Die Prophetin
Kämpfen und Auseinandersetzungen bekommen. Vielleicht werden wir dann eine Kirche sehen, die sich sehr von der unterscheidet, wie wir sie heute kennen.‹ ›Danke, Dr. Pearson. Der nächste Anrufer ist zugeschaltet. Wie heißt Ihre Frage?‹
›Zuerst einmal, Sie erzählen eine Menge Lügen, Herr Professor. Ich weiß, Dr. Alexander ist der Antichrist, der auf die Erde gekommen ist, um die guten Christen vom Weg der Erlösung abzubringen, denn das Jüngste Gericht steht uns bevor. Und wenn Sie…‹
Catherine murmelte: »Der Antichrist! Er behauptet, ich sei der Antichrist…«
›Danke. Das nächste Gespräch, bitte.‹
›Jesus wird kommen, das wissen wir, und er wird seine tausendjährige Herrschaft auf Erden gründen. Meine Frage ist, wenn in diesen Schriftrollen, mit denen diese Frau auf der Flucht ist, der Tag und die Stunde genannt werden, warum unternehmen die zuständigen Stellen nichts, um ihr die Schriftrollen abzunehmen, damit wir uns auf den Tag und die Stunde der Wiederkehr des Messias vorbereiten können?‹
›Ich bin sicher, die Behörden tun alles, was in ihren Kräften steht, um Dr. Alexander zu finden. So, hier ist jemand aus San Francisco.‹
›Ich habe Dr. Alexander etwas zu sagen. Sie werden für Ihre Frevel büßen! Sie sind eine…‹
›Leute!‹ rief der Moderator. ›Das klingt ja, als würde die Öffentlichkeit klar und deutlich ihre Meinung kundtun! Liebe Zuhörer, ich weiß, die meisten von Ihnen hören nur das Besetztzeichen, wenn sie bei uns anrufen. Unsere Damen in der Zentrale haben alle Hände voll zu tun. Aber lassen Sie sich nicht entmutigen, wir beantworten so viele Anrufe wie möglich. Ja, wer ist jetzt am Apparat?‹
›Sagen Sie dem Weib…‹
Garibaldi griff nach der Fernbedienung und schaltete ab. Besorgt sah er Catherine an. »Alles in Ordnung?«
fragte er leise. Catherine stützte den Kopf in beide Hände. »Warum beschimpfen sie mich? Warum sind alle gegen mich?«
»Vermutlich deshalb, weil Sie schweigen. Man deutet Ihr Schweigen als ein Eingeständnis von Schuld.
Verstehen Sie, mir gefällt das alles überhaupt nicht. Das Jahrtausendfieber scheint den Menschen den Verstand zu rauben. Es könnte für Sie gefährlich werden, wenn man Sie erkennen sollte. Fanatiker werden möglicherweise versuchen, Sie in ihre Gewalt zu bekommen. Wie es aussieht, könnte Ihnen nicht einmal die Polizei Schutz bieten, selbst wenn Sie sich stellen würden. Offenbar sind bereits zu viele Menschen davon überzeugt, daß sowohl Sie als auch die Schriftrollen das ›Böse‹ sind.«
»Dann muß ich allen die Wahrheit sagen! Sie müssen meine Beweggründe kennenlernen!«
»Gut, aber wie? Sie können nicht telefonieren. Man würde Sie sofort aufspüren.«
»Dann werde ich es über Internet versuchen. Ich werde die Nachricht dort an einem Schwarzen Brett depo-nieren und darum bitten, sie weiterzuleiten.«
Er überlegte und nickte dann. »Das könnte gehen. Sie müssen Ihre Nachricht an eine Stelle schicken, wo viele sie lesen. Dann besteht die größte Wahrscheinlichkeit, daß einer die Nachricht weiterleitet.«
Catherine setzte sich vor den Computer und dachte nach. »Ich kann sie nicht WELL oder ECHO schicken«, sagte sie. »Dort muß man angemeldet sein. UniCom wäre das beste, denn beinahe jeder hat das, aber auch dort muß man sich anmelden. Das gilt auch für Dianuba Network.«
»Sie können die Nachricht keiner Anwendergruppe zuleiten, denn sonst läßt sich wie beim Telefonieren der Absender ausfindig machen. Das ist schade, denn durch den Einwahlknoten würden Sie mehr Menschen erreichen.«
»Wie wäre es mit IRC? Im Internet Relay Chat gibt es viele sehr populäre Kanäle.«
»Havers hat vermutlich vorausgesehen, daß Sie daran denken würden, und jemanden beauftragt, dort nach Ihnen Ausschau zu halten. Sobald Sie Ihre Nachricht senden, ermittelt der Spion die Adresse der Zugangs-lizenz und weiß, daß Sie hier im Hotel sind.«
»Er kann nicht alle Kanäle überwachen«, erwiderte Catherine. »Es gibt viele tausend IRC-Kanäle!«
»Richtig, aber in den meisten sind nur drei oder vier Anwender gleichzeitig Online. Wenn Sie sich in diese Gespräche einwählen, besteht kaum die Chance, daß man Ihnen glaubt. Noch weniger wird man die Nachricht weiterleiten.«
Es muß einen Weg geben, dachte Catherine und starrte trübsinnig auf Dannos Computertasche. Sie griff danach, öffnete sie und holte die vergilbte Ausgabe von Hawksbill Station heraus. »Das war sein
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