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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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vorsichtig damit um. Es ist schwer, aber sehr zerbrechlich.«
    Gaspard nickte und betrachtete das Mädchen mit neuem Respekt, als er das volle Gewicht des Päckchens spürte. Sie mußte erheblich kräftiger sein, als es den Anschein hatte, wenn sie diese Last in einem Arm getragen hatte. Er sagte: »Ich nehme an, das ist das ›Gehirn‹, um das Flaxman geschickt hat?«
    Das Mädchen nickte. »Vorsichtig! Wackeln Sie nicht damit herum!«
    »Hören Sie, wenn das so ein empfindlicher Mechanismus ist«, sagte Gaspard, »sollten wir ihn jetzt nicht in den Raketen-Verlag bringen. Es hat dort einen neuen Autorentumult gegeben. Ich hab’s eben durch’s Telefon gehört.«
    Das Mädchen runzelte kurz die Stirn und schüttelte dann den Kopf. »Nein, wir gehen sofort und nehmen es mit. Ich möchte wetten, daß ein solches Köpfchen im Verlag gerade recht kommt. Es hat mich verdammt viel Mühe gekostet, diesen Ausflug vorzubereiten, und ich möchte die Sache nicht aufstecken. Außerdem hab ich dem Gehirn die Reise versprochen.«
    Gaspard schluckte und fuhr ein wenig zurück. »Hören Sie«, sagte er, »Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß das Ding hier im Paket am Leben ist?«
    » Kippen Sie es nicht! Und hören Sie endlich mit der blöden Fragerei auf. Sagen Sie Ihrem lesenden Metallfreund, er soll das andere Paket nehmen. Es enthält die Ausrüstung für das Gehirn.«
    »Schau dir das an, Gaspard«, sagte Zane in diesem Augenblick aufgeregt, sprang auf und hielt Gaspard sein schwarzes Buch unter die Nase. »Jüdische Roboter! Die gibt’s! Golems sind jüdische Roboter – sie bestehen aus Ton und werden durch Zauberei zum Leben erweckt – aber sie sind trotzdem Roboter! Bei St. Karel, ich wußte gar nicht, daß unsere Geschichte so weit zurückreicht …« Er wurde sich der Situation bewußt, die sich während seiner Lektüre entwickelt hatte, erstarrte zwei Sekunden lang, spielte sich den Dialog der letzten Minute noch einmal vor, nahm dann dem Mädchen das rotgrüne Paket ab und sagte: »Bitte entschuldigen Sie, Miß. Zu Ihren Diensten.«
    »Also, was soll denn das ?«fragte Gaspard. Das war eine kleine Pistole aus grünem Stahl, die in der Hand des Mädchens unter dem zweiten Paket zum Vorschein kam. »Oh, ich verstehe – Sie sind unser Leibwächter.«
    »Ah-ah«, sagte das Mädchen mürrisch und wog die bösartig wirkende Waffe in der Hand. »Ich gehe dicht hinter Ihnen, Mister, und wenn Sie das Osterei fallen lassen – weil Ihnen vielleicht jemand die Kehle durchschneiden will –, schieße ich Ihnen von hinten in den Hals, direkt in die Medulla oblongata. Lassen Sie sich davon nicht nervös machen – Sie spüren bestimmt nichts.«
    »Schon gut, schon gut«, sagte Gaspard beleidigt und setzte sich in Bewegung. »Aber wo ist Schwester Bishop?«
    »Das«, sagte das Mädchen, »können Sie sich unterwegs ausrechnen, Schritt um Schritt, während Sie nach Bananenschalen Ausschau halten.«
     
     

14
     
    Seile sind uralte, aber immer noch nützliche Werkzeuge. Zwei solche Seile, in malerischem Kreuz und Quer, fesselten die Partner Flaxman und Cullingham an ihre Stühle hinter den geschwungenen Schreibtischen – inmitten eines wilden Durcheinanders aus umgestürzten Aktenschränken und blasenwerfendem Feuerlöschschaum, der in Flocken und Gebirgen alles bedeckte.
    Gaspard stand dicht hinter der Tür und gab sich damit zufrieden, die wilde Szene zu betrachten und vorsichtig seine Last, die inzwischen aus Blei zu bestehen schien, von einem schmerzenden Arm in den anderen und wieder zurück zu verlagern. Auf dem Weg hierher war ihm nachhaltig ins Bewußtsein gebracht worden, daß es im Augenblick seine einzige Lebensfunktion war, das gold- und purpurverpackte Oval zu hegen und zu pflegen. Das Mädchen hatte ihn noch nicht erschossen, wenn es auch einmal nach einem leichten Stolpern seine Füße knapp verfehlt und das Pflaster angeschwärzt hatte.
    Cullingham, der hektische rote Flecken im Gesicht hatte, lächelte mit zusammengepreßten Lippen das geduldige Lächeln eines Märtyrers. Auch Flaxman war still, aber nur, weil ihm Miß Rosa von hinten die Breitseite eines rosafarbenen Greifers fest auf den Mund preßte.
    Die kirschrot gewordene Zensurrobix zitierte mit honigsüßer Stimme: »Möge eine höhere Macht alle mütterlich-inzestuösen Schreiberlinge ewiger Folter überantworten und auf perverse Weise ihre übelriechende Haut mißbrauchen. Klank-klank-klank-klankety-klank. Na, ist das nicht viel netter, Mr.

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