Die Prinzessin auf der Erbse
nach.
„Habt Ihr gut geschlafen?“, fragte Prinz Richard.
„Himmlisch.“
Er neigte den Kopf. „Von der Erbse unter der Matratze habt Ihr nichts gespürt?“
Riana fragte sich, wieso jemand eine Erbse unter eine Matratze legte. Welch seltsame Sitte! Sie zuckte die Schultern. „Ich war so erschöpft, ich hätte auch auf einem Sack Erbsen schlafen können. Wir haben wochenlang nichts Bequemeres gekannt als Waldboden oder Strohballen.“
Er lächelte und zeigte ebenmäßige weiße Zähne. „Kommt, setzt Euch zu mir und genießt diesen wundervollen Ausblick. Die Schwanenküken sind geschlüpft.“
Riana setzte sich auf die gepolsterte Bank und zog Emma neben sich, um nicht direkt neben dem Prinzrn zu sitzen, der sie so verwirrte. Außerdem wollte Emma ja ihr Ansinnen vorbringen.
„Wir haben uns noch gar nicht vorgestellt“, sagte Emma.
„Das ist auch nicht nötig“, erwiderte er lächelnd.
Das kann nur bedeuten, dass er uns baldmöglichst wieder loswerden will. Hoffentlich kann Emma ihn umstimmen
.
„Doch, Herr, es ist nötig, da ich eine Bitte vorbringen möchte“, sagte Emma. „Mein Name ist Clara, und meine Schwester heißt Marie. Wir sind die Töchter eines Kaufmanns, der uns allein großgezogen hat, da unsere Mutter starb, als wir noch sehr jung waren. Nun starb auch …“
Der Prinz gebot ihrem Redefluss mit erhobener Hand Einhalt. „Marie und … Clara?“
Emma nickte eifrig. Wieso lag so ein amüsierter Zug um den Mund des Prinzen? Waren die Namen lächerlich? Unüblich für Kaufmannstöchter? „In Finsterwalde, wo wir herkommen, sind das gebräuchliche Namen“, behauptete Riana schnell.
Er hob eine Augenbraue. „Ihr kommt aus Finsterwalde.“ Es klang wie eine belustigte Frage.
Emma nahm Rianas Hand und drückte sie kurz, wohl um ihr zu sagen, dass sie alles Weitere ihr überlassen sollte. Also schwieg Riana, während Emma ausführte: „Ihr wundert Euch sicher, warum wir in die Seenmark gereist sind. Wie ich eben erzählen wollte, starb nun auch unser Vater. Unser großer Bruder übernahm das Geschäft. Marie und ich sind unterwegs zu der Schwester meines Vaters, die jenseits der südlichen Grenze der Seenmark lebt.“
Der Prinz sagte eine Weile nichts, durchbohrte sie nur mit seinem beunruhigenden Blick. Rianas Herz vollführte seltsame Kunststücke und wartete bang, dass ihre dreisten Lügen entlarvt wurden.
„Natürlich sind wir nicht allein und ohne Schutz losgeritten“, versuchte Riana die Geschichte glaubhafter zu machen. „Doch der Reiter, der uns begleitet hat, wurde in einer Wirtshausschlägerei schwer verletzt. Wir mussten ihn in der Obhut eines Medikus zurücklassen.“
„Wahrlich ein Abenteuer“, sagte der Prinz.
Emma nickte. „Allerdings. Meine Schwester ist völlig erschöpft. Die große Hitze macht ihr sehr zu schaffen. Könnten wir für eine Weile bleiben, bis das Wetter angenehmer wird? Wir sind gern bereit, uns den Aufenthalt zu verdienen. Marie könnte in der Küche mithelfen und ich tauge durchaus als Pferdeknecht.“
Ein Grinsen breitete sich auf dem Gesicht des Prinzen aus. Kleine Falten bildeten sich in seinen Augenwinkeln. Riana ertappte sich bei der Vorstellung, ihn zu berühren. Beschämt sah sie auf ihre Hände hinab, die sie im Schoß gefaltet hatte.
„Ich habe mehr als genug Personal“, sagte Prinz Richard.
Emma kaute auf ihrer Unterlippe. „Ich wäre auch bereit, Euch als Gespielin zu dienen.“
Riana atmete hörbar ein, hob den Kopf und sah ihre Zofe mit schreckgeweiteten Augen an. Sie hatte nur eine vage Vorstellung, worin die Aufgabe einer Gespielin bestand, aber es hatte etwas mit den rätselhaften Dingen zu tun, die Frauen und Männer miteinander machten und über die Riana noch nicht nachzudenken gewagt hatte.
Der Prinz schien teils amüsiert, teils erfreut. „Nun, das hört sich schon besser an. Eine Gespielin käme mir sehr gelegen, zumal es eine Weile her ist, dass eine Liebesdienerin das Bett mit mir geteilt hat. Allerdings …“ Er blickte zwischen Emma und Riana hin und her. „Allerdings habe ich gewisse Vorlieben, die nicht jeder Frau genehm sind.“
Emma errötete so heftig, dass Riana erschrak. Wovon redete er nur? Begab sich Emma etwa in Gefahr?
Bevor Emma etwas erwiderte, ergriff der Prinz erneut das Wort. „Außerdem muss ich gestehen, dass deine Schwester mir besser gefällt.“
„Oh nein, das ist ausgeschlossen“, sagte Emma sofort. „Marie ist völlig unerfahren in solchen Dingen.“
Der Prinz
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