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Die Prophezeiung der Seraphim

Die Prophezeiung der Seraphim

Titel: Die Prophezeiung der Seraphim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mascha Vassena
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Messerwerfer böse an.
    Der grinste. »Ich auch nicht.«
    Julie zweifelte, dass man dem Spanier vertrauen konnte. Mit seiner Aureole war etwas nicht in Ordnung, sie war beinahe farblos und es sah aus, als umflössen ihn Wasserwirbel.
    »Ihr wisst wohl nicht, wie man sich einer Dame gegenüber be nimmt?« Fédéric trat auf den älteren Mann zu und ballte die Fäuste.
    García hob abwehrend die Hände und lachte: »Mit Verlaub, wie eine Dame sieht sie nicht aus, eher wie ein Küken, das in eine Schlammpfütze gefallen ist.«
    Obwohl Julie wusste, dass er recht hatte, reckte sie das Kinn. »Kommt, fragen wir jemand anderen.« Sie wandte sich zum Gehen.
    Garcías Stimme hielt sie zurück. »Nicht so schnell. Ich habe Arbeit für dich, Küken.«
    »Welche Art von Arbeit?«, fragte sie.
    García ging zu dem blauen Wagen und zog die Messer heraus. »Meine Gehilfin ist mir vor Kurzem weggelaufen«, rief er über die Schulter. »Wenn man dich wäscht und dir saubere Kleider anzieht, wirst du ganz manierlich aussehen.«
    »Und was hat Eure Gehilfin zu tun?«, fragte Nicolas misstrauisch.
    »Sich von mir mit Messern bewerfen lassen.«
    »Auf keinen Fall.« Nicolas nahm Julies Hand und wollte sie wegziehen.
    »Meine Messer gehen nie fehl.« García steckte die Messer in seinen Gürtel und kam näher.
    Julie entzog Nicolas ihre Hand und sah ihm in die Augen, die von Lachfältchen umkränzt waren. Er sah ruhig zurück und zuckte leicht die Schulter, als wollte er sagen, die Entscheidung läge ganz bei ihr.
    »Freie Kost und Unterkunft«, sagte Julie. »Und Ihr findet auch für meine Freunde Arbeit bei Eurer Truppe.«
    Der Spanier überlegte einen Augenblick, dann nickte er. »Abgemacht. Aber wählerisch dürfen die Herren nicht sein.« Er streckte die Hand aus, und Julie schlug ein.
    Erst jetzt wurde García auf Songe aufmerksam, die etwas entfernt nach einem Schmetterling haschte. »Gehört das Tier zu euch?«, fragte er misstrauisch.
    Als Julie nickte, stöhnte der Messerwerfer auf.
    »Sie hält sich besser von mir fern. Katzen bringen mich zum Niesen. Dann leidet meine Zielgenauigkeit.«
    »Sagtest du nicht eben, deine Messer gingen nie fehl?«, fragte Nicolas.
    García grinste breit. »Außer, wenn ich niesen muss. Los, kommt.«
    Sie folgten dem Spanier zwischen den Zelten und Wagen hindurch. Er erzählte ihnen, dass sie ein loser Verbund von Fahrenden seien, die seit einigen Monaten gemeinsam reisten, um sich besser gegen Räuber wehren zu können. Der Gruppe gehörten allerlei Akrobaten und Gaukler an, eine kleine Theatertruppe, ein Quacksalber und mehrere Hausierer. Sie zogen von Markt zu Markt und waren nun auf dem Weg nach Rennes, wobei sie überall Station machen würden, wo sich Gelegenheit bot, Geld zu verdienen.
    García machte an beinahe jedem Zelt oder Wagen Halt und fragte nach Arbeit für seine neuen Schützlinge. Die meisten Fahrenden grunzten ablehnend. Mehr als einmal hörten sie, man könne keine weiteren Mäuler durchfüttern in diesen Zeiten. Doch dann wurde Ruben angeheuert. Adam Nowak, der Vater der hübschen Seiltänzerin, ein kränkliches Männchen mit eingefallener Brust, brauchte einen Gehilfen, um die Gestelle für das Seil auf- und abzubauen.
    »Ich bin zu schwach, die Schwindsucht zehrt an mir«, ächzte er und spuckte einen Blutfaden in ein schmutziges Taschentuch. »Aber mehr als freie Kost und einen Strohsack kann ich nicht bieten.«
    »Einverstanden«, sagte Julie schnell und achtete nicht auf den wütenden Blick, den Ruben ihr zuwarf.
    Zu viert zogen sie weiter. Der Messerwerfer bot Fédéric und Nicolas feil wie Honigkekse, aber kaum jemand sah auch nur von seiner Beschäftigung auf, um sie zu mustern. Nicolas’ Miene wurde immer starrer und er reckte hochmütig das Kinn. Julie spürte, dass die Ablehnung an seinem Selbstbewusstsein kratzte, hakte ihn unter, und als sie ihm noch dazu einen Kuss auf die Wange drückte, wechselte seine Aureole von fahlem Rot zu ihrem üblichen Violett. Er blickte ihr lächelnd in die Augen und Julie merkte erst, dass sie stehen geblieben waren, als der Messerwerfer nach ihnen pfiff.
    »Herumturteln könnt ihr später!«
    Julie wurde rot und ließ Nicolas los. Sie beeilten sich, aufzuschließen, wobei Fédéric einen düsteren Blick in Nicolas’ Richtung schickte. Wenige Dutzend Schritte weiter erreichten sie den Rand des Lagers, wo ein paar Pferde angepflockt auf der Wiese grasten. In ihrer Nähe stand ein Zelt, das sich sowohl durch seinen Zustand als auch

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