Die Propeller-Insel
glauben, daß die Zukunft nicht durch innere Streitigkeiten bedroht sein werde, so ist das Juwel des Stillen Oceans in seiner Existenz doch nicht minder gefährdet und wird einer von langer Hand vorbereiteten Katastrophe schwerlich entgehen können. Je weiter es nach Westen vordringt, desto mehr nähert es sich den Gegenden, wo seiner sichre Zerstörung wartet, und der Urheber dieses verbrecherischen Anschlags ist kein andrer als der Kapitän Sarol.
Es war nämlich kein zufälliger Umstand, der die Malayen früher nach den Sandwichinseln hinführte. Die Ketsch ankerte in Honolulu nur, um die Ankunft Standard-Islands zur Zeit seines jährlichen Besuchs hier abzuwarten. Die Absicht des Kapitäns Sarol war von Anfang an dahin gegangen, der Propeller-Insel, ohne Verdacht zu erwecken, nachzufolgen, sich und seinen Leuten hier, wo sie als Passagiere keinen Zutritt hatten, als Schiffbrüchigen Aufnahme zu verschaffen und dann jene, mit der Bitte, sie nach ihrer Heimat zu befördern, nach den Neuen Hebriden hin zu verführen.
Der Officier war in Bereitschaft, die Flagge zu hissen. (S. 215.)
Wie der erste Theil dieses Planes zur Ausführung kam, ist unsern Lesern bekannt. Die Collision der Ketsch war nur erfunden gewesen; vielmehr hatten die Malayen selbst ihr Fahrzeug zerstört, doch so, daß es sich bis zum Eintreffen der durch den Nothschuß herbeigerufnen Hilfe schwimmend erhalten konnte und bald versinken mußte, wenn seine Mannschaft von dem Boote aus dem Steuerbordhafen aufgenommen worden war. Wegen der Collision konnte dann kein Verdacht mehr entstehen und niemand Seeleuten, deren Schiff untergegangen war, ihre Eigenschaft als Schiffbrüchige bestreiten und ihnen vorübergehende Unterkunft verweigern.
Vielleicht würde der Gouverneur sie freilich nicht behalten wollen, da der Aufenthalt von Fremden auf Standard-Island grundsätzlich verboten war. Dann wurden sie vielleicht am nächsten Archipel ans Land gesetzt. Dieser Gefahr mußten sie sich aussetzen, der Kapitän Sarol schreckte auch davor nicht zurück. Nach der günstigen Entscheidung der Direction der Compagnie beschloß man aber, die Schiffbrüchigen der Ketsch hier zu behalten und sie nach den Neuen Hebriden überzuführen.
Das war der Verlauf der Dinge. Schon seit vier Monaten erfreuen sich der Kapitän Sarol und seine zehn Malayen auf der Propeller-Insel der unbeschränktesten Freiheit, haben jene nach allen Seiten durchstreifen, sowie alle ihre Geheimnisse ergründen können und haben das auch keineswegs zu thun versäumt. – Noch drei Monate, und Standard-Island sollte bei den Neuen Hebriden eintreffen und dort sollte eine Katastrophe herbeigeführt werden, die unter den Seeunfällen nicht ihresgleichen hatte.
Die Pirogue mit dem englischen Residenten. (S. 219.)
Der Archipel der Neuen Hebriden ist für die Seefahrer gefährlich nicht allein wegen der darin verstreuten Klippen und seiner oft sehr starken Strömungen, sondern auch wegen der Wildheit eines Theiles seiner Bewohner. Seit Quiros ihn 1606 entdeckte und auch nachdem Bougainville 1768 und Cook 1773 ihn durchforschten, ist er der Schauplatz grausamster Metzeleien gewesen, und vielleicht ist es sein schlechter Ruf, der die Ahnungen Sebastian Zorn’s bezüglich des Ausgangs der Seereise Standard-Islands rechtfertigen sollte. Kanaken, Papuas und Malayen leben hier mit Australnegern vermengt, die alle treulos, hinterlistig und jeder Civilisation abhold sind. Einzelne Inseln dieser Gruppe sind wahrhafte Verbrecherhöhlen und ihre Bewohner ernähren sich nur durch Seeraub.
Der Malaye Kapitän Sarol gehörte zu jenem Typus von gewissenlosen Raub-und Mordgesellen, die, wie der Marinearzt Hagon gelegentlich seiner Reise nach den Neuen Hebriden sagt, diese Gegenden geradezu »verpesten«. Kühn, unternehmend, gewohnt, in den gefährlichen Wasserstraßen zu segeln, in seiner Thätigkeit erfahren und mehrmals der bewährte Leiter blutiger Expeditionen, giebt Sarol jetzt nicht ein schüchternes Debut, denn seine Schandthaten haben ihn in diesem Theile des westlichen Stillen Oceans schon längst berühmt oder berüchtigt gemacht.
Vor vielen Monaten schon haben nun der Kapitän Sarol und seine Spießgesellen im Vereine mit den blutgierigen Einwohnern der Insel Erromango, einer der Hebriden, einen Anschlag ausgeklügelt, der ihnen im Fall des Gelingens erlauben würde, überall als »ehrbare Leute« zu leben. Sie haben Kenntniß von der Propeller-Insel, die seit vorigem Jahre durch die
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