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Die Prinzen von Queens - Roman

Die Prinzen von Queens - Roman

Titel: Die Prinzen von Queens - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suhrkamp-Verlag <Berlin>
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lächelnd.
    »Hier wird nicht geflucht«, sagt Jose.
    »Schokolade«, sagt Lizette. »Schokoladeneis. Deine Lieblingssorte. Da im Kühlschrank. Na komm.«
    Tariq haut Alfredo mit Wucht gegen die Brust, dann sich selbst, stellt so eine unsichtbare Verbindung zwischen ihnen her. »Sorry, Mama«, sagt er, »Aber wir haben was zu erledigen.«
    Christian Louis muss sich aus irgendetwas ein Messer gebastelt haben, aus irgendwelchen verbotenen Gegenständen, die er in Isabels Körper geschmuggelt hat, und entweder sticht er ihr damit in die Gebärmutterwand oder verliert das Messer immer wieder aus den winzigen Händen, weh tut es so oder so. Sie rennt ins Badezimmer und schließt die Tür hinter sich ab. Sie hockt sich völlig erledigt auf die Klobrille, fährt dann aber wieder hoch, als wäre etwas aus dem Wasser gesprungen und hätte sie gebissen. Sie rüttelt an der Türklinke. Nur um sicherzugehen. Sich zu vergewissern. Noch mal zu prüfen. Aber keine Angst, Isabel. Es ist abgeschlossen. Okay? Die Tür ist abgeschlossen.

9
Das bewegte Liebesleben des Vladimir Shifrin
    Sie war Vorschullehrerin in Noworossijsk am Schwarzen Meer, und die Sowjetunion lag gerade in den letzten Zügen. Sie hatte lange blonde Haare und spielte Gitarre. An ihren Namen kann Vladimir sich nicht erinnern, aber sie war, und wird es immer sein, die Erste.
    Auf den Bildern, die er mit Fingerfarben von ihnen beiden gemalt hatte, hielten sie einander an den Strichmännchen-Händen, saßen hinter dem großen Panoramafenster eines Hauses am Meer oder standen in gefütterten Stiefeln auf einer gelben Sonne. Während die anderen Kinder ihr Mittagsschläfchen hielten, tat er auf seiner Matte in der Nähe ihres Tisches nur so. Beim Nachmittagsimbiss bot er ihr von seiner Milch an, was sie mit dem Hinweis auf Bakterien oder die Notwendigkeit von Kalzium für den Aufbau gesunder Knochen höflich ablehnte, aber immer lobte sie seine Bereitschaft zu teilen.
    Eines Tages fand Vladimir, sie sollten zusammenziehen. Als er sich für die Schule fertigmachte, übergoss er sich die Haare mit Tomatensaft. Mit dem Lidschatten seiner Mutter malte er sich dicke schwarze Ringe um die Augen. Mama fragte nicht nach. Sie hatte während dieser Zeit praktisch nur im Bett gelegen, ihr Körper war ein Schlachtfeld der Gifte gewesen, Chemo kontra Krebs.
    Vladimirs Bruder Misha, ein Neuntklässler, begleitete ihn an diesem Morgen zur Schule. Wie Mama hinterfragte auch er Lidschatten und Tomatensaft nicht. Vladimir war ein tschoknutij – der komische Vogel der Familie und, so dachte Misha, zu großen Dingen berufen. Als sie die Vorschule erreichten, ließ Misha nur widerwillig die Hand seines kleines Bruders los. Er küsste ihn auf die Stirn, und bat ihn, bitte nur keinen Unsinn zu machen.
    Vladimir rannte schnurstracks zu der hübschen blonden Lehrerin und erzählte ihr, er werde zu Hause misshandelt. Hier, guck mal. Ein blaues Auge. Blut in den Haaren. Vladimir, dessen schauspielerische Fähigkeiten schon früh ausgeprägt waren, konnte auf Kommando heulen, aber diesmal hielt er sich zurück, da er dachte, das funktioniere besser, als zu dick aufzutragen. Außerdem wollte er nicht, dass sein Lidschatten zerlief.
    Die Lehrerin drückte seinen schmächtigen Körper an sich. Vladimir hatte den Eindruck, sie rieche nach reifen Tomaten (wahrscheinlich war er es aber selbst). Sie brachte ihn in ihr Büro und setzte ihn auf ihren Stuhl. Ihre Hände zitterten. Sie gab ihm Bastelpapier und Buntstifte. Sagte ihm, er solle gerade sitzen. Sagte, sie müsse nachdenken. Sie müsse über diese ganze Sache erst einmal nachdenken.
    Man erschaudert bei dem Gedanken, dass sich ihre symptomatische Blindheit – Lidschatten und Tomatensaft, junge Frau! – möglicherweise dadurch erklären ließe, dass sie als Kind unter Umständen selbst misshandelt worden war und als Erwachsene ihr Leben dem Schutz unschuldiger Kinder verschrieben hatte.
    »Ich habe Angst, nach Hause zu gehen«, sagte Vladimir.
    »Oh, mein armer Süßer.«
    Es lief ganz gut.
    Nachdem sie das Büro verlassen hatte – sie musste nachdenken, sie musste ein paar Telefonate führen –, malte Vladimir Bilder von dem Regenbogenhaus, in dem sie gemeinsam leben würden. Sicher, er würde seine Eltern vermissen, aber die Liebe verlangt eben gewisse Opfer. Seinen Bruder hingegen würde er nicht vermissen, denn der würde ihn – gemäß Vladimirs Masterplan – begleiten. Vladimir malte an die Seite des Hauses einen Anbau, in dem Misha

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