Die Prophetin
kämpfen Sie, wenn Sie allem Anschein nach keine Chancen haben zu gewinnen. Irgendwo dort draußen gibt es Männer, die Sie töten wollen, aber Sie geben nicht auf.« Er lachte leise. »Wir sind uns sehr ähnlich, Sie und ich. Wir ringen mit Dämonen, aber jeder kämpft in einer anderen Arena.« Er ließ die Arme sinken und lächelte. Es klang beinahe anerkennend, als er hinzufügte: »Beim Pangamot wären Sie eine ernstzunehmende Gegnerin.«
»Es ist leicht zu kämpfen«, sagte sie. »Das Schwere ist…«
»Ist was?«
»Ich habe meinen Vater geliebt. Ja, ich habe ihn angebetet.« Aber genau aus diesem Grund hatte sich ihr Konflikt bis ins Unerträgliche gesteigert.
»Du bist ein schmutziges kleines Ungeheuer«, hatte Schwester Immaculata gesagt und Catherine vom Hocker gezerrt. »Ich habe deinen Vater rufen lassen. Vielleicht kann er dir etwas Achtung vor deiner Lehrerin einbleuen, die eine Nonne und keine Sünderin ist, wie du es bist.«
»Der Bruch meiner Mutter mit der Kirche hat dazu geführt, daß er die Friedensmissionen in alle Welt un-ternahm. Jedem war klar, daß sich mein Vater getrieben fühlte, ihre angebliche Sünde gutzumachen. Als er erschossen wurde, habe ich zu meiner Mutter schreckliche Dinge gesagt. Ich habe sie für seinen Tod verantwortlich gemacht. Nichts davon war wirklich so gemeint. So wahr mir Gott helfe, das ist die Wahrheit.
Ein paar Monate später starb meine Mutter, und ich konnte ihr nicht mehr sagen, daß ich meine Worte be-reute.«
Catherine liefen die Tränen über die Wangen. Ärgerlich wischte sie sich das Gesicht und murmelte verlegen: »Ach verdammt!«
Garibaldi nahm sie wortlos in die Arme. Er hielt sie fest, während sie mit den Tränen kämpfte und um die Beherrschung rang, und flüsterte leise ein Gebet.
Als er schwieg, verharrte sie noch einen Augenblick in seinen schützenden Armen, bevor sie sich von ihm löste und ein paar Schritte zurücktrat. Sie hatte plötzlich das Bedürfnis, den kalten Wind zu spüren.
»Wir gehen besser nach unten«, sagte sie mit belegter Stimme und drehte sich um, weil sie sich ihrer Ge-fühle schämte. »Morgen wartet eine Menge Arbeit auf uns«, fügte sie betont energisch hinzu.
»Ach, übrigens«, sagte er. »Wegen morgen…« Sie drehte sich um. »Was ist mit morgen?«
»Ich fürchte, wir werden ausziehen müssen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Als ich vom Fitneß-Zentrum zurückkam, dachte ich, sie schliefen, und beschloß, bis morgen früh zu warten, um es Ihnen zu sagen.« Er machte eine Pause. »Ich war nach dem Training im Dampfbad, und als ich herauskam, stand die Tür meines Schranks im Umkleideraum offen. Meine Brieftasche ist weg.«
»Weg! Sie meinen gestohlen?«
»Ich habe es der Hotelleitung gemeldet, aber man macht mir keine großen Hoffnungen, daß ich sie wieder-bekomme. Abgesehen von den zwanzig Dollar, die Sie noch haben, sind wir völlig pleite. Es tut mir leid.«
»Na gut«, sagte sie, »dann müssen wir uns etwas einfallen lassen, wie wir wieder zu Geld kommen.«
Santa Fe, New Mexico
»Sie sollten herunterkommen, Mr. Havers«, sagte Teddy. »Da ist wirklich etwas Verrücktes…«
Miles legte den Hörer auf und wollte aufstehen, als sich Erika neben ihm im Bett bewegte. »Liebling…?«
»Ich muß nur rasch etwas erledigen. Schlaf weiter.« Er griff nach seinem Hausmantel aus kastanienbrauner Rohseide und zog ihn an. Er vergewisserte sich, daß Erika wieder schlief. Ihre aschblonden Haare auf den Kissen machten sie noch zerbrechlicher und zarter. für dich….
Das hatte er am Tag zuvor entschieden. Die Schriftrollen waren für Erika bestimmt.
Als er die unterirdische Computer-Zentrale betrat, wo Teddy Yamaguchi allein vor den elektronischen Geräten im Wert von mehreren Millionen saß, warf Miles schnell einen Blick auf den Bildschirm, der ihn im Moment am meisten interessierte. Er wollte sehen, ob aus Kairo weitere Übersetzungen angekommen seien. Der Korb für die E-Mail war leer. Es war auch keine neue Datei ausgedruckt. Von den drei Techni-kern bei Dianuba, die er mit der Suche nach allem beauftragt hatte, was auch nur entfernt mit den Sabina-Schriftrollen in Zusammenhang stand, hatte er keine guten Nachrichten erhalten.
»Was gibt es?« fragte er. »Hat Voss wieder Post bekommen?« Es war Teddy mühelos gelungen, den Com-putercode des Freers Instituts zu knacken und die für Julius Voss bestimmte Post zu lesen. Das Institut hatte zum Schutz der E-Mail zwar ein Verschlüsselungsprogramm
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