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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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du meine Haare zusammengefegt hast. Ich gebe dir zwei Dollar, weil man den Eindruck hatte, es hat dir richtig Spaß gemacht. Was sagst du dazu? Du sagst Vielen Dank. Was sage ich? Schau mich an. Schau nicht in die Kasse. Da gibt’s nichts zu sehen. Schau mich an. Du sagst Vielen Dank und ich sage Nein, nein, nein. Danke dir, Bruder. Sehr gute Arbeit.«
Uhr kaufen
Schokolade kaufen
Haare schneiden lassen
eine vernünftige, coolere Jeans besorgen
Steri-Strips entfernen
bei Gianni’s zwei köstliche Stück Pizza holen/essen
um 13:10 Uhr, zum Spiel Mets gegen Yankees zu Hause sein, wenn alle zusammen im Wohnzimmer sitzen
    Wie lange brauchen Neuigkeiten von der Straße bis ins Gefängnis? Man liest Briefe. Man telefoniert (abgehörte R-Gespräche von maximal fünfzehn Minuten Länge). Man hat Träume und Alpträume. Man steht in der Schlange vor dem Knastkiosk, um noch eine Dose Fertigsuppe zu kaufen, schaut auf und entdeckt einen Typen aus dem Viertel, mit dem man in die sechste Klasse gegangen ist und der den kleinen Kindern früher immer ihre Slurpees geklaut hat, und sagt: Hey! Was geht ab? Seit wann bist du hier? Und zu Hause, alles klar so weit?
    Und er: Hast du’s noch nicht gehört?
    Und wie lange brauchen Nachrichten aus den Zellen bis auf die Straße, von Fishkill bis nach Queens? Falsche Frage. Interessiert eh keinen … Ja, ja, heul nur.
    V on allen Läden in der Queens Center Mall hat das Kaufhaus Macy’s die größte Auswahl, die meisten Klamotten, den meisten Schmuck, die meisten Ausgänge zur Straße, das meiste Gratis-Zeug beim Kauf von irgendwas, die meisten Sicherheitsleute, die meisten Frauen mit dem meisten Make-up, die den Vorbeigehenden das meiste Parfum innen auf die Handgelenke sprühen, die meisten Kameras, die meisten Kunden, die meisten schreienden Babys, die meisten Isabels, die meisten Kosmetikspezialistinnen, das meiste von allem. Und genau hier, in diesem die Mall dominierenden Megaladen, zieht sich Tariq eine Rocawear-Jeans (68 Dollar) aus dem Regal und geht damit in eine der zahlreichen Umkleidekabinen.
    Ein junges teigiges Mädchen mit rosa Haaren bewacht den Zugang zu den Kabinen. Sie faltet ein Button-down-Hemd nach dem anderen. Ein Metallring steckt in ihrer Lippe, hängt ihr am Mund wie ein Türklopfer. Alter und ethnische Herkunft, denkt Tariq, spielen ihm in die Hände. Bezüglich der pinken Haare und des Lippenpiercings ist er sich nicht so sicher. Er befürchtet, dass sie zu der Sorte Frauen gehört, deren Lebensinhalt es ist, sich nicht beeindrucken zu lassen, die Horrorfilme gucken, und wenn sie ihre Geburtstagsgeschenke auspacken, Kaugummiblasen platzen lassen und mit den Augen rollen. Das braucht er nicht. Seine Agenda sieht keine unter triebene Reaktion vor. Nachdem sie mit den Hemden durch ist, wendet sich das Mädchen einer Reihe Khakihosen zu, faltet sie Saum auf Saum. Das ist ihr Job. Sie legt die Kleidungsstücke zusammen, die kein Schwein haben will. Jemand anderes holt dann alles ab und legt es zurück in die Regale. Als Tariq sich ihrem Tisch nähert, reicht ihm das rosahaarige Mädchen eine Karte mit einer 1 drauf und führt ihn zu einer der hinteren Kabinen.
    »Vielen Dank«, sagt er, weil man immer höflich sein sollte.
    In der Kabine kniet er sich hin, das Gesicht Richtung Osten. Oder zumindest dorthin, wo hoffentlich Osten ist. Er betet, erst zum zweiten Mal heute. Allah führt etwas im Schilde und Tariq führt etwas im Schilde, und für Letzteren besteht die Aufgabe darin, dafür zu sorgen, dass beider Pläne nicht böse über Kreuz laufen. Da nun aber geschrieben steht, Allah ist der beste Listenschmied, muss Tariq die eigene List Seiner List unterjubeln, so dass daraus eine List in der List wird.
    Er probiert die Rocawear-Jeans an, die am Saum die Sneaker teilweise verdecken, genau wie es sein soll. In einer perfekten Welt säße die Jeans nicht ganz so eng. Aber in einer perfekten Welt hätte ihm die Strafanstalt Fishkill auch einen Gürtel mitgegeben. Er beäugt sich im Spiegel, dreht sich hierhin und dorthin, um seinen Hintern zu bewundern. Sieht gut aus, denkt er – was auch deswegen gut ist, weil dieses Körperteil zu denen gehört, die Isabel immer gemocht hat.
    Er schlüpft aus der Kabine und betritt die nebenan, die vollkommen identisch aussieht: der gleiche Spiegel, der gleiche Teppichboden, das gleiche Holzbänkchen, die gleichen vanillefarbenen Wände. Er schaut nach oben zu den Deckenlampen. Er fragt sich, ob darin wohl eine

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