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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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Blick etwas Abschätziges oder hatte er sich getäuscht?
    »Gehen wir zurück«, sagte er. »Ich habe der Comtesse versprochen, ihr beim Klavierspielen zuzuhören.«
    Der Rest des Tages verging für Ruben quälend langsam, ohne dass er zu einer Entscheidung kommen konnte. Er hatte Angst, jeder könnte ihm seine Gedanken ansehen, und es war wie eine Folter, mit der Comtesse d’Ardevon plaudern zu müssen. Sie bestand darauf, dass er ihr den Vormittag über Gesellschaft leistete und mit ihr zu Mittag aß. Es schien ihm, als hätte sie es geradezu darauf angelegt, ihn mit Belanglosigkeiten und albernen Scherzen zu quälen. Ahnte sie, was in ihm vorging?
    Am frühen Abend holte Villeraux ihn ab, um ihn zu Cal zu bringen. Ruben fühlte sich unwohl, als er die große Halle betrat. Der Erzengel kam ihm entgegen, sein Gesicht in rotes Licht getaucht von dem Feuer, das im Kamin tobte wie ein eingesperrtes Raubtier. Die Flammen prasselten so laut, dass Ruben nicht hören konnte, was sein Vater sagte, bis sie sich mehrere Schritte vom Feuer entfernt hatten. Ruben sah sich zu Villeraux um, der neben der Tür stehen geblieben war. Er schien versteinert, nur das rote Haar loderte auf seinem Schädel.
    »Ich freue mich, dass du Zeit für mich gefunden hast«, sagte Cal, ganz so, als könnte sein Sohn etwas anderes vorhaben. Ruben schien jedes seiner freundlichen Worte mit einer doppelten, bedrohlichen Bedeutung versehen. Warnte Cal ihn davor, etwas Unbedachtes zu tun? Unruhig sah Ruben aus dem Fenster, wo der Tag der Dämmerung gewichen war. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit.
    Cal führte ihn zum Esstisch, auf dem an diesem Abend nur zwei Gedecke standen.
    Ruben setzte sich, sein Vater ließ sich mit einem behaglichen Seufzer auf den Stuhl gegenüber fallen. Ein mehrarmiger Leuchter in der Mitte erhellte die Tafel, die Hitze der Kerzen legte sich auf Rubens Gesicht. Er wagte kaum, den Erzengel anzusehen, spürte aber dessen Blick auf sich ruhen. Ahnte er etwas von Songes Besuch? Konnte er vielleicht doch Gedanken lesen? Ruben war, als brannte der Stuhl unter ihm, so sehr wünschte er sich, aufzustehen und wegzulaufen.
    »Nun, mein Sohn, was hältst du vom Rat der Seraphim?« Cals Plauderton war unerträglich.
    Ruben zwang sich, den Blick zu heben. »Danke, dass Ihr mich aufgenommen habt. Sicher sind Euch alle treu ergeben.«
    »Dafür sorge ich. Wer sich gegen mich stellte, befindet sich in den Verliesen.«
    Ruben konnte sich nicht zurückhalten: »Konntet Ihr sie nicht von Eurer Meinung überzeugen?«
    »Damit halte ich mich nicht auf. Wer mich enttäuscht, hat kein Recht darauf, an meiner Seite zu sein. Und es schadet nicht, gelegentlich ein Exempel zu statuieren.«
    »Die anderen Seraphim sollen Angst vor Euch haben?«
    »Je mehr, desto besser«, antwortete Cal. »Und sie haben allen Grund dazu. Aber jetzt wollen wir essen.« Er schnalzte mit den Fingern, und kurze Zeit später huschte eine Gestalt durch den halbdunklen Saal. Ruben zuckte zusammen, als sie an den Tisch trat und ein Tablett darauf abstellte. Es war die Dienerin mit dem zerzausten blonden Haar. Wenn Leda die Wahrheit gesagt hatte, was dies seine Mutter.
    Ihm war, als wäre sein Blut plötzlich erhitzt. Schamesröte schoss ihm ins Gesicht. Er wagte nicht, von seinem Teller aufzusehen, sondern verfolgte nur ihre Hände mit den geröteten Knöcheln, die ihm Fleisch und Gemüse vorlegten. Ruben sog die Luft ein. Sie roch nach Küchenausdünstungen und altem Schweiß, aber darunter fand er einen anderen Geruch, den Duft ihrer Haut, und er hätte beinahe aufgeschrien. Jetzt sah er auf.
    Cal beobachtete die Frau mit einem amüsierten Grinsen, aus seinen Augen leuchtete eine Bosheit, die er bisher zu verbergen gewusst hatte. Als auch sein Teller gefüllt war, hob er die Hand und wischte ihn vom Tisch. Er zersprang auf dem Boden, die Splitter flogen in alle Richtungen, Soße bespritzte Rheas Kleid. Stumm ging sie in die Hocke und begann, alles aufzusammeln, obwohl die Scherben ihre Finger zerschnitten.
    Ruben drehte sich der Magen um und in seinem Hals stieg Saures auf. Zum ersten Mal blickte er seine Mutter direkt an. Hinter dem wirren Haar lag ein bleiches, schmales Gesicht, unbewegt, die Augen stumpf. Sie hatte blaue Augen, hell wie Wasser. Wie Julies. Und auf einmal wurde Ruben ganz ruhig, seine Aufregung wich eisigem Hass.
    Rhea stellte einen neuen Teller auf Cals Platz und füllte ihn, dann verschwand sie lautlos. Cal begann mit gutem Appetit zu essen. Ruben ließ sich

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