Die programmierten Musen
überlassen?«
Flaxman lachte freundlich. »Warum waren Sie denn da unten, Gaspard? Ich meine, auf unserer Seite? Sehr freundlich von Ihnen und so weiter – vielen Dank! Aber damit haben Sie doch wohl gegen das gehandelt, was Ihre Gewerkschaft als die Interessen Ihres Berufsstandes bezeichnet.«
»Berufsstand!« Gaspard tat, als wollte er ausspucken.
»Ehrlich, Mr. Flaxman, ich begreife nicht, warum Sie das mit einem so ehrenvollen Namen belegen oder diese krakeelenden Ratten so verdammt großmütig abtun!«
»T, t, t, Gaspard, wo ist denn Ihre Loyalität geblieben? Ich meine die Loyalität zwischen Langhaar und Langhaar?«
Mit wilder Gebärde strich sich Gaspard die langen gewellten Locken aus der Stirn. »Lassen Sie die Sticheleien, Mr. Flaxman. O ja, ich habe das Haar lang, wie ich auch diesen italienischen Affenanzug trage, weil das zu meiner Arbeit gehört, weil’s in meinem Vertrag steht, weil ein Autor das eben tun muß – wie ich auch meinen Namen in Gaspard de la Nü-ii geändert habe. Aber dieser Unsinn trübt mir nicht den Blick; ich bilde mir nicht ein, ein tolles literarisches Genie zu sein. Ich bin ein komischer Kauz, nehme ich an, ein Verräter an meiner Gewerkschaft, genaugenommen haben Sie also recht. Vielleicht wissen Sie, daß man mich Gaspard de Lütütü genannt hat. Aber im Grunde habe ich nichts dagegen – denn ich bin nichts anderes als ein Möchtegern-Wortmaschinenmechaniker.«
»Gaspard, was ist mit Ihnen geschehen?« wunderte sich Flaxman. »Ich habe Sie immer für einen durchschnittlich glücklichen, eingebildeten Autor gehalten – nicht geistvoller als die meisten, aber weitaus zufriedener –, und jetzt legen Sie hier los wie ein feuerspeiender Fanatiker. Ich bin ehrlich verblüfft.«
»Ich bin auch verblüfft, wenn ich’s mir genau überlege«, stimmte Gaspard zu. »Ich schätze, ich habe zum erstenmal in meinem Leben zu überlegen begonnen, was ich wirklich mag und was nicht. Soviel weiß ich schon mal: ein Autor bin ich nicht!«
»Das ist aber wirklich seltsam«, bemerkte Flaxman erregt. »Mehr als einmal habe ich zu Mr. Cullingham gesagt, daß Sie auf Ihrem Rückblatt-Stereo mit Miß Frisky Trisket mehr wie ein Autor aussehen als die meisten altbekannten literarischen Leuchten – Homer Hemingway eingeschlossen. Natürlich fehlt Ihnen noch Homers glatzköpfige emotionale Kraft …«
»Und auch seine sengärschige intellektuelle Schwäche!« schnaubte Gaspard und betastete die Schwellung an seinem Kinn. »Dieser muskelprotzende Tölpel!«
»Unterschätzen Sie die Kahlköpfigkeit nicht, Gas pard«, schaltete sich Cullingham leise, aber entschie den ein.
»Buddha war kahlköpfig.«
»Buddha – Himmel! Yul Brynner auch!« knurrte Flaxman. »Hören Sie, Gaspard, wenn Sie so lange wie ich im Geschäft sind …«
»Zum Teufel mit dem Aussehen der Autoren! Zum Teufel mit den Autoren!« Nach diesem Ausbruch hielt Gaspard inne und fing sich wieder. »Begreifen Sie doch, Mr. Flaxman, ich habe die Wortmaschinen wirklich geliebt. Die maschinellen Romane machten mir Spaß, gewiß. Aber die Maschinen liebte ich. Ich weiß, Mr. Flaxman, daß Sie mehrere solcher Maschinen besessen haben, aber ist Ihnen ganz tief drinnen jemals bewußt geworden, daß jede Wortmaschine einzigartig war – ein unsterblicher Shakespeare, etwas, das man nicht nachmachen konnte – und daß aus diesem Grunde seit sechzig Jahren auch keine neuen gebaut worden sind? Uns blieb allein die Aufgabe, den Gedächtnisbänken die neuen Worte einzugeben, die sich in der Sprache herausbildeten, und ein ziemlich standardisiertes Buchprogramm dazu zu schalten und dann nur den LOS-Knopf zu drücken. Ich frage mich tatsächlich, wie viele Leute sich das klarmachen. Naja, sie werden’s ziemlich bald herausfinden, wenn sie versuchen, eine Wortmaschine von Grund auf neu zu bauen, ohne daß es einen Menschen auf der Welt gibt, der den kreativen Aspekt des Problems versteht – ein wirklicher Autor, meine ich. Heute morgen gab es noch fünfhundert Wortmaschinen in der Leser-Straße, jetzt besteht im ganzen Sonnensystem keine einzige mehr. Drei hätten gerettet werden können, aber Sie haben um Ihre kostbare Haut gezittert! Fünfhundert Shakespeares wurden ermordet, während Sie hier plauderten. Fünfhundert unsterbliche Genies der Literatur, einzigartig und absolut selbstgenügsam …«
Er brach ab, als Cullingham leise zu lachen begann – ein trillerndes Kichern, das sich zu hysterischem Gelächter steigerte.
»Wollen
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