mit vielen Landbesitzungen. Sie waren Vasallen seiner
Vasallen. Ihre bescheidenen Äcker waren alles, was sie besaßen. Und als Peters Vater
David gestorben war, verloren sie davon noch zwei Drittel. Was übrig geblieben
war, reichte gerade aus, um Peters Mutter und seine beiden Schwestern zu
ernähren.
»Du wirst auf nichts
zurückgreifen können, mein armer Junge«, hatte sein Vater gesagt. »Auf nichts
außer auf die Liebe deiner Familie, dein Schwert und den guten Namen, den ich
dir hinterlasse.«
Als Peter fünfzehn
war, hatte ihm sein Vater alles beigebracht, was er über Kriegskunst wusste,
und Peter erwies sich als ein begnadeter Fechter. Und da er seinen Vater geliebt
hatte, liebte er auch seinen Namen. Ebenso wie im keltischen Irland der
Bestandteil des Namens »Mac« »der Sohn des« bedeutete, verhielt es sich mit dem
normannischen »Fitz«. Sein Vater hieß David FitzHenry; und er war stolz, Peter
FitzDavid zu heißen. Und nun war es an der Zeit, dass er als Söldner sein Glück
machte.
Nachdem
Peter FitzDavid sein Elternhaus in Wales verlassen hatte, führte ihn der Weg
zuerst in die große englische Hafenstadt Bristol, wo sein Vater einst einen
Kaufmann gekannt hatte.
»Nach meinem Tod«,
hatte der Vater Peter geraten, »solltest du ihm einen Besuch abstatten.
Vielleicht kann er etwas für dich tun.«
Bristol lag mehr als
hundert Meilen entfernt auf der anderen Seite der gewaltigen Flussmündung des
breiten Severn, der schon immer das sächsische vom keltischen Britannien trennte.
Als er nach einem
Fünf–Tage–Ritt abends Bristol erreichte, erschien ihm die Stadt wie eine
Offenbarung. Peter hatte in Wales einige eindrucksvolle steinerne Burgen
gesehen und manches große Kloster, doch nie zuvor eine richtige Stadt. Er spazierte
eine Weile durch die geschäftigen Straßen, bis er das Haus fand, nach dem er
suchte. Es hatte ein Steintor, einen mit Kopfstein gepflasterten Hof, der von
Gebäuden mit hölzernen Giebeln umgeben war, und eine schöne Eingangshalle mit einem
hohen Dach. Der Freund seines Vaters, das erkannte Peter auf den ersten Blick,
musste ein sehr reicher Mann sein.
Noch unsicherer wurde
der Flame, als er von einem Diener in die Halle geführt wurde und bemerkte,
dass der Kaufmann nicht genau wusste, wer er war. Er durchlebte einige
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