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Die Propeller-Insel

Die Propeller-Insel

Titel: Die Propeller-Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Mitte nur strebt ein fünfzehnhundert Meter hoher Vulcan empor, dessen kahler Gipfel aus dichtem Gehölz hervorragt. Unter dem Baumdunkel sieht man ein weißes Gebäude mit gothischen Fenstern, die protestantische Kirche. Die großen Bäume mit mächtigen Aesten und unregelmäßig geformtem Stamm erscheinen verworfen, voller buckliger Auswüchse und verdreht, wie alte Apfelbäume der Normandie oder alte Oliven der Provence.
    Vielleicht hat der Reverend, der die rarotongischen Gewissen regiert, und zwar im Verein mit der Deutschen oceanischen Gesellschaft, in deren Hand sich der ganze Handel der Insel befindet… vielleicht hat er nicht nach dem Beispiele seines Amtsbruders in Mangia eine Fremdentaxe eingeführt, und vielleicht könnten die Milliardeser ohne den Beutel zu ziehen ihre Ehrerbietung den beiden Königinnen erweisen, die sich hier um die Souveränität streiten und von denen die eine im Dorfe Arognani, die andre im Dorfe Avarua wohnt. Cyrus Bikerstaff hält es aber doch nicht für gerathen, bei dieser Insel ans Land zu gehen, und ihm stimmt der Rath der Notabeln, die überall wie Könige empfangen zu werden gewöhnt sind, widerspruchslos bei. Die von den ungeschickten Engländern beherrschten Eingebornen gehen daher leer aus, während sonst die Piaster in den Taschen der Nabobs von Standard-Island nicht festgenagelt sind.
    Gegen Abend erkennt man nur noch den obersten Theil des Vulcans, der einer Riesensäule gleich zum Himmel aufsteigt. Myriaden von Seevögeln haben sich ohne Erlaubniß auf Standard-Island niedergelassen oder flattern darüber hin; mit Anbruch der Nacht aber ziehen alle wieder davon und nach den Eilanden, die im Norden des Archipels von dem Wogenschlage des Großen Oceans gepeitscht werden.
    Jetzt wird unter dem Vorsitze des Gouverneurs eine Versammlung abgehalten zur Berathung einer Veränderung der Reiseroute. Standard-Island befindet sich in Gegenden mit vorherrschend englischem Einfluß. Steuerte man, wie vorher festgesetzt war, längs des zwanzigsten Breitengrades nach Westen weiter, so gelangte man nach den Tonga-und den Fidschi-Inseln. Was man an den Cooks-Inseln erlebte, war ja nicht gerade ermuthigend. Da erschien es rathsamer, die Loyalitäts-Inseln und Neucaledonien anzulaufen, wo das Juwel des Stillen Oceans gewiß mit echt französischer Höflichkeit aufgenommen wurde. Nach dem Wintersolstitium wollte man dann direct nach den Aequatorialgegenden zurückkehren. Damit entfernte man sich freilich von den Neuen Hebriden, wohin die Schiffbrüchigen der Ketsch und ihr Kapitän übergeführt werden sollten.
    Während dieser Verhandlung über eine neue Reiseroute zeigten sich die Malayen auffallend unruhig, denn wenn jene Veränderung beliebt wurde, erschien ihre Heimkehr nicht wenig erschwert. Der Kapitän Sarol konnte seine Enttäuschung, richtiger seinen Zorn darüber nicht verhehlen, und wer ihn jetzt hätte zu seinen Leuten reden hören, dem würde eine verdächtige Gereiztheit des Mannes nicht entgangen sein.
    »Da wollen sie uns nun, wiederholte er häufiger, an den Loyalitäts-Inseln oder in Neucaledonien aussetzen!… Und unsre Genossen, die uns auf Erromango erwarten und aus unserm wohldurchdachten Plane, der nur für die Neuen Hebriden gilt, was wird daraus?… Soll uns dieser Glücksfall aus den Händen gehen?«
    Zum Glück für die Malayen, zum Unglück für Standard-Island wurde die vorgeschlagne Aenderung des Weges nicht gutgeheißen. Die Notabeln von Milliard-City lieben es nicht, an ihren Gewohnheiten gerüttelt zu sehen. Die Reiseroute wird nach dem im voraus dafür entworfnen Programm eingehalten werden, nur entscheidet man sich, statt an den Cooks-Inseln vierzehn Tage liegen zu bleiben, mehr nordwestlich nach dem Samoa-Archipel zu gehen und von da die Gruppe der Tonga-Inseln aufzusuchen.
    Beim Bekanntwerden dieses Beschlusses können die Malayen ihre Befriedigung darüber nicht verhehlen.
    Am Ende konnte es nichts Natürlicheres geben, als ihre Freude, daß der Rath der Notabeln auf seine Absicht, sie nach den Neuen Hebriden heimzuführen, nicht verzichtet hatte.
Zweites Capitel.
Von Insel zu Insel.
    Wenn sich der Horizont von Standard-Island auf der einen Seite etwas aufheiterte, seit die Beziehungen der Backbord-und der Steuerbordbewohner weniger gespannte wurden, wenn diese Besserung den für einander gehegten Gefühlen Walter Tankerdon’s und Miß Dy Coverley’s zu verdanken war, und wenn endlich der Gouverneur und der Oberintendant Ursache hatten zu

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