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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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sachlich unrichtig gewesen (Roboter hatten tatsächlich kaum mehr Blech in sich, als etwa für die Herstellung einer Konservendose benötigt wird), sondern auch grundsätzlich unzutreffend. Denn Zane war eindeutig lebendiger und aufgeschlossener als neun von zehn Fleisch-und-Blut-Menschen.
    Der Roboter wartete ein paar Sekunden und fuhr fort: »Für einen Außenseiter wie mich besteht überhaupt kein Zweifel, daß die menschliche Liebe für das Wortschmalz ein Element der Sucht enthält. Sobald ihr ein maschinelles Buch aufmacht, taucht ihr in eine Trance, als hättet ihr eine große Dosis einer Rauschdroge genommen. Hast du dich jemals gefragt, warum Wortmaschinen keine echten Sachbücher schreiben können? Keine Texte, die ausschließlich faktisch sind? Hierbei lasse ich Autobiographien, Do-it-yourself-Bücher und Populär-Philosophien einmal außer acht. Hast du dich jemals gefragt, warum Roboter am Wortschmalz keinen Spaß haben – warum sie überhaupt nichts daran finden? Du mußt wissen, daß sogar mir das Zeug wie Kauderwelsch vorkommt.«
    »Vielleicht ist es zu hoch für sie – und auch für dich!« schnappte Gaspard, den die Kritik an seiner bevorzugten Freizeitablenkung sehr aufbrachte – und ganz besonders Zanes Geringschätzung seiner geliebten Maschinen. »Hack nicht so auf mir herum!«
    »Na, na, nun geh nicht gleich in die Luft, altes Bindegewebe«, sagte Zane beruhigend. »›Auf jemandem herumhacken‹ – ein seltsamer Ausdruck. Kannibalismus ist so etwa die einzige Unfreundlichkeit, die sich unsere beiden Rassen nicht antun können:« Er vertiefte sich wieder in sein schwarzes Buch.
    Das Telefon summte. Gaspard griff automatisch danach, hielt inne und nahm dann doch den Hörer ab.
    »Hier Flaxman!« bellte eine Stimme. »Wo ist mein Gehirn? Was ist mit den beiden Tölpeln geschehen, die ich losgeschickt habe?«
    Während Gaspard seinen Geist nach einer passenden Antwort durchkramte, war aus dem Telefon plötzlich ein lautes Krachen und Knirschen und Heulen und Keuchen zu hören. Als der Lärm zu Ende war, herrschte einen Moment Schweigen, dann ertönte eine helle Stimme im singenden Tonfall einer Sekretärin. »Hier Raketen-Verlag, Miß Jilligan in Mr. Flaxmans Büro. Mit wem spreche ich, bitte?«
    Aber in einer unendlich scheinenden Folge von intimen Begegnungen hatte Gaspard diese Stimme kennengelernt. Es war die Stimme Heloise Ibsens.
    »Hier Wache Sieben von den Wortmaschinen-Rächern«, sagte er, »Hauptquartier ›Die Schlinge‹«, erwiderte er aus dem Stegreif. Um seine eigene Stimme unkenntlich zu machen, flüsterte er gepreßt und versuchte drohend zu sprechen: »Verbarrikadieren Sie Ihr Büro! Es ist uns gerade gemeldet worden, daß sich die berüchtigte Nihilistin Heloise Ibsen mit ihren bewaffneten Autoren im Anmarsch befindet. Wir schicken sofort einen Rächertrupp los, der sich um sie kümmern soll.«
    »Pfeifen Sie den Rächertrupp zurück, Wache Sieben«, erwiderte die Sekretärinnenstimme ohne Stocken. »Die Ibsen ist schon verhaftet und an die Regierung ausgeliefert – He, bist du das nicht, Gaspard? Außer dir habe ich niemandem was von Nihilismus gesagt.«
    Gaspard stieß ein blutrünstiges Gelächter aus. »Gaspard de la Nuit ist tot! So soll es allen Autoren ergehen!« zischte er in die Muschel und hing ein.
    »Zane«, wandte er sich an den Roboter, der mit großer Geschwindigkeit las. »Wir müssen sofort zum Raketen-Verlag zurück. Heloise …«
    In diesem Augenblick drängte sich das Pullovermädchen in den Raum – zwei große Pakete in den Armen.
    »Halten Sie den Mund«, befahl sie, »und helfen Sie mir mal.«
    »Keine Zeit!« schnappte Gaspard. »Zane, nimm deine blaue Nase aus dem Buch und hör zu …«
    »Halten Sie den Mund!« brüllte das Mädchen. »Wenn ich das Ding Ihretwegen fallen lasse, schneide ich Ihnen mit dem Hackmesser die Kehle durch!«
    »Schon gut, schon gut!« kapitulierte Gaspard zurückfahrend. »Aber was sind das für Dinger? Weihnachtspakete? Oder für Ostern?«
    Die Dinger waren zwei große bunte Pakete. Das eine war rechteckig mit breiten rot-grünen Streifen und einem Silberband, das andere war eiförmig und hatte eine Hülle aus Goldpapier mit großen purpurnen Punkten; außen herum verlief ein breites purpurnes Band mit einer großen Schleife.
    »Nein, das sind Geschenke zum Tag der Arbeit – die Arbeit ist für Sie«, sagte das Mädchen zu Gaspard. »Los, Sie nehmen das hier.« Sie deutete auf das gerundete Gebilde. »Gehen Sie sehr

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