Die Prophetin
werden.
»Der Tag war nicht völlig umsonst«, meinte Garibaldi aufmunternd. »Wir haben immerhin den mysteriösen
›Hekatetrank‹ gefunden, den Philos seinen Patienten verordnet hat!« Das Wunderheilmittel aus Weidenrin-de war zweitausend Jahre später als ›Aspirin‹ bekannt.
Mit einem Blick auf die Uhr sagte Catherine: »Wir müssen uns wohl doch die Nachrichten ansehen, um auf dem laufenden zu bleiben«, und griff zur Fernbedienung.
Die Nachrichtensprecherin sagte gerade: ›… ein Sprecher des FBI erklärte heute, daß man damit rechnet, Dr. Catherine Alexander in Kürze festnehmen zu können.‹
Garibaldi griff sich an den Kopf. »Du meine Güte, geschieht denn auf der Welt überhaupt nichts mehr, daß sie nur noch über diesen Fall berichten…?«
›Die ägyptische Regierung hat die Polizei in Santa Barbara offiziell aufgefordert, ihr die sichergestellten Photos der Schriftrollen zu übergeben. Aber ein Polizeisprecher erklärte, die Photos seien Beweismaterial in einem Mordfall und könnten nicht Dritten überlassen werden. Der ägyptische Außenminister will gegen diese Entscheidung bei seinem Amtskollegen im Weißen Haus Protest einlegen.‹
»Der reinste Zirkus!« sagte Garibaldi. »Der Fall beginnt zu einer Lawine zu werden, die niemand mehr aufhalten kann.«
»Ich verstehe das nicht. Warum machen sie aus mir so eine große Sache? Es gibt doch wichtigere Dinge, über die sie berichten könnten!«
»Es liegt am neuen Jahrtausend«, erwiderte Garibaldi. »Man glaubt, Sie hätten Informationen über die Zukunft. Wenn Sie die Schriftrollen in zwei oder drei Monaten gefunden hätten, würde sich kein Mensch darum kümmern.«
Es folgte ein aufgezeichnetes Interview mit einem Theologen. ›Ich halte das Vorgehen dieser Frau für äu-
ßerst fragwürdig. Wieso glaubt Catherine Alexander, daß sie sich über alle Gesetze hinwegsetzen kann?‹
Ein Professor aus Harvard gab folgende Erklärung ab: ›Ich wende mich persönlich an Sie, Dr. Alexander.
Bitte übergeben Sie die Schriftrollen einer wissenschaftlichen Institution oder einer kirchlichen Organisation. Beenden Sie die törichte Flucht. Sie können nicht gewinnen.‹
Im Studio wurde ein weiterer Experte befragt. ›Dr. Cochran, können Sie uns die Gründe dafür nennen, daß im ganzen Land das Bewußtsein für spirituelle Fragen wächst?‹ ›Die Zeit der Materialisten geht zu Ende, Steve. Deshalb sind wir gezwungen, unsere Sterblichkeit ernstzunehmen. Wir müssen uns fragen: Was kommt nach dem Tod?‹
›Warum verzeichnen die traditionellen Kirchen dann nicht einen Zuwachs an Gläubigen?‹
›Nun ja, Steve, ich war früher Katholik, aber heute bin ich wie viele meiner Freunde ein Anhänger von New Age. Ich denke, ich spreche für alle von uns, wenn ich sage, daß wir uns vom Glauben unserer Eltern losgesagt haben, weil die Kirchen den Bedürfnissen unserer Zeit nicht mehr gerecht werden. Kurz gesagt, viele meinen, der Katholizismus zum Beispiel sei einfach zu alt.‹ Garibaldi schüttelte den Kopf und murmelte: »›Eine Religion, die unter dem Staub der Jahrhunderte begraben liegt.‹« Als Catherine ihn überrascht ansah, fügte er lächelnd hinzu: »Das ist nicht von mir. Ich habe es irgendwo einmal gelesen. Aber es ist wirklich komisch, eine Religion abzulehnen, nur weil sie alt ist!«
»Dieser Mann«, sagte Catherine und wechselte mit der Fernbedienung den Kanal, »hat den Rosenkranz und die Heiligen gegen Kristalle und Engel ausgetauscht.« Da keines der Fernsehprogramme ihr zusagte, schaltete sie auf Radioempfang. Im Klassik-Sender endete gerade eine Konzertübertragung, dann hörten sie den Sprecher: ›Wir haben heute Dr. Raymond Pearson bei uns im Studio. Er ist der Gründer der historisch ori-entierten Jesus-Gesellschaft. Was können Sie uns über das Papyrus-Fragment sagen, Dr. Pearson?‹
Garibaldi ging zu seinem Schreibtisch zurück und trank einen Schluck Wasser.
›Nun ja‹, erwiderte Dr. Pearson. ›Erstens, die paläographische Untersuchung datiert den Text in das erste oder zweite Jahrhundert unserer Zeitrechnung. Wir wissen auch, daß der Text von einer Frau stammt und daß diese Frau sich sehr wahrscheinlich an die frühen Christen wendet… das Wort ‹Diakonos› läßt darauf schließen. Natürlich kommt in dem Text auch das Wort ‹Jesus› vor. Wenn diese Schriftrollen von Frühchristen geschrieben wurden, dann können sie uns vielleicht Aufschluß über die Anfänge des Christentums geben.‹
>Dr.
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