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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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jeweils seitlich an ihm vorbei. Sie drücken sich Funkgeräte an die Ohren, und die breiten, ehrlichen Gesichter sind mit einem gigantischen Grinsen gepflastert.
    Wer fällt schon auf Schokolade herein? Niemand. Schon gar nicht, wenn man nah genug rangeht. Aber wer geht schon nah genug ran? Wer hält schon die Nase an die braune, mit Nussstückchen durchsetzte Schmiere an den Wänden?
    Aber das ist es ja noch nicht mal. Tariq weiß, dass diese ganzen Gestalten – das rosahaarige Mädchen, die stiernackigen Sicherheitsmänner, jeder einzelne der verbitterten Angestellten des Macy’s-Kaufhauses, der hier an einem herrlichen Samstagmorgen im Spätfrühling eingeschlossen ist, Reklamationen entgegennimmt, Türen anstarrt, Rollen mit Pennies in Registrierkassen zerschlägt, Hosen und Hemden zusammenlegt, die niemand will –, dass sie alle danach gieren, an eine mit Scheiße beschmierte Umkleidekabine zu glauben. So dass diese Männer und Frauen am Abend, wenn sie ausgestempelt haben, nach Hause gehen können und vorm Haus ein Bier trinken, im Astoria Park eine Tüte rauchen oder einfach auf dem Francis Lewis Boulevard im Kreis fahren und zu ihren Freunden sagen können: Nun ratet mal, was heute bei der Arbeit Irres passiert ist.
    Ein Schwarzer mit einer großen braunen Einkaufstüte geht Richtung Ausgang, und Tariq passt es so ab, dass sie im exakt selben Moment die Tür aufstoßen. Alarm wird ausgelöst, es piept. Rote Lampen blinken. Der Schwarze bleibt stehen. Tariq nicht.
    W eil er vom Frisör noch überall braune und graue Haare im Gesicht hat und weil diese Haare nach dem schweißtreibenden Ausflug ins Einkaufszentrum sich wie wimmelnde, mit den Kiefern schnappende Feuerameisen anfühlen und weil er nicht zu Hause aufkreuzen kann, wenn er aussieht wie ein Penner, der sich ständig im Gesicht kratzt, geht Tariq zum Travers Park und hält dort den Kopf unter die Sprinkler. Um ihn herum hüpfen und tanzen Kinder durchs Wasser, aber Tariq steht still da und säubert sich für Isabel. Seine Körpertemperatur senkt sich. Wasser spritzt ihm in die Augen, füllt den offen stehenden Mund.
    Erfrischt setzt er sich auf eine Bank in die Sonne – was für ein herrlicher Tag! – und reißt sich die Steri-Strips vom Gesicht. Jedes Mal, wenn er an einem zerrt, zerrt seine Backe zurück. Er rollt die Streifen zwischen den Fingern zu einer Kugel zusammen und schnipst sie weg, als würde er Popel verschießen.
    Zwei kleine weiße Jungen beobachten ihn. Sie rennen nicht durch die Sprinkler, schießen sich keinen Ball zu und werfen auch nicht die Mütze eines kleineren Kindes hin und her. Sie stehen mit leeren Gesichtern einfach da, anscheinend zufrieden damit, diesem Glatzkopf zuzusehen, wie er sich die Nähte aus dem Gesicht zieht.
    Er beachtet sie kaum. Stattdessen starrt er zu einem Guyaner hinüber, der auf einer der anderen Bänke sitzt. Tatsächlich beäugt er weniger den Mann als vielmehr den Hund zu seinen Füßen, einen wunderschönen braunen Pitbull mit weiß gescheckter Schnauze. Der Hund zerrt an seinem Halsband. Die Zunge hängt ihm heraus, krumm wie ein Fragezeichen. Immer wenn ein Ball vorbeirollt, wenn ein Tennisball, Softball, Fußball oder blauer Sky-Bounce-Hand-Ball einem Kind entwischt und in die Nähe der Bank rollt, macht der Pitbull einen Satz nach vorn. Und weil in Parks keine Bälle vorbeirollen, ohne dass ihnen gleich Kinder mit ausgestreckten Händen nachjagen, gilt der Sprung nicht nur dem Fußball, sondern de facto auch dem Kind. Der Guyaner zieht hart an der Leine. Der Pitbull schnappt. Lachend und johlend rennen die Kinder weg. Niemand, denkt Tariq, scheint sich der Gefahr bewusst zu sein. Nur er selbst. Und der Hund natürlich, der sich in aufgepeitschtem Blutdurst nach vorn stemmt.
    Tariq steht von der Bank auf, und der Boden schwankt. Er wirft die Arme nach vorn. Vor seinen Augen tanzen Lichtpunkte. Er hat das Gefühl, ihm würde ein Schwindelgeist ins Ohr gegossen. Kein Wunder! Es ist kurz vor eins, und sein Magen knurrt.
    U nd nun das: Die Sitznischen in Gianni’s Pizzeria sind keine Sitznischen mehr. Jetzt stehen Tischchen dort. Mit rot-weißen Tischdecken. Die Böden sind gewischt. Auf einem Schild an der Tür steht »Jetzt auch Eiskaffee!« Und die alten Filmplakate an den Wänden – Nachtfalken mit Sylvester Stallone, Stallones Rocky IV und Stallone beim Armdrücken in Over the Top – sind alle ersetzt durch geschmackvoll gerahmte Fotos italienischer Hügel, hölzerner Gondeln und alter

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