Die programmierten Musen
Kränkung. Sie trug dabei ein schreckliches Halsband aus lauter Silberschädeln.«
»Das ist noch schlimmer«, sagte Gaspard. »Sie kennen doch das Stereo, das sich hinten auf ihren Büchern findet – Heloise in Pose mit sechs oder sieben Burschen? ›Heloise und ihre Männer‹, heißt es da gewöhnlich.«
Cullingham nickte. »Auf praktisch allen Protonen-Presse-Büchern. Die Männer wechseln von Fall zu Fall.«
»Naja«, sagte Gaspard, »daß sie Sie geschlagen hat, während sie ihr Jagdband trug, wie sie es vieldeutig nennt, zeigt ihr konkretes Interesse an Ihnen. Sie hat die Absicht, Sie in ihren männlichen Harem aufzunehmen. Ich muß Sie warnen, daß Ihnen als Neuer da eine grausame Erfahrung bevorsteht.«
Der große Mann erbleichte. »Flaxie«, rief er seinem Partner zu, der noch telefonierte. »Ich hoffe, du läßt das Elektroschloß gut verstärken. Gaspard, eine richtige Verleger-Mafia wäre vielleicht gar kein so schlechter Gedanke. Wir brauchen auf jeden Fall ein paar Wachhunde, die sich zu wehren verstehen.«
»Nun ja«, sagte Gaspard ein wenig stolz, »wenigstens hat meine Improvisation Heloise und Homer abgeschreckt. Ich nehme an, daß sie nach ihrem ersten panischen Angriff geflohen sind.«
»O nein«, sagte Cullingham, »das war Miß Rosa. Sie erinnern sich doch an die kleine Frau in Schwarz, die hier nach ihrem zersprengten Ehemann und Sohn suchte? Nun, Miß Rosa hatte sie in die Damentoilette geführt, um sie zu trösten und zu beruhigen. Die Robix kam gerade in dem Augenblick zurück, als die Ibsen mich schlug. Sie warf einen Blick auf Homer Hemingway, begann zu vibrieren, huschte wieder hinaus und kehrte mit einem großen Feuerlöscher zurück. Und das war das Ende der Ibsen-Gang. Flaxie, wie wär’s wenn wir Miß Rosa als Leibwächter engagieren? Wir brauchen jeden, den wir kriegen können. Ich weiß, daß sie ein Regierungszensor ist, aber sie könnte doch ein wenig Wache stehen.«
»Ich weiß zwar, daß Sie alle Ihr Gerede groß genießen«, rief Schwester Bishop, die inzwischen ein Stück Tisch freigemacht hatte und dort ihre Pakete auspackte, »aber ich brauche Hilfe.«
»Könnte Ihnen Miß Rosa zur Hand gehen?« rief Zane Gort aus der Ecke, in der er nachdrücklich auf die rosa Robix einflüsterte, nachdem sie sich hochmütig geweigert hatte, sich mit Zane zu einer direkten Metall-Metall-Verbindung einzustöpseln. »Sie hat ihre Hilfe angeboten (ja, das haben Sie, Miß R.!), und ich bin sicher, es tut ihr gut, wenn sie beschäftigt ist.«
»Es wäre das erstemal, daß eine Robix Beschäftigungstherapie braucht«, sagte Schwester Bishop. »Aber bestimmt ist sie dreimal so gut wie ihr faulen, schwatzhaften, selbstsüchtigen Menschen- und Robotmänner. Laß den Blechkasten stehen, Rosa, und komm her. Ich kann wirklich eine Frau gebrauchen.«
»Danke sehr, ich komme«, sagte die Robix fröhlich. »Wenn ich seit meiner Herstellung etwas gelernt habe, dann die Tatsache, daß ich weitaus mehr mit Wesen meines eigenen Geschlechts gemein habe – aus welchem Material sie auch gemacht sein mögen –, als mit schwatzhaften Robotern oder brunchen Männern.«
15
Flaxman legte den Hörer auf und wandte sich an Gaspard und Zane Gort.
»Hat Schwester Bishop Ihnen gesagt, was das alles soll?« fragte der Verleger. »Das große Projekt, meine ich, das Geheimnis der Kinderstation, das Geheimnis der Apparate, die sie da aufbaut, und so weiter?«
Die beiden schüttelten den Kopf.
»Gut! – das sollte sie auch nicht.« Der kleine dunkelhaarige Mann lehnte sich in seinem Stuhl zurück, machte Anstalten, sich etwas Löschschaum vom Ärmel zu wischen, überlegte es sich anders und begann nachdenklich: »Etwa vor hundert Jahren, in der letzten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, gab es einen virtuosen Chirurgen und genialen Elektronik-Fachmann namens Daniel Zukertort. Ich nehme an, Sie haben von dem Burschen noch nicht gehört?«
Gaspard wollte etwas sagen, doch er beschloß, Zane das Feld zu überlassen. Aber der Roboter schwieg ebenfalls. Vielleicht hatte Schwester Bishops Bemerkung über schwatzhafte Männer ihre Wirkung auch auf ihn nicht verfehlt.
Flaxman grinste. »Habe ich mir doch gedacht! Also, Chirurgie und Elektronik, bei beiden besonders der Mikrobereich, waren Zukies hervorstechendste Talente. Außerdem war er noch der größte Konstrukteur von Kompaktmotor-Systemen und der größte Katalyse-Chemiker, den die Welt jemals gesehen hat; dazu hatte er einige Fachgebiete,
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