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Die Prophetin

Die Prophetin

Titel: Die Prophetin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wood
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wechselt so schnell den Kanal, daß ich nicht mithalten kann. Das ganze Internet scheint verseucht!
    Die Leute wissen nicht einmal, wer Catherine Alexander ist, aber sie stellen sich auf ihre Seite. Mann, Mr.
    Havers, im Augenblick gehört ihr das Internet!« Hatte Teddy seine Gedanken erraten? Miles lächelte kaum merklich. Der junge Mann mochte recht haben, doch Havers ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Teddy hatte nicht den Überblick wie Miles, denn er war nur einer der vielen Millionen, die mit und durch Cyberspace lebten. Miles kannte die Psychologie des Internet. Catherine Alexander war nicht nur im IRC; diese Foren waren nur die Spitze eines sehr viel größeren Eisbergs. News-Gruppen sprachen im Augenblick über sie, bei jeder Unterhaltung im Web tauchte ihr Name auf, E-Mail flog auf dem ganzen Globus hin und her, von Island nach Neuseeland, von Johannesburg nach Deutschland, und jeder redete über diese Frau, die keiner kannte. Miles zweifelte nicht daran, daß sogar ihr Photo in Form von Millionen Bytes um die Welt ging-Sie hatte die Frechheit besessen, der Cyberspace-Öffentlichkeit zu erklären: »Ich werde die Schriftrollen der ganzen Menschheit zum Geschenk machen.« Deshalb hatten seine zahllosen Untertanen, die Süchtigen der neuen Dimension, die nichts anderes vom Leben zu erwarten hatten, als Server, Transmitter, Message-
    Übermittler zu sein, sich eine Sache zu eigen gemacht, von der sie nichts verstanden. Vielleicht ahnten sie in dieser Nacht, daß ihnen die Freiheit genommen war, die jemand wie Catherine Alexander noch für sich und ihr Leben beanspruchte. »Lauf, Cathy, lauf!« Das war der Schlachtruf der Verdammten, obwohl sie
    ›Cathy‹ nicht einmal kannten.
    Havers ging an der Reihe von Bildschirmen entlang zu einem, auf dem eine Home Page mit dem Titel PAPYRUS-SAMMLUNG LONGPORD zu sehen war. »Hat sich jemand hier gemeldet?« fragte er lauernd. »Nein, niemand.«
    Sie hatten diese Datenbank vor drei Tagen installiert, nachdem es ihnen nicht gelungen war, Catherine Alexander im LinkNet von Orange County ausfindig zu machen. Havers hatte sich ausgerechnet, daß sie Lycos und InfoSeek bald ausgeschöpft haben und ihre Suche auf weniger bekannte Datenbanken ausdeh-nen würde. Er richtete das Angebot einer nicht existierenden Papyrus-Sammlung ein und setzte sie auf
    ›Fred’s Seite‹, ein Clearinghaus für alle möglichen Bereiche, das im Augenblick bei Online-Amerika sehr beliebt war.
    Die kluge Archäologin hatte den Köder jedoch nicht geschluckt. Während er Teddy beobachtete, der durch die IRC wie ein Weltmeister auf einer haushohen Flutwelle surfte, wurde Miles klar, was er tun mußte. Er hatte gehofft, nicht soweit gehen zu müssen, aber nun blieb ihm keine andere Wahl, wenn er der Sieger sein wollte. Und ich werde siegen, brüllte der Tiger in ihm.

    Wir kamen nach Alexandria, dem größten Zentrum der Wissenschaft und Gelehrsamkeit. Philos wußte, hier würde er die Antworten finden, die er suchte.
    Alexandria ist eine Stadt der Erfinder und ihrer Maschinen. Philos und ich bewunderten mechanische Vögel; wir saßen in einem Theater, das sich drehte; wir hörten dampf getriebene Nebelhörner, und wir sahen ein Gerät, aus dem Süßigkeiten herauskamen, wenn man eine Münze in einen Schlitz steckte. Alexandriaist auch das bedeutendste Zentrum der Welt für anatomische Forschungen. Die Arzte kommen aus den fernsten Gegenden des Reiches, um die Körper von Tieren und Menschen zu studieren, denn anders als in Indien sind Autopsien hier erlaubt. Aber mehr als alles andere ist Alexandria eine Stadt der geistigen Freiheit und Aufgeklärtheit.
    Ich kam in diese Stadt auf der Suche nach Herzen und Seelen, die für die Worte des Gerechten offen waren. Ich traf andere Anhänger des Weges, die bereits früher hierhergekommen waren. Ich nahm an ihren wöchentlichen Zusammenkünften teil, und wir hörten Lesungen der Briefe seiner Jünger und der Worte des Gerechten. Ich las den Brüdern und Schwestern aus dem Brief der Maria vor, und wir feierten gemeinsam das Liebesmahl. Aber ich stellte fest, daß die Gemeinschaft hier Glaubensvorstellungen vertrat, von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Sie sprachen von Gott, wie der Gerechte es getan hat. Doch sie sprachen vom Schöpfer, als sei er getrennt von Gott. Sie verehrten auch die Unsterblichen, von denen, wie sie glaubten, der Gerechte als Sohn Gottes abstamme. Sie nannten sich Gnostiker, was ›Wissende‹ bedeutet. Trotzdem waren sie

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