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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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verarscht wird oder ihm sein Bruder über den Kopf ihres Vaters hinweg zuzwinkert. »Für dieses Spiel braucht man Selbstvertrauen«, sagt Tariq.
    Jose drückt Tariqs Hand und sieht ihm ins Gesicht. »Das Problem ist«, sagt er mit gesenkter Stimme, und für Alfredo hat es den Anschein, als spräche Jose mit Tariq auf einmal nicht wie ein Vater mit seinem Sohn, sondern als wären sie Gleichaltrige, zwei Typen aus der Nachbarschaft, die sich am Dominotisch gegenübersitzen, Modelo aus der Dose trinken und Bullshit erzählen über Autos und Sport und Frauen und die fortwährende Enttäuschung namens Kinder. »Das Problem ist, Dito hat keinen Schimmer, weil er nie richtig Baseball gespielt hat.«
    »Ich hab gespielt!«, sagt Alfredo.
    »Ja, aber deine Handgelenke waren immer zu dünn«, sagt Jose.
    »Was soll das denn heißen? Meine Handgelenke?« Mit jedem Wort wird Alfredos Stimme lauter, und er hasst sich selbst dafür. Wenigstens gibt Winston nicht zu erkennen, dass er von all dem hier etwas mitkriegt. Er liegt im Fernsehsessel – in sicherer Entfernung zum Hund –, die Beine hochgezogen, die Augen geschlossen und den Mund geöffnet, wie ein Patient im Streckverband. Er schnarcht laut, ist nach seinem zweitägigen Drogenexzess einfach weggepennt. Gerade so, als wollte er ihn nicht wecken, senkt Alfedo die Stimme. »Das ist lächerlich«, sagt er zu seinem Vater. »Du hast keine Ahnung, wovon du redest.«
    »Was regst du dich so auf?«, sagt Jose. »Nicht jeder wird ein Top-Baseballspieler. Dafür kannst du andere Sachen. Wieviel ist fünfzehn mal dreiundsiebbzig?«
    »Wie wär’s hiermit?«, sagt Alfredo. »Null. Die Anzahl der Spiele, die du mich in deinem Leben hast schlagen sehen? Wie viele? Null.«
    »Was regt er sich denn so auf?«, fragt Jose Tariq.
    »Er war ziemlich gut«, sagt Tariq und zuckt mit den Schultern.
    »Danke.«
    »Gern geschehen«, sagt Tariq. Alfredo weiß, dass auch sein Bruder ihn nie auf dem Feld spielen gesehen hat, aber die beiden Jungs hatten immer, wenn sie allein zu Hause waren, Wiffleball gespielt. Mit einem Kissen auf dem Sofa als Strikezone. Und das zählt doch auch irgendwie, oder? Der große Bruder warf und schlug nur mit links, um dem kleinen eine Chance zu geben. Einmal erwischte Alfredo einen verhungerten Curveball so hart, dass er damit drei Papageien von der Decke geholt hat.
    »Einen starken Arm hatte er«, sagt Tariq zu Jose. »Und er konnte rennen, das ist mal sicher.«
    »Danke«, sagt Alfredo.
    »Du warst auch nicht gerade ein Superstar«, sagt Jose zu Tariq. »Die Voraussetzungen hattest du, keine Frage. Meine Gene. Aber nicht die Arbeitsmoral. Tut mir leid, aber irre ich mich? Faul warst du nicht. Ich würde nicht sagen, du warst faul, aber so richtig versucht hast du es nie.« Er hält die Hände über den Kopf, wie um den Zenith des Baseballruhms anzudeuten. »Du hast dich nie genügend angestrengt, um die nächste Stufe zu erreichen.«
    »Schau mal einer an«, sagt Tariq, »hab all die Jahre gar nicht gewusst, dass du ein Baseballscout bist.«
    »Und das alles weiß er«, wirft Alfredo ein, »ohne uns auch nur einmal spielen gesehen zu haben. Nicht ein beschissenes Mal.«
    »Hier wird nicht geflucht«, sagt Jose. »Das ist ein Zeichen von Dummheit.« Die beiden Jungs im besten Mannesalter haben sich Jose immer weiter genähert, sind ihm auf die Pelle gerückt, sehen auf ihn herab in seinem Rollstuhl. Im Fernsehen hat Clemens gerade seinen Schlagdurchgang beendet. Noch immer grinsend stolziert er zurück zur sicheren Spielerbank. »Los, holt einen Schläger«, sagt Jose. »Ihr zwei haltet euch wohl für besonders schlau. Los, holt einen Schläger, dann zeig ich euch mal, wo der Hammer hängt. Ich verpass euch beiden einen Strikeout. Dito kriegt drei Würfe. Und du, mein Ältester, meinetwegen vier. Vielleicht erwischt ihr einen. Alles klar? Ich werd’s euch zeigen. Los, holt einen Schläger.«
    Gäbe es in dieser Wohnung einen Baseballschläger, sagt Alfredo zu seinem Vater, hätte ihm Mama bereits vor langer Zeit den Schädel damit eingeschlagen. Tariq lacht.
    »Geht runter«, sagt Jose. »Geht runter und reißt Pettolina den Besen aus seinen Wichs… – Verzeihung – Händen, bringt ihn hoch und schlagt damit. Okay? Macht damit einen Strikeout. Mit einem Besenstiel. Den hatte ich nämlich. Ich hatte einen Besenstiel als Schläger und ein Stück Pappe als Handschuh, und trotzdem war ich ein richtiger Spieler. Ich bin mit Selbstvertrauen auf den Platz

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