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Die programmierten Musen

Die programmierten Musen

Titel: Die programmierten Musen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fritz Leiber
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erfahren.«
    Cullingham neigte einen Augenblick den Kopf und blickte dann seufzend zu Schwester Bishop hinüber, die den Lautsprecher leiser stellte. Der Lektoratsleiter ließ die restlichen Seiten von Die Woge des Alls zu Boden fallen und ergriff ein getipptes Manuskript in einem purpurnen Plastikeinband mit dem Raketen-Verlag-Emblem – eine spitze, von Schlangen umringelte Rakete.
    »Dann versuchen wir zur Abwechslung mal etwas Neues«, sagte er. »Kein Wortmaschinen-Text, aber völlig anders als das eben Gehörte.«
    »Miß Jackson in der Station erschienen?« wandte sich Gaspard an Zane. Sie sprachen mit gedämpfter Stimme vor der geöffneten Tür.
    »O ja«, erwiderte der Roboter. »Sieht genauso flott aus wie Miß Bishop – nur blond. Gaspard, wo ist Miß Rosa?«
    »Ich habe sie nicht gesehen. Ist sie mal wieder abgerauscht?«
    »Ja, ganz unruhig wurde sie. Sie hatte das Gefühl, die Menschen in den Silberbehältern starrten sie an und machten sie nervös. Aber sie sagte auch, sie würde herkommen und mich hier abholen.«
    Gaspard runzelte die Stirn. »Hast du unten den neu en Türroboter oder den Jungen in seiner Begleitung gefragt, ob sie etwa schon da ist?«
    Zane sagte: »Da war gar kein Türroboter, als ich eben ankam – und auch kein Junge. Vermutlich wieder irgendwelche Betrüger. Aber ich habe draußen einen Föderationsagenten namens Winston P. Mears gese hen. Ich kenne Mears, seitdem er gegen mich ermittelte. Es ging um den Verdacht – der niemals erhärtet wurde –, daß ich atomgetriebene Riesenroboter konstruierte (ei ne unvermeidliche technologische Entwicklung, die die meisten Menschen noch mit Entsetzen zu erfüllen scheint). Aber ich will sagen, Mears schleicht herum, ein Bundesagent, und so sehr ich Miß Rosa anbete, darf ich doch nicht vergessen, daß sie Regierungsangestellte und daher – ob sie will oder nicht – auch Geheimagentin der Regierung ist. Stell dir das vor, Gaspard.«
    Gaspard versuchte es, wurde jedoch abgelenkt.
    Die Ablenkung bestand in Cullinghams neuem Text: »Knirsch, knirsch, knirsch machten die regsamen robusten Greifer und befestigten das Kabel an der stromlinienförmigen silfen Last. Quietsch, quietsch machte die Kurbel, an der Dr. Tungsten drehte. Eine Flut der Gefühle erfüllte die Kondensatoren seines brunchen Körpers. ›Glückliche Reise‹, sagte er won nig, ›gute Reise, mein goldener Liebling.‹ Sieben Sekunden und fünfunddreißig Umdrehungen später erschütterte ein höchst angenehmer Schock seinen Plastron. Fast hätte er den Windenhebel fahren lassen. Er wandte sich knarrend um. Vilya, silberschimmernd in der Dämmerung, schwenkte ihre verrücktmachend-ixigen Klauen, die nicht für menschliche Arbeit bestimmt waren. ›Nix‹, summte Dr. Tungsten entschlossen. ›Nix, nix, ixige Robix.‹«
    Schwester Bishop hob eine Hand. »Nick sagt, der Text ist zwar ziemlich fürchterlich, aber doch weitaus interessanter als das vorherige. Jedenfalls anders.«
    »Das«, flüsterte Zane Gort bescheiden in Gaspards Ohr, »war mein Text. O ja, ich hab das geschrieben. Meine Leser lieben Kurbelszenen fast ebenso sehr, wie die Menschen auf Prügelszenen erpicht sind, besonders, wenn sowohl die goldenen als auch die silbernen Robixe darin verwickelt sind. Von meinen Buchspulen hat sich keine so gut verkauft wie Dr. Tungsten kurbelt durch , die dritte in der Serie. Der eben gehörte Ausschnitt stammt aus dem fünften Band, Dr. Tungsten und der Diamantbohrer – das ist der Name des Gegenspielers, der in diesem Buch Vilyas Herr ist. Da läuft sie !«
    Gaspard wandte den Kopf noch eben schnell genug, um ein rosa Gebilde aus der Damentoilette huschen und fast augenblicklich im Querkorridor verschwinden zu sehen.
    »Lauf zum Vordereingang«, befahl Zane hastig. »Du mußt Miß Rosa aufhalten, wenn sie das Gebäude verlassen will. Vielleicht ist sie hypnotisiert. Wenn du sie ausschalten mußt, schlag ihr auf den Kopf. Ich sehe mich am Hinterausgang um – in diese Richtung ist sie verschwunden. Surr-ho!«
    Er glitt durch den Korridor davon, steuerte wild um die erste Ecke und war schon verschwunden.
    Gaspard zuckte die Achseln und trottete die Rolltreppe hinab. Der rattengesichtige Bürojunge und der zweieinhalb Meter große Roboter waren verschwun den, wie Zane schon berichtet hatte. Gaspard postierte sich dort, wo die beiden gestanden hatten, zündete sich eine Zigarette an und zermarterte sich den Kopf nach den brillanten und hochliterarischen Wortschmalz-Stellen,

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