Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
getheilt. Hier befinden wir uns…
    – In der westlichen Hälfte, glaub’ ich? fällt Frascolin ein, der sich nach dem Stande der Sonne orientiert.
    – In der westlichen?… Nun ja, wenn Sie wollen…
    – Wie?… Wenn ich will? erwidert die zweite Geige, sehr erstaunt über eine solche Antwort. Verändern sich denn die Himmelsrichtungen der Stadt nach dem Wunsche jedes Beliebigen?
    – Ja und nein… antwortet Calistus Munbar. Doch davon später. Ich komme also auf diese Stadthälfte zurück… auf die westliche, wenn es Ihnen so beliebt, ausschließlich bewohnt von Protestanten, die auch hier immer praktische Leute geblieben sind, während die raffinierteren, mehr der Phantasie nachgebenden Katholiken die andre Hälfte einnehmen. Ich sagte Ihnen schon, daß das Gebäude vor uns der protestantische Tempel ist.
    – So sieht er auch aus. Bei seinem schwerfälligen Baustyle kann das Gebet darin keine Erhebung empor zum Himmel, sondern muß eine Herniederbeugung zur Erde sein…
    – Gut gebrüllt, Löwe! ruft Pinchinat. Doch in einer so modern ausgestatteten Stadt, Herr Munbar, kann man wohl auch die Predigt oder die Messe durch das Telephon anhören?
    – Ganz richtig.
    – Und kann auch telephonisch beichten?…
    – So wie man sich mittelst Telautographen verheiraten kann, und Sie werden zugeben, daß das eine sehr praktische Einrichtung ist.
    – Das will ich meinen, Herr Munbar, bestätigt Pinchinat, praktisch aus dem ff!«
Viertes Capitel.
Das verblüffte Concert-Quartett.
    Um elf Uhr und nach einem so langen Spaziergange ist es gestattet, Hunger zu haben. Unsre Künstler machen von dieser Erlaubniß auch überreichlich Gebrauch. Ihre Magen knurren im Ensemble und sie selbst harmonieren alle darin, um jeden Preis frühstücken zu müssen.
    Das ist auch die Ansicht Calistus Munbar’s, der ebenso wie seine Gäste der täglichen Nahrungszufuhr bedarf. Da fragten sich die Künstler, ob sie bis nach dem Excelsior-Hôtel zurückkehren sollten.
    Ja, denn in der Stadt scheint es nicht viele Restaurants zu geben und offenbar zieht es jedermann vor, sich auf sein Home zu beschränken. Der Verkehr von Touristen aus beiden Welten ist allem Anscheine nach auch sehr gering.
    Binnen wenigen Minuten befördert ein Tramwagen die Hungernden nach ihrem Hôtel, wo sie an einer vollbedeckten Tafel Platz nehmen. Hier zeigt sich ein erstaunlicher Gegensatz zu den gewöhnlichen amerikanischen Mahlzeiten, bei denen die Vielheit der Gerichte über deren mangelnde Güte hinwegtäuschen muß. Das Rind-und Hammelfleisch ist vorzüglich; das Geflügel zart und duftend; der Fisch von verlockender Frische. Dazu giebt es, statt des Eiswassers in den Restaurants der Union, verschiedne treffliche Biere und Weine, die unter den Sonnenstrahlen der Rebenhügel von Médoc und Burgund gereift waren.
    Pinchinat und Frascolin thun diesem Frühstück alle Ehre an, mindestens ebensoviel wie Sebastian Zorn und Yvernes. Es versteht sich, daß Calistus Munbar nicht unterließ, es ihnen anzubieten, und es wäre doch unhöflich von ihnen gewesen, das nicht anzunehmen.
    Der Yankee, dessen Mühle es nie an Wasser fehlt, entwickelt übrigens einen bestrickenden Humor. Er spricht von allem, was die Stadt betrifft, nur nicht von dem, was seine Gäste gern erfahren hätten, d. h. welche die unabhängige Stadt ist, deren Namen er zu nennen zögert. Etwas Geduld, er wird ihn schon verrathen, wenn die Besichtigung des Ganzen zu Ende ist. Sollte er gar darauf ausgehen, das Quartett etwas berauscht zu machen, damit es den Abgang des Zuges nach San-Diego versäumte? Nein, doch nach der tüchtigen Mahlzeit trinken alle wacker drauf los, und ebenso sollte das Dessert noch mit einer Tasse Thee begossen werden, da erzittern die Fensterscheiben des Hôtels von einer gewaltigen Detonation.
    »Was war das? fragte Yvernes emporschnellend.
    – Beunruhigen Sie sich nicht, meine Herren, antwortet Calistus Munbar, das war die Kanone des Observatoriums.
    – Wenn sie nur die Mittagsstunde bezeichnen soll, erwidert Frascolin nach seiner Uhr sehend, so behaupte ich, daß der Schuß zu spät fiel…
    – Nein, Herr Bratschist, nein! Die Sonne geht hier ebensowenig wie anderswo vor oder nach!«
    Dabei umspielt ein eigenthümliches Lächeln die Lippen des Amerikaners, seine Augen funkeln unter dem Binocle und er reibt sich recht sonderbar die Hände. Man möchte glauben, er beglückwünschte sich, einen guten Schelmenstreich ausgeführt zu haben. Frascolin, der sich von der

Weitere Kostenlose Bücher