Die Prophezeiung des Adlers
Römern, deren Wachsamkeit sich auszahlte, da die Triremen jede Lücke schlossen, die die Piraten auszunützen hofften.
Im Laufe des Tages heiterte der Himmel auf zu einem klaren, wolkenlosen Blau, und die Brise flaute allmählich ab. Während die beiden Flotten langsam übers Meer krochen, schafften die Piraten zweimal einen Durchbruch. Das erste Mal gelang es zweien ihrer wendigen Schiffe, die schwerfälligen Triremen zu umfahren und eine stark beschädigte Bireme, die sich eine Viertelmeile hinter den anderen herschleppte, von beiden Seiten anzugreifen. Das Schiff wurde geentert, die Besatzung niedergemetzelt, rasch nach Beute gesucht und das Holz dann in Brand gesteckt. Gleich darauf brachten die Piratenschiffe sich vor der Trireme in Sicherheit, die umgekehrt war, um die bedrängten Kameraden zu retten. Schlimmer noch, als sie dem Nachzügler helfen wollte, ließ die Trireme eine Lücke für eine Handvoll weiterer Piratenschiffe, die durch die Verteidigungslinie schlüpften und eine römische Bireme rammten, bevor sie ebenfalls zum Rückzug gezwungen wurden. Aber der Schaden war schon geschehen, und die Römer konnten nicht mehr tun, als die Besatzung aufzunehmen, so viel der Ladung an Bord zu holen, wie die Sicherheit gestattete, und den Rest mit dem Schiff untergehen zu lassen.
In der sanften Dünung sahen Cato und Macro mit dem Rest der Besatzung vom Deck der Sparta diesem langwierigen Drama zu. Trotz der schrecklichen Verluste, die sie durch die Piraten erlitten hatten, bewunderte Cato doch die Raffinesse von Telemachos’ Falle. Sein Spionagesystem musste hervorragend sein und hatte den Piraten gestattet, Vitellius und seine Flotte in ihrem verwundbarsten Moment anzugreifen. Cato war sich beinahe sicher, dass da Verrat im Spiel war. Was sonst konnte ein so selbstsicheres Vorgehen erklären, während die Piraten ja an und für sich sowohl bezüglich der Zahl ihrer Schiffe als auch deren Größe unterlegen waren? Lange bevor sie sich der römischen Flotte genähert hatten, wussten sie schon, dass sie ihr an Wendigkeit voraus waren. Und selbst jetzt noch hielten sie nach Gelegenheiten Ausschau, zum Angriff überzugehen, da sie sich anscheinend nicht damit zufriedengeben wollten, die Nacht abzuwarten, wenn die Triremen die Gegner, die zwischen den römischen Schiffen hindurchschlüpften, in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnten.
Catos Bewunderung für Telemachos legte sich rasch, als er über die Konsequenzen der desaströsen Begegnung nachdachte. Sie mussten Hunderte von Männern verloren haben, und dazu einen beträchtlichen Teil der Vorräte und der Ausrüstung, die Präfekt Vitellius brauchte, um den Kampf nach der Landung an der Küste Illyricums zu führen. Möglicherweise waren die Verluste bereits so schwer, dass die Operation abgebrochen werden musste.
Doch Cato verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Er kannte Vitellius gut genug, um sich darüber klar zu sein, dass der Präfekt einen solchen Schaden für seinen Ruf nicht hinnehmen würde. Hochrangige Offiziere waren wegen kleinerer Schlappen ins Exil geschickt oder sogar hingerichtet worden. Vitellius blieb keine Wahl. Er musste mit seinem Feldzug weitermachen, selbst wenn seine Chancen jetzt eindeutig schlecht standen. Der Präfekt würde seine Männer zum Sieg führen – oder in Niederlage und Tod. Ein anderer Ausgang war nicht mehr denkbar. Während Cato schweigend beobachtete, wie in der Ferne das Feuer die Bireme verzehrte, war er von einem betäubenden Gefühl schlimmer Vorahnungen erfüllt.
Seine düstere Stimmung verstärkte sich im Laufe des Nachmittags noch, und als der Ausguck schließlich »Land in Sicht« rief, war Cato klar, dass eine sichere Landung nur den Beginn einer noch gefährlicheren Phase von Vitellius’ Feldzug bedeuten würde.
KAPITEL 21
V itellius schien sein Gegenüber mit dem Zeigefingerdurchbohren zu wollen. »Was hatte diese kleine Schaueinlage zu bedeuten, Centurio Cato?«
»Herr?« Cato stand vor dem Schreibtisch des Präfekten im Hauptquartierszelt. Um ihn herum saßen die anderen hochrangigen Offiziere auf Hockern und beobachteten die Auseinandersetzung argwöhnisch.
»Spiel hier nicht den Dummen, Junge. Vorhin in der Schlacht, als du die Hälfte meiner Triremen aus der Formation gelöst hast.«
»Herr, wir mussten etwas unternehmen, um unsere leichteren Schiffe zu retten. Der Feind hat ihnen vernichtend zugesetzt.«
»Mag sein, aber du hast uns die Chance verdorben, Telemachos einzukreisen und die
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