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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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einen Blechzuhälter geschimpft.«

6

    Als der letzte Harper-Redakteur ausgenommen, der letzte Viking-Anthologist zu einem schwarzen Skelett geworden war, an dem zahlreiche Manifeste klebten, marschierten die siegestrunkenen Autoren in ihre Boheme-Baracken zurück, in ihre Quartiers Latin und Francais, in ihre Bloomsburies und Greenwich Villa ges und Nord-Beaches, und ließen sich fröhlich im Kreise nieder, um auf die Inspiration zu warten.
    Doch es kam nichts.
    Die Minuten streckten sich zu Stunden, die Stunden zu Tagen. Ganze Kessel voll Kaffee wurden aufgebraut und geschlürft, Berge von Zigarettenkippen sammelten sich auf den schwarzglasierten schrägen Fußböden von Mansarden und Penthäusern, die nach Garantie des Archäologen genauso aussahen wie die Unterkünfte der alten Schriftsteller. Aber es hatte keinen Sinn – die großen Epen der Zukunft und auch die Täglichbrot-Sexstories und Raumgeschichten blieben aus.
    An diesem Punkt angekommen, faßten sich viele Autoren, die noch immer in Kreisen zusammensaßen – wenn die Fröhlichkeit auch geschwunden war –, bei den Händen. Sie hatten die Hoffnung, daß diese Geste eine Konzentration psychischer Energie bewirken und die schöpferischen Kräfte herbeirufen würde – oder daß sie sie wenigstens mit den Geistern längst verstorbener Autoren in Berührung brachte, die so freundlich waren und ihnen Ideen brachten – Ideen, für die sie im Jenseits keine Verwendung mehr hatten.
    Aufgrund geheimnisvoller Traditionen, die sich aus den düsteren Tagen bewahrt hatten, da die Autoren noch wirklich schrieben, nahmen die meisten Schriftsteller an, daß das Schreiben eine Teamarbeit war, dergestalt, daß sich acht oder zehn geistesverwandte Leute in luxuriöser Umgebung entspannten, Cocktails tran ken, »mit ein paar Ideen Pingpong spielten« (was immer das bedeuten mochte) und gelegentlich von den Zureichungen hübscher Sekretärinnen erfrischt wurden – bis schließlich Geschichten dabei herauskamen; ein Bild, das das Schreiben zu einer Art alkoholischem Wohn zimmerspiel mit gelegentlichen Ruhepausen im Schlafzimmer und einem Wunder am Ende machte.
    Eine andere Theorie besagte, daß das Schaffen eines Autors davon abhing, wie er die Quellen des Unterbewußten »anzapfte« – eine Version, die das Schreiben in die Nähe der Psychoanalyse und des Ölbohrens rückte (mit der Wünschelrute auf der Suche nach dem schwarzen Gold des Id!) und die die Hoffnung weckte, daß im Notfall die außersinnliche Wahrnehmung oder eine andere Art psionischer Gymnastik jede eigene schöpferische Arbeit ersetzen konnte. In beiden Fällen erschien das Händchenhalten im Kreise als ein guter Weg, das Erscheinen der geheimnisvollen psychischen Kräfte zu fördern. Entsprechend war es weitverbreitet.
    Doch noch immer wollten sich keine Ideen einstellen.
    Die schlichte Wahrheit bestand in der Tatsache, daß sich kein professioneller Autor den Beginn der Arbeit an einer Geschichte anders vorstellen konnte als durch den Druck auf den Startknopf einer Wortmaschine, und so großartig der Mensch des Raumzeitalters auch sein mochte – Knöpfe waren ihm noch nicht gewach sen. Ihm blieb nur das Zähneknirschen vor Neid auf die Roboter, die in dieser Beziehung weit fortgeschrittener waren.
    Zahlreiche Autoren stellten bei ihren Versuchen beiläufig fest, daß sie gar nicht die Fähigkeit besaßen, Worte auf dem Papier aneinanderzureihen, und manche brachten nicht einmal Worte zustande; in einer Ära vordringlich audiovisuell-kinästhetisch-taktil-geschmacks-schlaf-hypnotisch-psionisch-orientierter Erziehung schienen sie den Unterricht in dieser doch etwas archaischen Kunst versäumt zu haben. Die meisten beschafften sich Stimmenschreiber – handliche Geräte, die das gesprochene Wort in Geschriebenes umwandelten –, doch trotz der Hilfsmittel dämmerte einer großen Minderheit die schlimme Erkenntnis, daß sich ihre Beherrschung des gesprochenen Wortes mit der einfachen Grundsprache oder dem solaren Pidgin erschöpfte. Sie vermochten zwar das berauschende Opium des Wortschmalzes zu schlürfen, aber es aus sich selbst heraus zu schaffen, war ihnen ebenso unmöglich wie etwa die Erzeugung von Honig oder Spinnwebfäden.
    Gerechterweise darf nicht verschwiegen werden, daß einige Nicht-Autoren – Puristen wie etwa Homer Hemingway – mit der Zerstörung der Wortmaschinen keinen Augenblick die Absicht verbanden, selbst zu schreiben – wobei sie von der Annahme ausgingen, daß einige ihrer

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