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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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haben mir Zeit und Gelegenheit gefehlt, der Frage nachzugehen.«
    »Warum finden sich Daniel Zukertorts Werke ausgerechnet hier?« überlegte Gaspard und starrte zu den Regalen auf. »Interessierte er sich für das Okkulte? Er steht unmittelbar zwischen Uspensky und Madam Blavatsky.«
    »Daniel Zukertorts Interessen sind unvorstellbar weit gespannt gewesen«, erwiderte der Roboter feierlich. »Hier zum Beispiel.« Mit sicherer Bewegung zog er ein schwarzes Buch heraus und wies mit einer Greiferbewegung auf den Titel: Golems und andere seltsame Automata.
    »Weißt du«, sagte der Roboter, »ich finde es anregend, mir vorzustellen, daß ich ein seltsamer Automat bin. Dabei bekommt man richtig Lust, sich eine schwarze Emaillehaut mit eingebrannten feinen Silberdrähten zuzulegen. Wie eine Rokoko-Rüstung.«
    »Gibt es auch ein Buch von Zukertort über das Tätowieren von Robotern?« fragte Gaspard sarkastisch. »Hör mal, alter Bolzen, was stellst du dir unter diesen Gehirnen vor, von denen Flaxman erwartet, daß sie Bücher schreiben oder sonstwie bei der Herstellung von Büchern helfen? Bei dem okkulten Dekor frage ich mich doch, ob nicht etwas Magisches oder Spiritistisches im Spiel ist. Du weißt schon – Kontakt mit den Geistern toter Autoren durch ein Medium, oder so.«
    Der Roboter bewegte seine blauen Ellenbogen anstelle eines Achselzuckens. »Der größte Menschendetektiv aller Zeiten«, sagte er, ohne von seinem Buch aufzuschauen, »der seltsamerweise viele Charakterzüge eines Roboters aufwies, hat einmal bemerkt, daß es ein Kardinalfehler ist, ohne ausreichende Informationen Theorien aufzustellen.«
    Gaspard runzelte die Stirn. »Der größte Menschendetektiv?«
    »Sherlock Holmes natürlich«, sagte Zane ungeduldig.
    »Noch nie gehört«, sagte Gaspard. »War er Polizist, Privatdetektiv oder Professor der Kriminologie? Oder ist er Nachfolger Herbert Hoovers als Leiter des FBI gewesen?«
     
     

13
     
    »Gaspard«, sagte Zane Gort streng. »Ich kann dir nachsehen, daß du von Daniel Zukertort noch nicht gehört hast, aber bei Sherlock Holmes ist das etwas anderes – er ist der größte Detektiv in der Literatur vor der Wortmaschinen-Ära. Ihm kam keiner gleich.«
    »Na, deshalb weiß ich nichts über ihn«, sagte Gaspard zufrieden. »Ich kann nichtmaschinelle Bücher nicht ausstehen. Sie bringen mich immer ganz durcheinander.« Er machte ein trauriges Gesicht. »Weißt du, Zane, ich habe verdammt große Sorge darum, wie ich jetzt meine Freizeit ausfüllen oder abends einschlafen soll. Nichts anderes macht mir Spaß. Seit Jahren habe ich die gesamten Maschinenproduktionen gelesen.«
    »Kannst du die alten Sachen nicht noch mal durchgehen?«
    »Das klappt nicht. Außerdem verfärbt sich das Papier und löst sich einen Monat nach Erwerb und Öffnen des Buches auf – das weißt du doch.«
    »Na, dann mußt du deine Interessen vielleicht etwas ausweiten«, sagte der Roboter und hob den Blick von seinem schwarzen Buch. »Dein Lesegeschmack ist nämlich nicht gerade umfassend. Zum Beispiel möchte ich wetten, daß du noch keines von meinen Büchern gelesen hast, obwohl wir befreundet sind – nicht einmal meine Romane mit Dr. Tungsten.«
    »Aber wie könnte ich das?« protestierte Gaspard. »Die gibt es doch nur auf Spulen, die in den Buchspalt eines Roboters passen! Sie lassen sich nicht einmal auf einem richtigen Tonbandgerät abspielen.«
    »Der Raketen-Verlag hat Manuskriptkopien für jeden, der soviel Interesse dafür aufbringt, daß er den Mund aufmacht«, unterrichtete ihn Zane kühl. »Du müßtest natürlich ein bißchen mehr Robotisch lernen, aber einige Leute fänden das durchaus nützlich.«
    »Ja.« Mehr wußte Gaspard nicht darauf zu erwidern. Um das Thema zu wechseln, fuhr er fort: »Ich möchte wissen, was die verdammte alte Schwester so lange macht? Vielleicht sollte ich Flaxman anrufen.« Er deutete auf ein Telefon an den Bücherregalen.
    Zane ignorierte die Frage und fuhr fort: »Kommt es dir nicht seltsam vor, daß Geschichten für Roboter von lebendigen Individuen wie ich geschrieben werden, während die Menschen maschinengemachte Literatur lesen? Ein Historiker könnte darin den Unterschied zwischen einer jungen, aufstrebenden und einer dekadenten Rasse sehen.«
    »Zane, du nennst dich …« begann Gaspard wütend und brach mitten im Satz ab. Er hatte sagen wollen: »Du nennst dich ein lebendiges Wesen, wo du doch aus Blech gemacht bist?« Aber das wäre nicht nur unfreundlich und

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