Die Propeller-Insel
der Abreise davon erfährt, kann es sich ja wohl damit begnügen. Auffällig an der Sache ist nur eines: Wie kommt es, daß eine so bedeutende Stadt an der Küste Californiens liegt, ohne der Föderation der Vereinigten Staaten anzugehören, und ferner, wie sollte man es erklären, daß der Führer der Coach nicht darauf gekommen war, ihrer Erwähnung zu thun? Das wichtigste bleibt es immerhin, daß die vier Künstler vor Ablauf von vierundzwanzig Stunden in San Diego eintreffen, wo ihnen dieses Räthsel schon gelöst werden wird, im Falle, daß Calistus Munbar sich nicht dazu herbeiließe.
Diese wunderliche Persönlichkeit hat sich aufs neue ihrer wortreichen Beschreibungslust hingegeben, nicht ohne durchblicken zu lassen, daß sie sich auf weitere Erklärungen nicht einzulassen wünscht.
»Meine Herren, sagt der Amerikaner, hier stehen wir nun am Eingange zur Siebenunddreißigsten Avenue. Betrachten Sie die bezaubernde Perspective! Auch hier giebt es keine Magazine oder Bazare, so wenig wie den Straßentrubel, der sonst die Handelsthätigkeit kennzeichnet. Nur große Privatwohnungen; die Insassen derselben sind aber nicht so vermögend, wie die der Neunzehnten Avenue, es sind mehr kleine Rentiers mit zehn bis zwölf Millionen…
– Arme Schlucker, nicht wahr? spöttelt Pinchinat, dessen Lippen sich zu einem mitleidigen Lächeln verziehen.
Man sah wohl die Magazine, aber keine Käufer. (S. 38.)
– Oho, Herr Bratschist, erwidert Calistus Munbar, einem andern gegenüber kann man immer ein halber Bettler sein. Ein Millionär ist ja schon reich gegen den, der nur hunderttausend Francs besitzt; er ist es aber nicht gegen den, der hundert Millionen sein eigen nennt!«
Wiederholt konnten unsre Künstler bemerken, daß von allen Wörtern, die ihr Cicerone gebrauchte, das Wort »Million« – ein Wort von wahrhaft zauberischer Wirkung – am häufigsten wiederkehrte. Beim Aussprechen desselben blies er die Backen so stark auf, daß es einen richtig metallischen Klang bekam. Es schien fast, als prägte er beim Sprechen schon Goldstücke aus. Sind es auch keine Diamanten, die seinen Lippen, wie dem Munde des Pathenkindes der Feen Perlen und Smaragde, entquellen, so sind es mindestens vollwerthige Goldstücke.
Noch immer spazieren Sebastian Zorn, Pinchinat, Frascolin und Yvernes durch die merkwürdige Stadt, deren geographische Bezeichnung ihnen noch unbekannt ist. Hier belebte Straßen mit einer Menge Menschen in höchst anständiger Kleidung, ohne daß das Auge jemals durch die Lumpen eines Verarmten verletzt wird. Ueberall Tramwagen, Karren und andre Gefährte, die alle mittelst Elektricität bewegt werden. Einzelne große Verkehrsadern sind mit beweglichen Trottoirs versehen, die mittelst einer endlosen Kette im Kreise laufen und worauf die Leute so lustwandeln, als ob sie in einem fahrenden Bahnzuge hin und her gingen, an dessen Eigenbewegung sie natürlich theilnehmen.
Außerdem verkehren besondre elektrische Wagen, die auf der Straße so sanft wie die Bälle auf der Billardtafel dahinrollen. Equipagen im eigentlichen Sinne des Wortes, also Wagen für ausschließliche Personenbeförderung, die von Pferden gezogen werden, trifft man nur in den allerreichsten Stadttheilen.
»Ah, da ist auch eine Kirche!« ruft Frascolin.
Er zeigt dabei nach einem sehr massigen Bauwerke ohne hervortretendem architektonischen Styl, eine Art »Savoyischer Pastete«, die man in die Mitte eines Platzes mit üppigen Rasenflächen gesetzt hat.
»Das ist der protestantische Tempel, erklärt Calistus Munbar, während er vor dem Gebäude Halt macht.
– Giebt es in Ihrer Stadt auch katholische Kirchen? fragt Yvernes.
– O ja. Uebrigens muß ich Ihnen bemerken, daß wir in unsrer Stadt, obwohl es auf der Erde gegen tausend verschiedne Religionen giebt, nur dem Katholicismus oder dem Protestantismus huldigen. Es ist hier nicht so wie in den Vereinigten Staaten, die durch die Religion – wenn nicht schon durch die leidige Politik – veruneinigt werden und wo es ebensoviele Secten wie Familien giebt, wie z. B. Methodisten, Anglikaner, Presbyterianer, Anabaptisten, Wesleyaner u. s. w. – Hier leben nur Protestanten vom calvinistischen Bekenntniß oder römische Katholiken.
– Und welcher Sprache bedient man sich meist?
– Englisch und französisch werden gleich geläufig gesprochen.
– Unsern Glückwunsch dazu! sagt Pinchinat.
– Die Stadt ist deshalb, fährt Calistus Munbar fort, in zwei annähernd gleiche Hälften
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