Die Propeller-Insel
bleibt also auch unten.
Wie man in der Stadt und in den Häfen auf das hochnäsige England, das perfide Albion, das moderne Karthago zu sprechen ist, läßt sich leicht denken. Jedenfalls beschließt man, niemals einen britischen Salut zu erwidern, wenn ein solcher – was kaum zu erwarten – der Propeller-Insel zu Theil werden sollte.
»Welcher Unterschied gegen unser Geschwader bei dessen Ankunft vor Tahiti! ruft Yvernes.
– Das kommt daher, bemerkt Frascolin, daß die Franzosen immer höflich sind…
–
Sostenuta con expressione!«
fügt Seine Hoheit hinzu, der mit graziöser Hand den Tact schlägt.
Am Morgen des 29. November erblicken die Wachen die ersten Höhen der Cooks-Inseln, die unter 20° südlicher Breite und 160° westlicher Länge liegen. Erst mit dem Namen Mangia-und Herveys-, später als Cooks-Inseln bezeichnet nach dem berühmten Seefahrer, der 1770 hier landete, bestehen sie aus den Inseln Mangia, Rarotonga, Watim, Mittio, Hervey, Palmerston, Hagemeister und andern mehr. Ihre Bevölkerung mahorischer Abstammung ist von zwanzigtausend auf zwölftausend Seelen herabgegangen und besteht aus polynesischen Malayen, die von europäischen Missionären zum Christenthum bekehrt wurden. Die um ihre Unabhängigkeit besorgten Eingebornen haben bisher jeder Unterwerfung Widerstand geleistet. Noch immer glauben sie, die Herren im eignen Hause zu sein, obwohl sie allmählich der Schutzherrschaft des englischen Australiens – und was diese bedeuten will, ist ja bekannt – mehr und mehr verfallen.
Die erste Insel der Gruppe, auf die man trifft, ist Mangia, die wichtigste und bevölkertste von allen, das eigentliche Haupt des Archipels. Für hier ist ein vierzehntägiger Aufenthalt geplant.
Wird Pinchinat in diesem Archipel mit echten Wilden Bekanntschaft machen – mit Wilden, wie Robinson Crusoë, die er auf den Marquisen, den Gesellschafts-Inseln und auf Nuka-Hiva vergeblich gesucht hatte? Wird die Neugierde des Parisers befriedigt werden und er absolut authentische Cannibalen, die sich als solche erprobt haben, zu Gesicht bekommen?
Höflichst verneigt sich Walter Tankerdon. (S. 214.)
»Mein alter Zorn, beginnt er eines Tages zu seinem Kameraden, wenn es hier keine Menschenfresser giebt, dann giebt’s überhaupt keine mehr!
– Ich könnte Dir antworten: Was geht das denn mich an? antwortet der Stacheligel des Quartetts. Ich will Dich aber lieber fragen: Warum überhaupt keine mehr?
– Weil eine Insel, die sich Mangia (Anspielung auf
menger,
essen. D. Uebers.) nennt, nur von Cannibalen bewohnt sein kann!«
Pinchinat hat kaum Zeit, einem Klaps auszuweichen, den er für sein abscheuliches Wortspiel verdient.
Ob es auf Mangia Menschenfresser giebt oder nicht, Seine Hoheit (der Bratschist) wird mit ihnen nicht in Berührung kommen können.
Als Standard-Island nämlich noch eine Meile von Mangia lag, erscheint eine aus dessen Hafen ausgelaufene Pirogue am Pier des Steuerbordhafens. Sie bringt den englischen Residenten, einen einfachen protestantischen Geistlichen, der besser als die eingebornen Häuptlinge eine drückende Tyrannei ausübt. Auf dieser, dreißig Meilen im Umfang messenden Insel mit viertausend Einwohnern, die sorgfältig angebaut ist und reiche Taropflanzungen, Arrowroot-und Ignamenfelder hat, besitzt jener Reverend die besten Grundstücke. Ihm gehört die schönste Wohnung in Ouchora, der Hauptstadt der Insel, die an einem mit Brodbäumen, Cocospalmen, Mangobäumen, Bouraos und Pfefferbäumen bedeckten Hügel liegt, ohne von des Mannes Blumengarten zu reden, worin Coleas, Gardenien und Päonien in üppigster Blüthe stehen. Er ist mächtig durch die Mutoïs, jene eingebornen Polizisten, vor denen sich Ihre mangiesischen Majestäten beugen. Diese Polizei untersagt es, auf die Bäume zu klettern, an Sonn-und Festtagen zu fischen oder zu jagen, nach neun Uhr abends auszugehen und irgendwelche Bedarfsgegenstände anders als zu sehr willkürlich festgesetzter Taxe zu kaufen, alles bei einer in Piastern – der Piaster gilt fünf Francs – zu erlegenden Strafe, von der der Löwenantheil in die Tasche des gewissensweiten Geistlichen fließt.
Bei der Landung des kleinen dicken Mannes geht ihm der Hafenkapitän entgegen, und es werden einige Begrüßungen ausgetauscht.
»Im Namen des Königs und der Königin von Mangia, sagt der Engländer, bringe ich die Empfehlung Ihrer Majestäten Seiner Excellenz dem Gouverneur von Standard-Island.
– Ich bin beauftragt, sie dankend
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